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Was ich dir noch sagen will

Was ich dir noch sagen will

Titel: Was ich dir noch sagen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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probieren schon seit längerem wieder, und –» Lenny zuckte mit den Schultern und machte einen Gesichtsausdruck, als würde er auf eine angemessene, wohlwollende Reaktion warten. Vielleicht eine, die erkennen lassen würde, wie dankbar Lisa war, dass er ihr gut zureden und sie ins Vertrauen ziehen wollte.
    Doch Lisa fühlte sich wie in einer Seifenblase, ohne Kontakt zur Außenwelt und unfähig, das eben Gehörte in einer normalen Geschwindigkeit einzuordnen.
    «Ihr wollt …» Lisa stockte. «Ihr wollt noch ein Kind?», fragte sie in einem Ton, der ziemlich entsetzt klang, obwohl sie sich tief in ihrem Herzen ja über diese Nachricht eigentlich freute.
    Lenny nickte. Dann fragte er etwas irritiert: «Wieso haut dich das so um? Ich dachte, du wärst gern nochmal Tante.»
    «Stimmt ja auch», sagte Lisa traurig und schämte sich gleichzeitig zutiefst für eine nagende Eifersucht, die nun in ihr hochkam. Da war sie wieder, diese kleine, fiese Stimme in ihr, die flüsterte: Alle haben Kinder – nur du nicht!
    Eine kurze Zeit saßen Bruder und Schwester schweigend da. Lisa starrte ins Leere, während Lenny das restliche Brot vertilgte. Nachdem er anschließend auch noch einen großen Schluck Alsterwasser getrunken hatte, lehnte er sich zurück und blickte Lisa streng an.
    «Was?», fragte sie etwas gereizt.
    Doch anstatt zurückzupampen, wie es im Gespräch unter Geschwistern häufig üblich ist, weil jede Höflichkeit unnötig ist, lächelte er Lisa nur sanft an.
    «Eigentlich wollte ich das Thema nicht nochmal aufwärmen», sagte Lenny dann in einer für ihn erstaunlich tiefgründigen Art. «Aber ich bin echt verdammt froh, dass euch bei dem Flugzeugunglück nichts passiert ist.»
    Lisa lächelte tapfer und spürte, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten. Nur mit Mühe konnte sie sie zurückhalten. Doch als Lenny seine Hand auf ihre legte und sie liebevoll streichelte, kullerten doch zwei Tränchen auf die glänzende Tischplatte.
    Als sie sich wieder einigermaßen gefangen hatte, erklärte sie: «Erik und ich machen gerade eine Liste.»
    «Eine Liste?», fragte Lenny neugierig.
    Lisa nickte. «Genau. Mit unseren Lebensträumen.» Und noch während sie die Worte aussprach, dachte sie darüber nach, wie sich das für ihren Bruder wohl anhören mochte.
    Lenny guckte skeptisch.
    «Aber ihr habt doch alles, was ihr braucht», entgegnete er, halb verständnislos und halb amüsiert. «Zumindest fast alles.»
    «Eben: Wir haben nur fast alles!» Die Euphorie über die gemeinsame Idee mit der Liste ermunterte Lisa, ihrem Bruder auch das weitere Vorgehen zu erläutern. «An unserem Hochzeitstag wollen wir unsere Listen austauschen. Und dann werde ich Erik auch sagen, dass ich mir ein Baby wünsche.»
    Als Lenny schwieg, fügte Lisa noch hinzu: «Das sollte doch eigentlich jeder mal machen: sich hinsetzen und aufschreiben, was man wirklich will.»
    «Das klingt, als würdet ihr einen Einkaufszettel machen», spottete Lenny.
    «Blödsinn!», widersprach Lisa energisch. «Es geht um Erlebnisse und Erfahrungen, die man am Ende bereuen würde, wenn man sie niemals gehabt hätte.»
    «Akademiker!», lästerte Lenny. «Das passt zu euch! Statt die Dinge einfach zu machen, braucht ihr erst mal einen großen Plan.»
    Lisa wusste, worauf ihr Bruder anspielte. Vor genau einem Jahr hatten sie eine ähnliche Diskussion geführt, als sie mitten in ihren Hochzeitsvorbereitungen steckten. Lenny war der Meinung, alles würde «generalstabsmäßig» geplant und sie hätten darüber einfach den Spaß vergessen. Allein, wie Lisa und Erik das große Ereignis im Rahmen eines eigens dafür anberaumten Familienessens angekündigt hatten, gab Lenny Anlass zum Spott. Er machte sich im Laufe der Zeit immer wieder darüber lustig. Schließlich hatten Agnes und er damals keine große Sache aus ihrer Hochzeit gemacht und einfach Freunde und Verwandte kurzfristig zu einer Party im Garten ihrer Eltern eingeladen.
    Dennoch war Lisa erleichtert gewesen, dass sie es trotzdem nie bereut hatte, ausgerechnet Lenny zu bitten, ihr Trauzeuge zu sein. Diese Herzensentscheidung erwies sich als goldrichtig, schon allein wegen seiner Rede, die der Höhepunkt ihrer kleinen, aber feinen Feier in dem pikfeinen Lokal an der Elbe war. Lenny hielt einen sehr kurzweiligen und lustigen Vortrag und untermalte seine Worte mit peinlichen Fotos, die er mit einem Beamer an die Wand warf.
    Als Lisa zur Verwunderung ihres Bruders nun nichts mehr zu ihrer Verteidigung beitrug,

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