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Was ich dir noch sagen will

Was ich dir noch sagen will

Titel: Was ich dir noch sagen will Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sofie Cramer
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jetzt nicht …» Lisa unterbrach sich und fuhr dann etwas stockend fort: «Ich habe ihn bedrängt … mit meinen eigenen Wünschen … Mir war die ganze Zeit total egal, was
er
eigentlich will.»
    Renate seufzte erneut und fügte leise an: «Aber wieso tut er sich so schwer damit? Was habe ich bloß angerichtet all die Jahre?»
    «Du hast gar nichts angerichtet», sagte Lisa, ohne sich verbiegen zu müssen. «Ich bin mir sicher, dass du immer nur das Beste für ihn wolltest.» Etwas zaghaft legte sie ihre rechte Hand tröstend auf Renates Bein.
    Ihre Schwiegermutter zog ihren ledernen Handschuh aus und legte ihre Hand wiederum auf Lisas. Einen kurzen Moment lang sahen sie sich tief verbunden und tapfer lächelnd in die Augen, bis sich Lisa wieder auf den Verkehr konzentrieren musste und die Hand zurückzog, um in den nächsten Gang zu schalten.
    «Danke, mein Mädchen. Ich danke dir», sagte Renate gerührt, als Lisa den Wagen vor ihrer Tür parkte und ausstieg, um sie zum Abschied noch einmal herzlich zu drücken.
    Als Lisa kurz darauf zurück zur Hauptstraße fuhr, kam ihr plötzlich eine Idee. Sie wusste, dass es von hier aus nur ein Katzensprung zu Ikea war. Und so tat sie etwas sehr Seltenes – ohne das langwierige Abwägen des Für und Wider folgte sie spontan einem Impuls und bog in Richtung Möbelhaus.
    Sie würde nun doch einen neuen Schreibtisch für das Arbeitszimmer kaufen.

[zur Inhaltsübersicht]
26.
    Auch wenn Lisa das letzte Mal mit Erik bei Ikea gewesen war und die Erinnerung daran ihr nun schmerzhaft ins Bewusstsein kam, war das Schlendern durch die Einrichtungsräume unter all den Menschen eine willkommene Abwechslung.
    Vielleicht hatten Jutta und Lenny recht damit, dass es besser für sie wäre, wenn sie sich zwischendurch ablenken würde, statt jede freie Minute an Eriks Bett zu sitzen und zu grübeln oder gar mit ihrem Schicksal zu hadern.
    Wer weiß, sagte sich Lisa, als sie in die Abteilung mit den Büromöbeln kam, vielleicht wird Erik noch diese Woche wieder ansprechbar sein und schon ganz bald wieder nach Hause dürfen. Schon jetzt freute sie sich darauf, ihm dann mit dem neuen Arbeitszimmer eine Freude bereiten zu können.
    Sie suchte eine große, dunkelbraune Tischplatte und passende Beine dazu aus, die sich sehr gut neben dem großen Bücherregal machen würden, das völlig überladen war mit medizinischer Fachliteratur und Reiseführern. Außerdem erstand sie noch Kerzenständer, ein paar Bilderrahmen und eine neue Schreibtischlampe, die den Raum hoffentlich noch einladender machten.
    Den Einkauf konnte sie also insgesamt als Erfolg verbuchen. Es fühlte sich gut an, wieder so aktiv zu sein. Auch die Kinderabteilung erwies sich nicht als das große emotionale Loch, wie Lisa befürchtet hatte. Irgendwie schien es ihr, als könnte ihr das Thema Kinder heute nicht mehr so viel anhaben wie noch vor dem Unfall. Und spätestens, als sie eines dieser schrecklichen Elternpaare in der Schlange dabei beobachtete, wie sie in affektiertem Ton mit den beiden unsympathischen und hyperaktiven Kindern redete, fühlte Lisa sich wieder ein wenig versöhnter mit ihrem Schicksal.
    Auch die nächsten Stunden bis zum Abend verflogen ohne größere Anflüge von Trauer oder Schmerz. Wie im Rausch packte Lisa zu Hause sofort alle erstandenen Utensilien aus, schraubte den Tisch zusammen und stellte alles an seinen neuen Platz. Den alten Schreibtisch zerlegte sie in seine Einzelteile und rannte mehrfach die Treppe rauf und runter, um sie im Auto zu verstauen. Gleich morgen nach dem Krankenhausbesuch würde sie im Laden vorbeischauen, den Tisch dort aufstellen und vielleicht auch schon wieder ein wenig arbeiten, wenn sie sich stark genug fühlte.
    Zufrieden betrachtete Lisa ihr Werk. Nun musste sie nur noch im Keller nach passenden Drucken für die neuen Bilderrahmen suchen. Doch gerade als sie wieder hinuntergehen wollte, hielt sie inne.
    Vielleicht war es viel schöner, wenn sie Fotos von sich und Erik für die Wände aussuchen würde, dachte sie und hatte auf einmal das Gefühl, einer sehr wichtigen und dringenden Aufgabe nachzugehen, die nicht auch nur einen einzigen Tag länger warten konnte.
    Im Wohnzimmer kramte sie in einem Karton mit entsetzlich vielen unsortierten Fotos und fischte eine Aufnahme von ihrem ersten gemeinsamen Urlaub auf Sardinien heraus. Damals hatten sie gleich mehrere Abzüge gemacht und eines davon als Vergrößerung Eriks Mutter zu Weihnachten geschenkt. Bis heute hatten sie es

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