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Was ich dich traeumen lasse

Was ich dich traeumen lasse

Titel: Was ich dich traeumen lasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franziska Moll
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muss das aussehen. Es sieht perfekt aus.
    Â»Kann ich dir irgendwie helfen?«, fragt sie und wischt die Tränen mit dem Handrücken weg.
    Ich greife nach dieser Hand. Meine Lebenslinie wird feucht. Jetzt habe auch ich eine Träne.
    Â»Das hast du schon«, sage ich und: »Danke.«
    Sie versteht nicht.
    Muss sie auch nicht.
    Bei Tageslicht sieht es schäbig aus. Ein morsches Gebilde, eine Schachtel mit einer Höhle, in die Beine passen. Ein zusammengerolltes Tier mitten in raschelnden Blättern. Ein Sarg aus Brettern und Kellerasseln. Es ist unser Haus. Ich werde es beziehen. So lange bleiben, bis in meinem Notizheft ein Gedicht steht. Eines, das mich weinen lässt.
    Â»Hast du Kaffee mitgebracht?«
    Er streckt den Kopf heraus, als ich gerade die letzten Stufen nehme. Er sieht verschlafen aus. Er grinst.
    Â»Was machst du denn hier?«
    Â»Ich mach hier Urlaub, siehste doch.«
    Ich krieche hinein. Es riecht nach Marihuana. Auf dem Boden liegt eine quietschorangefarbene Luftmatratze. Ein Feuerzeug. Blättchen. Eine Tattoozeitschrift. Ein Beutel Toastbrot. Ein Glas Nutella. Babyfeuchttücher.
    Er folgt meinem Blick. »Hier gibt es ja keine Dusche. Also, Katzenwäsche.«
    Â»Spinnst du?«
    Â»Wieso? Stink ich?«
    Â»Spinnst du, dich hier einfach einzunisten?«
    Â»Ist echt gemütlich.«
    Â»Es ist nicht deins.«
    Â»Ich hab es mit gebaut, schon vergessen?«
    Â»Es ist unser Haus. Ricos und meins. Unsere Sachen kommen hier rein. Nicht deine. Du hast hier nichts zu suchen. Du bist nicht erwünscht. Du bist …
    â€¦ niemand.«
    Im Wald ist die Stille nicht still. Hier ist überall Leben. Vögel zwitschern. Ein Specht klopft. Es raschelt und knackt. Er zieht den Stöpsel aus der Luftmatratze. Das ist noch ein Geräusch. Luft entweicht zischend. Er rollt die Luftmatratze zusammen, sammelt sein Zeug ein. Er drängt an mir vorbei. Seine Hüfte schiebt mich zur Seite. Seine Schulter streift meine Schulter. Er nimmt die Stufen, steht schon unten. Er schaut zur mir hoch. Ich schaue weg. Er sagt: »Ich bin nicht das Problem, weißt du. Es hat nichts mit mir zu tun, dass er dir langsam entgleitet.«
    Dann geht er.
    Nur noch der Wald ist da. Das Baumhaus liegt im Schatten. Über den Bäumen türmen sich Wolken auf. Schwarze Wolken. Sie sammeln sich, um gemeinsam zu explodieren. Die Luft ist elektrisch. Es riecht schon nach dem Regen, der über mir schwebt. Über den Boden des Baumhauses krabbelt ein Käfer, so schnell und zielstrebig, als wollte er sich in Sicherheit bringen. Ein Zweig fliegt vor die Bretter, die mich umgeben. Der Wind hat angezogen. Ein Blitz zerreißt das Schwarz über mir. Ich ziehe den Kopf ein. Einundzwanzig, Zweiundzwanzig. Dreiundzwanzig. Der Donner folgt nach drei Sekunden. Gleich wird der Regen auf das Dach trommeln. Dicht sieht es nicht aus.
    Ich lausche. Das Prasseln hört sich an wie Fingerkuppen, die nervös auf einen Tisch trommeln. Dann wird es stärker. Bald sind die einzelnen Tropfen nicht mehr zu hören. Sie gehen unter in der Flut.
    Ich lausche.
    In meinem Kopf ist nur das Prasseln. Er spricht nicht mehr. Seine Worte sind aus meinem Kopf verschwunden. Er ist ganz leer.
    Ich hole das Notizbuch hervor, schlage es auf, reiße alles heraus, was ich schon geschrieben und verworfen habe. Fange noch einmal von vorne an.

Tag 14
    Â»Elena?«
    Sie hat ihre Nummer unterdrückt, damit ich drangehe. Sie ist es leid, auf die Mailbox zu sprechen.
    Â»Susanne, ich hab keine Zeit, ich muss …«
    Â»Nein! Nicht schon wieder! Jetzt bleib mal dran!«
    Â»Was denn?«
    Â»Ich krieg gar nichts mehr mit!«
    Â»Es ist alles beim Alten.«
    Â»Ich habe gehört, er hat eine Lungenentzündung.«
    Â»Wer hat das denn …?«
    Â»Hat er?«
    Â»Ja.«
    Â»Das ist nicht gut, oder?«
    Â»Das wird schon wieder.«
    Â»Elena!«
    Â»Was?«
    Â»Wir müssen reden.«
    Â»Wir reden doch.«
    Â»In Ruhe. Auch über diesen Typen.«
    Â»Oh Mann. Scheiße, Susanne, was denkst du denn?«
    Â»Lass uns einfach drüber reden, okay? Ich komm heute Abend vorbei.«
    Â»Nein! Komm nicht. Bei uns … meine Mutter hat Besuch.«
    Â»Dann komm du!«
    Â»Ein anderes Mal.«
    Â»Nein, heute. Wenn du bis acht nicht da bist, komme ich.«
    Sie drückt das Gespräch weg.
    Ich nehme den Weg an der Inneren vorbei. Dort hinten ist die

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