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Was im Dunkeln liegt

Was im Dunkeln liegt

Titel: Was im Dunkeln liegt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Diane Janes
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keuchenden Atem der beiden Leichenträger. Es kam mir vor, als würden wir genügend Krach machen, um bis nach Kington gehört zu werden, und als wären alle Arten von Nachtgeschöpfen herausgekommen, um das Vorbeiziehen unserer finsteren Prozession zu beobachten und uns mit ihren Blicken zu durchbohren. Als wir etwa zwei Drittel des Wegs durch die Felder hinter uns hatten, strichen zwei Autoscheinwerfer über die Straße, doch sie befanden sich auf der anderen Seite der Hecke, zu weit entfernt, um uns zu bemerken. Ich wagte kaum zu atmen,
als wir uns dem heikelsten Teil der Strecke näherten  – den wenigen Metern entlang der Straße zwischen dem Fußweg und der Toreinfahrt, wo wir für jedes vorbeifahrende Fahrzeug zu sehen wären  –, doch die Straße war verlassen.
    Schweigend führte ich den kleinen Trupp um die Seite des Hauses herum. Keiner von beiden hatte erklären müssen, wo sie beabsichtigten, Trudies Leiche zu verstecken. Ich dachte an all die Tassen Tee, die sie nach draußen gebracht hatte: all die Stunden, in denen sie beobachtet hatte, wie die Grube tiefer und tiefer wurde, ohne auch nur im Entferntesten zu ahnen, dass sie der Aushebung ihres eigenen Grabes beiwohnte.
    Sie legten Trudie neben dem Teich ab. Simon sagte, er müsse die Spaten aus dem Geräteschuppen holen, und so begleitete ich ihn, leuchtete mit der großen Taschenlampe den Weg aus, während Danny neben mir ging. »Willst du nicht lieber ins Haus gehen?«, schlug er vor. Seine Stimme war voller Mitgefühl  –  unser Streit hatte keine Bedeutung mehr.
    Ich wusste nicht, welche Aussicht schlimmer war: allein in dieses dunkle, unheimliche Haus zu gehen oder der bevorstehenden grauenvollen Arbeit beizuwohnen.
    »Ich bleibe«, sagte ich.
    »Sicher?«, fragte er. »Braves Mädchen. Wir kommen schneller voran, wenn du uns mit der Taschenlampe leuchtest.«
    Als wir über den Rasen zurückgingen, ich mit der Taschenlampe und die beiden mit je einem Spaten in der Hand, überfiel mich wieder dieses Gefühl von Unwirklichkeit. Halb erwartete ich, dass Trudie von ihrer Rolle in dem düsteren Schauspiel genug hatte, dass sie aufgestanden
und weggegangen war  –  doch sie lag noch immer an derselben Stelle neben dem Teich.
    »Das ist nicht richtig«, stieß ich hervor. »Ich kann das nicht. Wir müssen das melden.«
    »Wenn wir etwas von dieser losen Erde herausheben, können wir damit hinterher den Grund ebnen.« Simon redete, als hätte er mich nicht gehört.
    »Wir können sie nicht einfach begraben …«, jammerte ich.
    »Wir müssen«, sagte Danny.
    »Wir können nicht mehr zurück. Wir müssen das durchziehen, ob es dir nun passt oder nicht«, sagte Simon.
    »Nein«, protestierte ich. Tränen strömten mir über das Gesicht. »Es muss noch eine andere Möglichkeit geben.«
    »Geh doch ins Haus«, schlug Danny erneut vor.
    Ich schüttelte den Kopf und umklammerte die Taschenlampe. Sie begannen über die technische Seite des Unterfangens zu diskutieren: beschlossen, so viel lose Erde wie möglich herauszuschaufeln, Trudie in die dadurch entstehende Vertiefung zu legen, danach die Oberfläche zu glätten und dafür, wenn nötig, den Boden ein paar Zentimeter anzuheben. Bis auf die Anspannung in ihren Stimmen hörte es sich wie ein normales Arbeitsgespräch an  –  erst die Planung, dann die Ausführung, als wäre dieses schreckliche Vorhaben ein ganz gewöhnliches Gartenbauprojekt.
    Als sie zu graben begannen, stand ich über ihnen und geriet auf dem Haufen loser Erde mehrmals ins Rutschen, während ich mich bemühte, das Grabungsgebiet so gut es ging zu beleuchten. Niemand sprach. Das Licht aus der großen Taschenlampe war nach und nach schwächer geworden,
verlor stetig an Leuchtkraft, bis es nur mehr ein gelbliches Glimmen war.
    »Ich glaube, die Batterien sind gleich leer«, sagte ich schließlich, obwohl das offensichtlich war.
    »Es dauert nicht mehr lang«, sagte Danny. »Das reicht, Si  –  wir sind tief genug.«
    Nun, da es so weit war, schien keiner von beiden es über sich zu bringen, Trudie in die Grube zu heben. Einen Moment lang dachte ich, sie würden kneifen, doch dann sagte Simon: »Also, los«  –  und sie stellten sich der Aufgabe. Es hätte feierlich und würdevoll sein müssen, doch das war es nicht. Trudies Körper war störrisch, leistete beinahe aktiv Widerstand. Ihre Arme, Beine und der voluminöse Rock schienen entschlossen, das Vorhaben zu behindern. Sie wurde entwürdigend in die Grube

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