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Was im Leben zählt

Was im Leben zählt

Titel: Was im Leben zählt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Allison Winn Scotch
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, immer noch auf die Schippe nehmen kann. Sie hat noch etwas auf dem Herzen. «Und der Rest? Hast du den Rest auch kapiert?»
    «Welchen Rest denn?», frage ich. «War das immer noch nicht alles?» Was zum Teufel könnte denn noch sein ?
    Sie zuckt die Achseln. «Es gibt doch immer noch ein bisschen mehr.»
    «Hör endlich auf, in so verdammten Rätseln zu sprechen!», fahre ich sie an. Meine Nerven liegen blank.
    «Na schön», schnaubt sie. «Ich helf dir auf die Sprünge.» Sie dreht sich zu ihrer Mutter um, die nur noch aus Drähten und Schläuchen und Maschinen besteht. «Hast du dich wirklich nie gefragt, weshalb wir plötzlich keine Freundinnen mehr waren?»
    «Das hast du mich schon mal gefragt», sage ich. «Damals beim Frühstücken. Du warst auf einmal schräg drauf, und ich bin Cheerleader geworden.» Ich will nicht daran zurückdenken, obwohl diese Zeit fast mein ganzes Erwachsenenleben lang die einzige war, an die ich überhaupt zurückdenken wollte. Aber jetzt nicht mehr. Nicht seit ich weiß, wie leicht alles zu Bruch gehen kann, in tausend Scherben zerspringen wie der Bilderrahmen am Kamin.
    «Das stimmt nicht», blafft sie mich an. «Doch, das auch. Ich konnte Cheerleader noch nie ausstehen.» Sie lächelt. «Du musst es selbst herausfinden. Damals war ich sauer auf dich, weil du es nicht geschnallt hast, aber jetzt bin ich nicht mehr sauer. Mir ist inzwischen klar, dass du es nicht gewusst hast. Du wolltest es damals einfach nicht sehen, weil es viel leichter war. Das verstehe ich. Auf gewisse Weise wünschte ich, ich hätte auch wegsehen können.»
    «Wirklich, Ashley!», unterbreche ich sie. «Ich bin so müde. Kannst du mir nicht einfach sagen, was los ist?»
    Ashley will gerade antworten, als irgendwo hinter mir, am Ende des Flurs, jemand meinen Namen ruft. Ich fahre herum und sehe meinen Vater, ich drehe mich wieder zu Ashley um, und plötzlich rastet etwas ein. Aber noch ehe ich in Gedanken fassen kann, was da gerade an seinen Platz gerutscht ist, ruft er wieder nach mir.
    «Komm schnell, Tilly! Darcy ist aufgewacht. Sie fragt nach dir.»

    Darcy und ich fangen gleichzeitig an zu schluchzen, als ich ihr Zimmer betrete. Ihre Hände sind bandagiert, um den Schaden abzuwenden, und ihre Glieder sind in zusätzliche Decken gepackt. Ob ihr je wieder warm wird, ob sie je wieder ganz die Alte sein wird? Die Antwort auf diese Fragen wird wohl noch etwas warten müssen.
    «Es tut mir so leid!» Ich sitze tränenüberströmt an ihrem Bett und werde von Schluchzern geschüttelt. Ich weiß nicht, ob sie mir das jemals verzeihen kann. Unwichtiger – oder vielleicht auch wichtiger –, ich weiß nicht, ob ich mir je selbst verzeihen kann.
    «Mir tut es auch leid», sagt sie, und es ist klar, dass sie mir nicht die Schuld dafür gibt. Aber sie kann ja auch nicht ahnen, dass ich es hätte kommen sehen können, dass ich es, wenn ich nachgedacht hätte, nicht so egoistisch gewesen wäre, vielleicht hätte verhindern können.
    In tröstlichem Schweigen sitzen wir da, in Gesellschaft piepsender Monitore und einer leise vor sich hin tröpfelnden Infusion, zwei Schwestern, die aufeinander aufpassen, was wir vielleicht von Anfang an hätten tun sollen. Darcy fallen die Augen zu, und ich betrachte ihr Gesicht. Sie ist wirklich kein Kind mehr. Der letzte Babyspeck ist schon lange verschwunden, die Haut nicht mehr ganz so jugendlich strahlend. Aber sie ist immer noch atemberaubend. Die Wangenknochen stehen deutlich hervor, die Haare glänzen trotz lila Tönung und Pizza-Cola-Diät.
    Ihre Wimpern flattern, dann sieht sie mich an.
    «Was?», fragt sie im Halbschlaf, offensichtlich erfreut, bewundert zu werden. Darcy, wie immer der wandelnde Widerspruch. Das hat sich schon mal nicht verändert.
    «Nichts.» Ich schüttle den Kopf. «Ich denke nur nach. Über alles, was wir durchgemacht haben, weißt du?»
    «Ja.»
    Mein Vater klopft ans Fenster und winkt verzagt, ein schüchternes Friedensangebot. Ich hoffe, sie weist es nicht zurück. Ich beobachte, wie sie ihn beobachtet, taxiere ängstlich ihre Reaktion.
    «Kannst du ihm verzeihen?», frage ich. «Er wünscht es sich so sehr.»
    «Wieso machst du es ihm immer so leicht?», fragt sie, ohne Groll, nur neugierig. «Wieso bekommt er bei dir immer wieder eine zweite Chance?»
    «Wahrscheinlich weil ich an zweite Chancen glaube.» Ich zucke die Achseln.
    «Davon hatte er mehr als genug», sagt sie bitter.
    «Darf ich dich etwas fragen?» Ich weiß selbst nicht genau,

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