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Was ist Demokratie

Was ist Demokratie

Titel: Was ist Demokratie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Nolte
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totalitären Führerstaat und das brutale Vorgehen Hitlers auch gegen innere Gegner, wie in der sogenannten «Röhm-Krise» Ende Juni 1934. In der Bundesrepublik konnte er, anders als viele andere Parteigänger des Nationalsozialismus, nicht mehr auf seinen Lehrstuhl zurückkehren. Er zog sich in seiner Sauerländer Heimat in eine halbprivate Existenz zurück, in der er alte und neue Bewunderer seines Intellekts und seiner Anschauungen zu «Gesprächen in der Sicherheit des Schweigens» empfing. Seine Wirkung als einer der wichtigsten politischen Theoretiker des 20. Jahrhunderts hält bis heute an, und seit mehreren Jahrzehnten findet der ganz unzweifelhaftder rechten Demokratiekritik zuzurechnende Schmitt auch Interesse bei der Linken. Wie ist das möglich bei jemand, der Willkür und Verfolgung Hitlers in der perversen Formel «Der Führer schützt das Recht» legitimierte?
    Für die Demokratie interessierte sich Carl Schmitt erst in zweiter Linie. Seine erste Aufmerksamkeit – man kann auch sagen: seine Faszination – richtete sich auf Politik überhaupt als einen Kampf um Macht, in dem es um die Durchsetzung von Souveränität über ein Territorium und über Menschen ging. Die Menschen waren für Schmitt nicht von Natur aus gut, auf Kooperation, Vernunft und damit vielleicht auch auf Demokratie aus, sondern böse, jedenfalls egoistisch und unberechenbar, so dass staatliche Souveränität sie zähmen musste. Darin und in der Auffassung von Politik als Arena eines unerbittlichen Kampfes folgte er Thomas Hobbes und seinem «Leviathan», also dem Staat, der den Kampf «aller gegen alle» – historisch gesehen: den Kampf der religiösen Bürgerkriegsparteien im 17. Jahrhundert – bändigte. In seiner wohl berühmtesten Schrift über den «Begriff des Politischen», einer 1927 zuerst erschienenen knappen Abhandlung, definierte Schmitt Politik durch die Unterscheidung von Freund und Feind. Ob in der Innen- oder Außenpolitik – das war es für ihn, was Politik von anderen Sphären wie Wirtschaft, Bildung, Künsten oder Religion trennte. Damit meinte Schmitt nicht private Freunde oder Feinde, sondern sein Feind war der öffentliche Feind, das gegnerische Lager im Staatensystem oder in den politischen Konflikten, in den Machtkämpfen einer Gesellschaft. In der Politik ging es, mit anderen Worten, nicht um die gemeinsame Verständigung über Sachfragen, nicht um Konsens und Kompromiss, sondern um die Bekämpfung des Feindes, der seinerseits nach Kontrolle und Souveränität strebte.
    Ãœber Demokratie war damit noch nicht viel gesagt. Aber in einem solchen Grundverständnis von Politik schimmerte doch unverkennbar, wie das Anknüpfen an Hobbes schon zeigt, eine Präferenz für starke politische Autoritäten durch. Und gerade die Tatsache, dass man nicht über Demokratie sprechen musste, wenn es um Politik ging – sondern über den Staat, über Souveränität, auch: über das «Volk» –, war bezeichnend, wenn auch alles andere als neu. Denn mit Demokratie als einer Leerstelle setzte Carl Schmitt eine Tradition der politischen Theorie und politischen Soziologie in Deutschland fort, die ebenfalls ohne diese Kategorie auskam und stattdessen das Verhältnis von «Staat» und «Gesellschaft» beschrieb, oder die Bedingungen der Rechtfertigungund Sicherung von Herrschaft. Diese Linie zieht sich von Hegel über Marx bis zu Max Weber – und eben Carl Schmitt. Erst nach 1945 wurde politische Theorie in Deutschland zur Demokratietheorie, auch im weiteren Sinne einer politischen «Anthropologie», die ihre Auffassung vom politischen Menschen in der Demokratie gründete.
    Schmitts Definition war zweifellos schon in ihrer Zeit attraktiv, weil sie ein realistisches Abbild der modernen Politik zu geben schien, erst recht unter den demokratischen Bedingungen der Weimarer Republik. Denn den Konflikt zu betonen und unterschiedliche, ja gegensätzliche Interessen anzuerkennen, die nicht ohne weiteres miteinander kompatibel sind, kann geradezu zum Kern einer demokratischen Gesinnung gehören, während die Vorstellung eines Ausgleichs der Interessen auf ein übergeordnetes Gemeinwohl hin zumal in Deutschland oft einen Hang zum Obrigkeitlichen hatte. Aber in diese Richtung baute Carl Schmitt sein Schema von Freunden und Feinden nicht aus. Der Kampf

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