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Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Janes
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drei Tage bis zu meinem Besuch bei Mrs Ivanisovic. Auf dem Heimweg werde ich ein Zimmer im Travelodge buchen  –  etwas, das ich bis jetzt hinausgeschoben habe, in der schwachen Hoffnung, die Reise nach Sedgefield werde nicht stattfinden, solange ich keine feste Buchung vornehme. Ich habe vergebens auf eine Nachricht von Mrs I. gewartet, in der sie mir mitteilt, der 25. sei für sie ungünstig, aber die traf nicht ein. Schweigen. Nichts als unheilvolles Schweigen.
    Aufgrund schlechten Timings treffe ich im Umkleideraum auf Marjorie und Pam.
    »Nein, hat er wirklich?«, fragt Marjorie gerade.
    Beide täuschen Entsetzen über das, was immer »er« gemacht haben soll, vor, gefolgt von einer Menge unangemessenem mädchenhaftem Gekicher und Gekreische, was eher auf Entzücken als auf Empörung schließen lässt. Nach und nach komme ich dahinter, dass »er« ein Mann ist, der Pam offenbar Avancen macht. »Ehrlich«, zwitschert sie. »Ich sagte zu ihm  –  in unserem Alter …«
    Es ist unübersehbar, dass Pam über das Interesse des Mannes trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen völlig aus dem Häuschen ist  –  wie eine Vierzehnjährige, die am Morgen nach ihrem ersten Rendezvous über ihre Erlebnisse hinter dem Fahrradschuppen erzählt. Wachsen manche Frauen denn nie aus dieser schrecklichen Anfälligkeit für männliche Aufmerksamkeit heraus? Kurz bevor ich die Dusche aufdrehe, höre ich, wie Pam schrill verkündet: »Ich war total geschmeichelt.«
    Total geschmeichelt. Ja, an so ein Gefühl erinnere ich mich auch noch gut. Es war dieser Moment, als Danny mich nach meiner Telefonnummer fragte. Falsche Bescheidenheit mal beiseite, aber ich muss zu der Zeit, als
ich auf die Hochschule ging, recht hübsch gewesen sein. Ich brauchte keine Zahnspange mehr zu tragen und hatte so gut wie keine Pickel  –  wenngleich ich nach wie vor unter Schüchternheit und mangelndem Selbstvertrauen litt. Meine Eltern hielten mich an der kurzen Leine, und nachdem ich auf einer reinen Mädchenschule gewesen war, ging ich an eine Pädagogische Hochschule, wo der Anteil der weiblichen Studenten sechsmal so hoch wie der der männlichen war. Demzufolge war ich also auch nicht gerade mit Einladungen zu einem Date überhäuft worden.
    Cecile war meine beste Freundin in diesem ersten Hochschuljahr. Keine von uns beiden war besonders gefragt oder beliebt: Ich war schüchtern und versuchte ständig, mich irgendwie unsichtbar zu machen, während die arme alte Cecile schlicht unattraktiv war. Erzählst du Leuten, deine Freundin sei Halbfranzösin, erwarten sie eine zweite Brigitte Bardot; aber Cecile sah aus wie das, was sie war  –  ein ernstes jüdisches Mädchen mit dunklem Haar und Brille. Sie schrieb immer gute Noten, schmiss dann aber ihre Ausbildung hin, um einen Rabbi zu heiraten und eine Familie in Hendon zu gründen; ihre gallischen katholischen Verbindungen brach sie nahezu vollständig ab. Wir schreiben uns keine Weihnachtskarten, weil sie Weihnachten nicht feiert.
    In jener Zeit war Cecile weitaus unternehmungslustiger als ich. Ich träumte zwar von Abenteuern und Romanzen, hatte aber keine Ahnung, wie ich dazu kommen sollte. Cecile wiederum war überzeugt, der Weg dorthin bestehe darin, sich an Orten herumzutreiben, die fast ausschließlich von Mitgliedern des anderen Geschlechts bevorzugt wurden, und so schleppte sie mich in Kung-Fu-Filme
und zu Auftritten von zweifelhaften einheimischen Bands, in der Gewissheit, dies sei der natürliche Lebensraum des männlichen Geschlechts. Aber leider hatte Cecile nicht die Dunkelheit bedacht, die in Kinos und abgedunkelten Nebenräumen von Kneipen die Norm war  –  und wenn wir in dem düsteren Licht nicht gänzlich übersehen wurden, hatten wir irgendwelche dumpfen, aknegesichtigen Typen am Hals, die den ganzen Abend an einem kleinen Bier nuckelten und fettige Finger von den Chips hatten, die sie auf dem Heimweg kauften.
    Ich kann mich nicht mehr erinnern, wer von uns beiden die Idee zu dem Jahrmarktbesuch hatte, aber bei mir war es ein Akt der Rebellion, weil, meinen Eltern zufolge, Rummelplätze voller ungehobelter Burschen und gewöhnlicher Mädchen waren und folglich keine geeignete Umgebung für ihre Tochter  –  was diesen Rummelplätzen natürlich einen Reiz verlieh, der mich geradezu magnetisch anzog. Der Jahrmarkt fand auf dem Billesley Common statt, und beim Näherkommen empfing uns der Geruch von gebratenen Zwiebeln und fettigen Donuts, gemischt mit dem

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