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Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Janes
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fragte ich.
    Sie hatte mich nicht dort stehen sehen. In ihrem Blick spiegelte sich Überraschung, die von Wachsamkeit abgelöst wurde, als sie sagte: »Ähm, nein. Ich wollte mir nur etwas ansehen.«
    »Du hast doch gerade was in deine Tasche gesteckt.«
    Sie überspielte ihren eindeutig nervösen Ausdruck mit einem Lächeln. »Ach, das  –  ein Taschentuch. Ich musste mir gerade die Nase putzen.« Ich wusste, das war eine Lüge. Was immer sie in der Hand gehalten hatte, es war in jedem Fall kein zerknülltes Taschentuch gewesen. Abgesehen
davon hatte sie auch keinen Heuschnupfen oder eine andere Allergie. Wie so oft las sie meine Gedanken und fügte hinzu: »In dem Laden war so viel Staub, dass ich niesen musste.«
    »Warum hast du dich einfach weggeschlichen?«
    »Habe ich doch gar nicht. Was ist eigentlich los mit dir? Und was soll dieses Verhör überhaupt?«
    »Hey!« Auf Dannys Ruf hin drehten wir uns rasch zum anderen Ende der Straße um, doch ein zweites »Hey!« veranlasste uns dazu, uns instinktiv in die Gegenrichtung zu drehen. Zunächst glaubte ich, es handle sich um irgendeine seltsame akustische Täuschung, aber dann entdeckte ich einen Typen, der jemandem zuwinkte  –  nicht uns, sondern Danny und Simon hinter uns. Ich wandte mich um und sah, wie Danny grüßend eine Hand hob und die drei Jungs dann an der Stelle zusammentrafen, wo wir standen.
    Der Neuankömmling trug ein Grateful-Dead-T-Shirt, und an seiner Hand baumelte ein Motorradhelm. Rasch stellte sich heraus, dass »Josser«, wie er offenbar genannt wurde, Simon und Danny aus der Universität kannte. Er stammte von irgendwo oben im Norden  –  was auch sein Singsang-Akzent und die lang gezogenen Vokale verrieten  –  und war somit der letzte Mensch, den sie in Leominster erwartet hätten. Nach gegenseitigen Überraschungsbekundungen erklärte Josser, er sei den Sommer über hier, kampiere im Garten eines Freundes und verdiene die Kosten für seinen Aufenthalt mit Arbeit in den Obstplantagen.
    Während dieses Vorgeplänkels musterte ich Josser eingehend, registrierte seine fettigen schulterlangen Haare und seine Kleidung, die offensichtlich schon seit Längerem
keine Waschmaschine mehr gesehen hatte. Er hatte zwischen den beiden vorderen Schneidezähnen eine auffällige Lücke, und an seinem Lächeln lag etwas überaus Abstoßendes, sodass ich mich instinktiv näher an Danny drängte, als er in meine Richtung blickte. Es missfiel mir, wie er mit seinen schlammigen braunen Augen Trudie und mich von Kopf bis Fuß taxierte wie ein gieriger Restaurantbesucher, dem beim Nahen des Dessertwagens der Geifer aus dem Mund läuft.
    Erwartungsgemäß bestritt Danny den Großteil der Unterhaltung, und es gelang ihm, freundlich zu klingen, als er sich absichtlich vage dazu äußerte, wo wir wohnten. Jedes Mal, wenn Josser diese Frage anschnitt, wich ihm Danny so geschmeidig aus wie ein Außenstürmer auf dem Höhepunkt des Spiels, aber während Danny entspannt und locker blieb, konnte Simon sein gekünsteltes Lächeln nicht lange aufrechterhalten, und bei der ersten sich bietenden Gelegenheit unterbrach er das Gespräch und nuschelte irgendetwas in der Art, dass wir so langsam ans Heimfahren denken sollten.
    Josser meinte sogleich, er habe auch nicht vor, in der Stadt zu bleiben. »Ich bin nur gekommen, um ein paar Kippen zu kaufen. Hier ist ja nicht gerade viel los, was? Ein total langweiliges Kaff.«
    »Wir haben gleich um die Ecke geparkt.« Simon wedelte diffus in die Richtung und drehte sich halb um  –   ein deutliches Signal, dass es nun Zeit sei, sich zu verabschieden.
    »Ich wette, es ist dieselbe Stelle, wo ich mein Motorrad geparkt habe«, sagte Josser vergnügt und schloss sich uns an.
    Leider erwies sich seine Aussage als richtig. Jossers Motorrad,
ein schwarzes Monster mit scharlachroten und gelben Flammen an den Seiten und einem hinten angebrachten Gepäckkasten, stand nur drei Fahrzeuge von unserem entfernt. Als wir auf gleicher Höhe mit dem Motorrad waren, begann Josser in höchsten Tönen über die vielen Vorteile der Maschine zu schwärmen, während drei Viertel unserer Gruppe zielstrebig auf den Anglia zuschritten. Nur Trudie interessierte sich für das Motorrad, und natürlich konnten wir nicht ohne sie losfahren. Es ließ sich unmöglich sagen, ob sie einfach nur unsensibel war oder aus einer perversen Laune heraus beschlossen hatte, die kollektive Stimmung zu ignorieren.
    »Schon mal auf dem Sozius einer Maschine

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