Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Janes
Vom Netzwerk:
feuchten, erdigen Geruch des Wintergrases, das unter dem Ansturm der zahllosen Menschen platt getreten und rutschig war. Mein Herz schlug schneller beim Klang der vielen bunt gemischten Melodien, die von Gelächter und Kreischen durchsetzt waren: eine Mikrowelt aus pulsierenden Lichtern, eingegrenzt von einem Kreis aus Wohnwagen und Anhängern.
    Sobald wir innerhalb dieser Grenze waren, ließen wir uns in der Menge treiben und verglichen die Preise der Fahrgeschäfte. Die größeren waren teuer, und ohne Freunde, die für uns bezahlten, konnten wir uns nicht viele Runden erlauben. Ich ertappte mich bei dem Gedanken,
dass meine Mutter recht gehabt hatte, was die Anzahl der gewöhnlich aussehenden Mädchen betraf. Sie schienen allerdings alle wesentlich mehr Spaß zu haben als wir, ob sie nun kreischten, wenn sie auf wild kreisenden Karussells herumgeschleudert wurden, oder Zuckerwatte naschten, während ihre Freunde Wurfringe warfen, mit Pfeilen auf Dartscheiben zielten oder nach Plastikenten fischten, in der Hoffnung, einen Preis für ihre Angebetete zu gewinnen. Aus nächster Nähe wirkte alles schäbig und billig, und ich begann mich zu fragen, warum wir so versessen auf diesen Besuch gewesen waren. »Wollen wir Autoskooter fahren?«, fragte ich halbherzig. Ich dachte, ich würde mit Cecile reden, doch als ich mich umdrehte, entdeckte ich, dass sich zwei Männer zwischen uns gedrängt hatten. Der Mann neben mir hatte einen kümmerlichen Schnauzbart und Schweinchenaugen. »Alles klar, Schätzchen«, sagte er. »Du fährst mit mir.« Sein Kumpel brach in Gelächter aus. Beide rochen nach Bier. Es war gerade mal acht Uhr  –  ziemlich früh, um schon betrunken zu sein. Ich beschloss, die Männer zu ignorieren, doch als ich versuchte, an dem Schnauzbart vorbeizugehen, trat ich ihm aus Versehen auf den Fuß. Wütend funkelte er mich an und packte mich am Arm, da er wahrscheinlich glaubte, ich hätte es absichtlich getan. Ich weiß nicht, was genau er im Sinn hatte, denn links von mir ertönte eine Stimme, die dem Spuk ein Ende bereitete.
    »Lass sie los und zieh Leine!«
    Die Stimme hatte etwas an sich, das den Schnauzbart automatisch dazu bewog, meinen Arm loszulassen und einen Schritt zurückzutreten. Sein Kumpel beschloss offenbar, dass ein Rückzug im Moment das Klügste sei; er bedeutete seinem Freund mit einem Nicken, ihm zu folgen,
und tauchte in der Menge unter. Ich drehte mich zu meinem Retter um und sah mich zwei Jungen unseres Alters gegenüber, beide größer als die Betrunkenen, der eine hell, der andere dunkel, beide gut aussehend.
    »Er hat dir doch nicht wehgetan, oder?«, erkundigte sich der dunkelhaarige Junge. Ich tauschte einen raschen, ungläubigen Blick mit Cecile. Er war genau der Typ von Retter, wie sie in schmalzigen Filmen auftauchten  –  viel zu wundervoll, um wirklich wahr zu sein.
    Ich versicherte ihm, dass mir nichts fehlte.
    »Vielleicht solltet ihr eine Weile bei uns bleiben, falls diese beiden Primitivlinge noch irgendwo herumlungern. Ich heiße übrigens Danny  –  und das ist Simon.«
    »Ich heiße Katy«, sagte ich. »Und das ist Cecile.«
    Der schäbige Jahrmarkt hatte sich plötzlich in einen verzauberten Ort verwandelt. Danny nahm meine Hand und führte mich durch die Menge, sodass Simon nichts anderes übrig blieb, als sich mit Cecile zusammenzutun und uns zu folgen. Zwei Minuten später hatten wir uns alle in einen Autoskooter gequetscht, und Danny lenkte mit einer Hand, während er den anderen Arm beschützend um meine Schulter legte.
    Wir fuhren noch mit mehreren anderen Karussells und waren gerade auf dem Weg zur Achterbahn, als ich in einer Schießbude die überdimensionierten Plüschtiere erspähte. Beim Anblick eines Hasen in Frack und Zylinder quietschte ich vor Entzücken auf.
    Sofort blieb Danny stehen. »Willst du so einen haben?«
    »Du musst genau ins Schwarze treffen«, wandte ich ein. »Das schafft niemand.«
    Danny grinste mich an. »Ich werde es schaffen«, sagte er. »Ich bekomme immer, was ich will.« Ich liebte die Sicherheit
in seiner Stimme und die Art, wie er mich dabei ansah, die unmissverständlich ausdrückte, dass seine Wünsche weit über Plüschhasen hinausgingen.
    Gespannt sahen wir zu, wie Danny bezahlte, das Gewehr hob und zielte. Wir lachten, feuerten ihn an und stöhnten im Chor, als die ersten drei Schüsse meilenweit danebengingen. Mit einer Handbewegung bedeutete Danny dem Schießbudenbetreiber, dass er einen neuerlichen Versuch

Weitere Kostenlose Bücher