Was im Dunkeln liegt
dass man sie bricht. Ich glaube nicht, dass diese sogenannte Vereinbarung auch euren kleinen
Harem mit einschließt. Und da wir schon einmal dabei sind, ich glaube auch nicht, dass der Harem alles weiß, was es über euch beide zu wissen gibt. Die beiden sind nicht von der Uni, richtig? Also werden sie die Gerüchte kaum kennen.«
Weiter kam er nicht. Dannys Hechtsprung traf ihn völlig unerwartet. Die schaumigen Reste seines Biers flogen in die Luft. Das Glas landete – wundersamerweise intakt – mehrere Meter weiter auf dem Kaminläufer. Es geschah so schnell, dass ich den Schlag selbst gar nicht sah. Ich war die Einzige, die sich nicht bewegte. Trudie sprang mit einem spitzen Schrei auf, und Simon warf sich zwischen Danny und Josser, noch bevor jemand dazu kam, etwas zu sagen. Eine Sekunde lang kam es mir so vor, als hätte ich ein Standbild aus einem Actionfilm vor mir. Der umgeschmissene Couchtisch, die vor Angst erstarrte Trudie, die ihr Glas umklammerte, Danny, der zu einem neuerlichen Schlag ausholte, während Josser sich in die Sofaecke duckte, die Hand schützend vor den Mund gelegt. Als Simon das Schweigen brach, zitterte seine Stimme. »Hau einfach ab«, sagte er.
Josser zögerte. Er nahm die Hand vom Mund, und ich sah das Blut auf seinen Lippen. Tränen schossen mir in die Augen, nicht aus Mitgefühl für Josser, sondern aus Entsetzen über diesen jähen Gewaltausbruch. Die Situation hatte sich gefährlich zugespitzt. Josser war mindestens so groß wie Danny, aber viel massiger. Mir war klar, dass er mit seinen Andeutungen über das wilde Bikerleben nicht gescherzt hatte. Vielleicht trug er ein Messer bei sich – oder hatte jede Menge Bikerfreunde.
»Los, zieh Leine!«, sagte Simon. »Verpiss dich!« Simons präzise Intonation verlieh den Schimpfworten eine unfreiwillig
komische Note, aber die Botschaft war eindeutig.
Langsam erhob sich Josser, ohne Danny aus den Augen zu lassen, der wie eine Statue dastand, Simons Hand auf dem Arm, die ihn sanft zurückhielt. Wir folgten unserem scheidenden Gast in einiger Entfernung, beobachteten schweigend, wie er an der Haustürklinke herumfummelte. Alle vier traten wir dann auf die Treppe hinaus, sahen zu, wie er seinen Helm aufsetzte und sein Motorrad startete. Als er das Bein über den Sattel schwang, brüllte er etwas, das im Lärm des aufheulenden Motors unterging.
Trudie stand neben mir. »Was hat er gesagt?«, flüsterte sie.
»Keine Ahnung«, sagte ich. »Irgendeine Beleidigung – etwas über Puffs.«
Die Jungs waren beide ins Haus zurückgekehrt. Trudie hastete ihnen hinterher. »Es tut mir wirklich wahnsinnig leid«, begann sie. »Ich wäre nicht zu ihm aufs Motorrad gestiegen, wenn ich gewusst hätte, was das für einen Ärger verursacht.«
»Mach dir darüber keine Gedanken.« Sobald Josser weggefahren war, legte Danny wieder sein normales lockeres Verhalten an den Tag. »Er ist nur ein kleiner Wichser. Er wird uns nicht noch einmal belästigen.« Er drückte Trudie kurz an sich, um seine Gelassenheit zu demonstrieren. Simon folgte seinem Beispiel, indem er Trudies Schulter tätschelte, doch im Gegensatz zu Danny wirkte er noch immer besorgt.
Nun fiel Dannys Blick auf mich. »Hey, was ist das denn?« Mit dem Zeigefinger wischte er mir eine einsame Träne von der Wange. »Hab keine Angst. Er ist jetzt weg.
Es ist vorbei.« Er umarmte mich gleichfalls und gab mir einen Kuss. »Na los. Vergessen wir die Sache einfach.«
Danny schien kein Problem damit zu haben, die ganze Episode abzuhaken, und so bemühten wir anderen uns, es ihm nachzutun. Simon hatte in der Stadt eine Flasche Wodka gekauft, und nachdem wir sie im Lauf des Abends so gut wie geleert hatten, versuchten wir, nach Kosakenart auf der Wiese zu tanzen. Ich fiel so oft um, dass es mir irgendwann sinnlos erschien, wieder aufzustehen. »Die Welt sieht von hier unten ziemlich seltsam aus«, sagte ich. Niemand nahm Notiz von mir. Simon und Trudie wetteiferten darum, wer sich am längsten drehen konnte, ohne umzufallen. Danny feuerte sie an. Das Licht aus den Küchenfenstern warf lange Schatten über die Wiese. Ich streckte die Hand aus, um eine Handvoll Licht zu ergreifen, bekam aber nur kaltes Gras zu fassen. Simon und Trudie stolperten ineinander und sackten zu Boden.
Danny tauchte über mir auf – so hoch wie der Eiffelturm. »Komm«, sagte er. »Gehen wir ins Bett.«
Er bot mir die Hand, und ich zog mich daran hoch. Im Haus war es noch stickig von der
Weitere Kostenlose Bücher