Was im Dunkeln liegt
gleichfalls leicht gereizt. Man hatte ihn um seinen Tee gebracht, und das Gespräch mit Simon war auch nicht sehr ergiebig. »Sie können sich also nicht vorstellen, wie Ihr Schraubenzieher in das Zimmer des Mädchens gelangt ist? Sie haben ihn ihr nicht geliehen – oder jemand anderem, soweit Sie sich erinnern –, Sie waren nicht im selben Kurs und wohnten in unterschiedlichen Blocks. Haben Sie vielleicht sonst irgendwelche Vorschläge zu machen?«
»Wenn Sie wollen, kann ich natürlich eine Vermutung äußern«, sagte Simon. »Wie ich vorhin sagte, habe ich meines Wissens den Schraubenzieher das letzte Mal gesehen, als ich ihn in den Gemeinschaftsraum mitgenommen habe, weil jemand meinte, der Stecker am Kassettenrekorder müsse repariert werden. Aber als ich unten ankam, fummelte bereits ein anderer Typ – Keith, seinen Nachnamen kenne ich nicht – an dem Kabel herum. Ich ging nicht sofort wieder in mein Zimmer zurück, sondern blieb noch eine Weile und unterhielt mich. Und vermutlich habe ich den Schraubenzieher irgendwo hingelegt und vergessen. Ich nehme an, ich bin ohne den Schraubenzieher ins Zimmer zurückgegangen, und später hat ihn dann irgendwer mitgenommen. Vielleicht wollte jemand etwas in seinem Zimmer reparieren und hat den
Schraubenzieher danach nicht mehr zurückgebracht. So etwas kommt leider vor. Es gibt eine Menge Diebstähle. So nach dem Motto, wer etwas findet, dem gehört es. Vielleicht hat Rachel ihn selbst genommen – wer weiß?«
»Nun, Mr Willis«, Mathieson stand auf, und sein Kollege tat es ihm gleich, »ich denke, das wäre es – für heute jedenfalls. Sie wissen, wo Sie uns finden, falls Ihnen doch noch etwas einfallen sollte.«
Höflich erhob sich auch Simon – weder er noch Mathieson bemühten sich um ein Lächeln. Ich huschte durch die Diele, öffnete die Haustür und hielt sie den Polizisten auf. Simon blieb im Wohnzimmer. Ohne sich noch einmal umzublicken, gingen die beiden Männer zu ihrem Wagen, ließen den Motor an und fuhren los. Sergeant Mathiesons Kollege wendete den Wagen weitaus geschickter, als es Mrs Ivanisovic getan hatte.
Als sie durch das Tor verschwanden, kam Simon aus dem Wohnzimmer.
»Alles okay«, sagte ich. »Sie sind weg.«
Stumm starrten wir uns an – einen Moment lang glaubte ich, Simon wolle etwas sagen, doch dann wandte er den Blick ab, als hätte er es sich anders überlegt.
»Worum ging es überhaupt?«, fragte ich.
Simon schüttelte den Kopf, als könnte er selbst kaum glauben, was er sagte. »Sie haben einen Schraubenzieher gefunden – einen kleinen, der mir gehört –, in Rachel Hewitts Zimmer im Studentenwohnheim. Man sollte meinen, sie hätten ihn gleich zu Anfang finden müssen, als sie Rachels Zimmer durchsucht haben. Offenbar hat einer der Arbeiter ihn entdeckt, als sie ihren Schreibtisch verrückten, um dahinter zu streichen – sie renovieren ihr Zimmer während der Ferien. Sie haben den Schreibtisch
weggezogen, und dahinter lag der Schraubenzieher. Er muss nicht unbedingt dort versteckt worden sein – er kann genauso gut einfach heruntergefallen sein und muss mit dem Mord überhaupt nichts zu tun haben.«
»Aber woher wussten sie, dass er dir gehört?«
»Sie wussten es nicht – bis heute. Ich habe mit einem Filzstift meine Initialen draufgeschrieben – das mache ich bei vielen Dingen, damit mir nicht alles geklaut wird.« Er lachte ironisch. »Sie haben sich durch alle Studenten gearbeitet, deren Initialen SW und MS lauten – sie wussten nicht, wie herum sie es lesen sollten.«
»Du hättest sagen können, dass er dir nicht gehört.«
»Wozu?« Simon sah mich an. »Er gehört nun mal mir, und ein Leugnen hätte alles nur noch schlimmer gemacht, weil ihnen dann irgendjemand anders erzählt hätte, wem er gehört.«
»Stimmt«, sagte ich. »Aber woher wussten sie, wo du bist?«
»Sie waren bei meinen Eltern, und die haben ihnen die Adresse gegeben.«
Aus seinem Ton konnte ich schließen, dass er mich, genauso wie vorhin Sergeant Mathieson, für leicht beschränkt hielt. Natürlich wussten Simons Eltern, wo er sich aufhielt. Zum Glück hatte die Polizei nicht mich sprechen wollen. Meine Eltern hätten sie auf eine nette kleine Irrfahrt durch Frankreich geschickt.
Ich versuchte, meinen Ruf wiederherzustellen, indem ich mich von meiner praktischen Seite zeigte: »Uns ist die Milch und alles mögliche andere Zeug ausgegangen«, sagte ich. »Wir werden
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