Was ich dir noch sagen will
Glas entgegen, um mit ihr anzustoßen.
Lisas Herz machte einen kleinen Satz. «Na, du machst es aber spannend!», sagte sie glücklich lachend und gab Erik einen Kuss, den er zärtlich erwiderte.
Nachdem sie beide ihre Suppe gegessen und über den Tag geplaudert hatten, lehnte Erik sich entspannt zurück, um Lisa mit Abstand eindringlich zu betrachten.
«Du hast so ein seltsames Leuchten in den Augen», sagte er schließlich und lächelte. «Ist irgendwas passiert?»
Lisa zögerte. Sie spürte ihr Herz jetzt noch deutlicher. Die Situation weckte in ihr sofort die Erinnerung an jenen Urlaubstag an der Ostsee, als Erik ähnlich unruhig im Strandkorb gesessen und mehrere Anläufe gebraucht hatte, um ihr einen Heiratsantrag zu machen.
Mit einem Kribbeln im Bauch fragte sie sich, ob jetzt tatsächlich der richtige Moment gekommen war. Sie könnte Erik geradeheraus fragen, was er davon hielte, wenn sie die Pille absetzen würde. Oder aber sie würde sich langsam vortasten.
Lisa atmete tief durch. Dann gab sie sich einen Ruck, schüttelte den Kopf und sagte zaghaft: «Passiert ist nichts. Noch nicht, jedenfalls.»
Erik lehnte sich nach vorn, nahm ihre Hand und sah ihr tief in die Augen.
Der perfekte Zeitpunkt, dachte Lisa. Doch ehe sie die richtigen Worte finden konnte, kam Erik ihr zuvor.
«Ich hab mir Gedanken gemacht, Motte. Über unsere Zukunft!»
Erneut machte Lisas Herz einen kleinen Hüpfer. Ob sie womöglich beide genau den gleichen Gedanken hatten?, schoss es ihr in den Kopf.
«Ach ja?», fragte sie etwas scheinheilig und konnte ihre Aufregung kaum verbergen.
«Ich finde, wir sollten etwas an unserem Leben ändern», fügte Erik nun grinsend an.
«Du meinst …?»
Lisa traute sich nicht, ihre Frage auszusprechen. Zu viele Gedanken schossen ihr gleichzeitig durch den Kopf, sodass Erik schließlich wieder das Wort ergriff und geradeheraus fragte: «Kannst du dir vorstellen, mit mir ins Ausland zu gehen?»
Er blickte Lisa gespannt an und wartete auf eine Reaktion. Doch Lisa war so überrumpelt, dass sie nicht wusste, was sie sagen sollte.
Erik rutschte mit seinem Stuhl noch ein Stückchen näher an sie heran. «Wir könnten nach Afrika gehen oder nach Südamerika und als Entwicklungshelfer arbeiten», ergänzte er, und seine Augen leuchteten vor Begeisterung.
Lisa traf der Vorschlag wie ein Tritt in die Magenkuhle. Sie entzog ihm ihre Hand und erhob sich. Dann holte sie tief Luft und versuchte, nicht laut zu werden, als sie sagte: «Und was ist mit …?»
Doch sie schaffte es nicht, den Satz zu vollenden. Tausend Fragen gingen ihr durch den Kopf.
Wieso will Erik so, wie wir jetzt leben, nicht mehr weitermachen? Ist er dermaßen unglücklich? Was will er bloß im Ausland? Wovor rennt er davon? Und was ist mit unserem Kind?
Erik bemerkte offenbar, dass Lisa seinen Enthusiasmus nicht teilen konnte. Er sprang sogar auf, um sie sanft in die Arme zu schließen, und sprach leise weiter.
«Das ist ja nur so eine Idee … Aber wäre das nicht toll? Wir beide, allein, irgendwo … weit weg von hier, wo wir viel mehr bewegen können als hier in Deutschland?»
Lisa murmelte etwas abfällig: «Wir beide allein …!?», und wandte sich ab.
Daraufhin streichelte Erik ihr sanft über den Rücken. «Was ist denn mit dir?», fragte er verunsichert.
«Ach nichts», schwindelte Lisa, weil sie unfähig war, ihre Enttäuschung in Worte zu fassen.
«Hab ich was Falsches gesagt?», bohrte Erik weiter.
Lisa schüttelte den Kopf und blickte zerknirscht auf den hellgrau gefliesten Küchenboden.
«Du konntest noch nie gut lügen», sagte er und drehte Lisa zaghaft wieder zu sich um. Er lächelte gequält. «Ich weiß, dein Laden … Aber wir müssten ja auch nicht sofort wegziehen», ergänzte Erik nun wieder euphorischer. «Wir können ja auch erst mal nur für ein paar Monate gehen.»
Lisa seufzte. «Ich weiß nicht …» Noch immer fühlte sich ihr Herz an, als würde ein Messer darin stecken. Und nach einer längeren Pause fragte sie mit einem leichten Zittern in der Stimme: «Wie kommst du denn auf so eine Idee? Gerade jetzt?»
«Wieso nicht jetzt? Noch sind wir jung und halbwegs flexibel. Ich habe keine Lust, ein Jahr nach dem anderen verstreichen zu lassen, ohne wirklich etwas bewirkt zu haben.»
Erik ließ von Lisa ab und widmete sich dem nächsten Gang, einer vorbereiteten Quiche. Er griff nach dem Trockentuch, holte damit die dampfende Form aus dem Backofen und stellte sie auf den Tisch.
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