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Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Janes
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»Sei nicht sauer.
Ich wollte dir nur helfen, ein bisschen Schlaf zu bekommen.«
    »Ich bin müde  –  ich werde auch ohne Whisky schlafen.«
    Der erste Teil zumindest entsprach der Wahrheit. Ich war erschöpft: so ausgelaugt, dass ich kaum noch denken oder sprechen konnte. Die zweite Behauptung war blanker Optimismus. Um neun Uhr hielt ich das Herumsitzen nicht länger aus und fragte Danny, ob er mit ins Bett kommen wolle. Wir ließen Simon allein in der Küche zurück.
    Danny hatte, was die einschläfernde Wirkung von Whisky betraf, recht gehabt. Nach einigen gemurmelten Liebeserklärungen schlief er ein, während ich neben ihm lag, außerstande, ihm ins Reich der Träume zu folgen. In der Küche war mein Denken träge gewesen, aber jetzt begannen meine Gedanken zu rasen. Immer wieder kehrte ich zu den Momenten im Wald zurück. Die Bilder und Geräusche waren wirr, schemenhaft. Es schien mir, als gäbe es da etwas Wichtiges, das mir unbedingt wieder einfallen musste, doch als ich versuchte, dieser Erinnerung nachzuspüren, verwandelten sich die Bäume in wild gezackte Blitze, und ich musste umkehren. Danny schien meine Unruhe zu teilen. Einige Male murmelte er irgendetwas Unverständliches, und sein Körper zuckte. Schließlich durchfuhr ihn ein Ruck, und er wachte auf. Einen Moment lang lag er völlig reglos da, streckte dann tastend die Hand aus, bis sie meinen Oberschenkel berührte.
    Ich benutzte seinen wachen Moment, um zu fragen: »Erinnerst du dich, als wir im Wald waren  –  und Trudie schrie?«
    »Natürlich erinnere ich mich.« Sein Ton war vorsichtig. Oder vielleicht auch nur verschlafen.

    »Wo warst du da eigentlich gerade?«, fragte ich. »Irgendwo in der Nähe von Simon? Ein paar Minuten vorher bist du jedenfalls direkt neben uns gewesen.«
    Er schwieg. Ich hörte seinen regelmäßigen Atem in der Dunkelheit. »Ich konnte niemanden sehen«, sagte er schließlich. »Ich wollte sie erschrecken. Wollte mich von hinten an sie anschleichen. Dann habe ich irgendwie die Orientierung verloren und bin zu weit gelaufen. Nach ihrem Schrei bin ich ein, zwei Minuten herumgeirrt, weil ich den Weg nicht finden konnte.«
    »Hast du  –  hast du irgendjemanden gehört, irgendwelche Schritte auf dem Weg?«
    »Süße, da waren alle möglichen Geräusche  –  ganz zu schweigen von unseren eigenen Schritten und Rufen. Bitte lass uns das doch nicht ständig aufs Neue durchkauen. Versuch, es zu vergessen. Es ist vorbei.«
    Das war typisch Danny, dachte ich: immer bereit, eine neue Seite aufzuschlagen  –  und tatsächlich war er kurz darauf auch wieder eingeschlafen. Ich bemühte mich, mir seine Herangehensweise zu eigen zu machen. Es war ein fürchterlicher Unfall gewesen, und all die quälenden Zweifel würden Trudie auch nicht wieder zurückbringen. Ich versuchte einzuschlafen, doch ob ich meine Augen nun offen oder geschlossen hielt  –  immer sah ich Trudie vor mir. Nicht die tote Trudie  –  dieses Bild durfte ich nicht zulassen –, nein, ich sah die ach so lebendige Trudie; wie sie auf dem Hergest Ridge für die Regengötter tanzte; wie sie im Garten lachte und sang. Ich sah, wie ihr goldfarbener Körper neben dem meinen lag, genau an der Stelle, wo Danny jetzt schlief. Schöne, wunderschöne Trudie. Wie konnte es möglich sein, dass sie nicht mehr lebte?

    Ich hätte damals um sie weinen sollen, aber es kamen keine Tränen, nur ein wachsendes Gefühl von Hoffnungslosigkeit  –  und damit ein rasender Durst, den ich zu ignorieren versuchte. Doch während ich mich von einer Seite auf die andere wälzte, wurde mein Verlangen nach etwas zu trinken immer heftiger. Ich wünschte, Danny würde aufwachen, damit ich ihn nach unten schicken könnte, aber er schlief wie tot. Er hatte die Schlafzimmertür geschlossen, doch als ich den Kopf hob, konnte ich unterhalb der Tür einen verräterischen Lichtspalt erkennen, was bedeutete, dass das Licht auf dem Treppenabsatz noch brannte. Lange Zeit starrte ich diesen Lichtstreifen an, machte mir Mut, indem ich mir sagte, es würde nur wenige Sekunden dauern, um hinunterzulaufen und mir ein Glas Wasser einzuschenken. Schließlich war mein Durst so unerträglich geworden, dass ich aus dem Bett glitt und das Licht anknipste: teils, um meinen Morgenmantel zu suchen, teils in der vergeblichen Hoffnung, Danny damit aufzuwecken. Er bewegte sich im Schlaf, mehr passierte nicht; er zuckte nicht einmal zusammen, als ich die Tür öffnete und das Licht vom

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