Was ist Demokratie
Konflikt von Gesellschaftssystemen und Zukunftsentwürfen, der auf beiden Seiten zunehmend eine ideologisierte Form annahm. Der Begriff des «Kalten Krieges» hat sich für diese Auseinandersetzung zwischen 1945/47 und 1989/91 nicht nur umgangssprachlich eingebürgert, sondern auch in der Wissenschaft durchgesetzt. In ihm schwingt zum einen die beständige Drohung des Ãbergangs in einen «heiÃen» Krieg mit, der als Angst vor dem nuklearen Dritten Weltkrieg wie ein Damoklesschwert über den Nachkriegsjahrzehnten hing. Zum anderen verweist er auf den umfassenden Charakter eines Konflikts, der AuÃenpolitik und internationale Beziehungen ebenso prägte wie den Wettlauf um Wohlstand und soziale Sicherheit und das kulturelle Leben in Wissenschaften und Künsten. Zur globalen Auseinandersetzung um die Behauptung derwestlichen Freiheit gegen den Kommunismus stilisiert, veränderte der Kalte Krieg auch Vorstellungen und Realitäten von Demokratie.
In der Forschung stand die Frage nach den Ursachen des Systemkonflikts, nach der Verantwortung und Schuld für den «Ausbruch» des Kalten Krieges lange Zeit im Vordergrund. Eine «orthodoxe» Interpretation schob der Sowjetunion, ihrem totalitären Regime und seinen Expansionsgelüsten den schwarzen Peter zu. Selbstkritische amerikanische «Revisionisten» arbeiteten seit den 1960er Jahren heraus, dass die USA unter ihrem Nachkriegspräsidenten Harry S.Truman (1945â1953) weltpolitisch und militärisch in die Offensive gingen und eine durch den Krieg geschwächte, mehr defensiv auf Sicherheit vor neuen Ãberfällen bedachte Sowjetunion vor sich hertrieben. «Post-Revisionisten» wie John Lewis Gaddis, der wohl einflussreichste Historiker des Kalten Krieges, entwickelten bald darauf eine vermittelnde Position. Die Ãffnung der sowjetischen Archive nach 1991 hat insgesamt gezeigt, dass Stalin seit der Schlussphase des Zweiten Weltkriegs durchaus strategisch und offensiv kommunistische Einflusssphären in Europa auszubauen versuchte. Als unsicheren Schwächling, der auf die amerikanische Ãbermacht nur reagieren konnte, kann man die Sowjetunion in der zweiten Hälfte der 1940er Jahre (und erst recht danach) gewiss nicht beschreiben. Vor allem jedoch ist die Schuldfrage überhaupt in den Hintergrund getreten. Man kann für den Kalten Krieg nicht so nach Ursachen und «Kriegsschuld» fragen, wie man sich das in der Debatte um die Weltkriege, besonders den Ersten Weltkrieg, angewöhnt hatte. Dass nach dem Zusammenbruch des Nationalsozialismus und in der darauffolgenden Neuordnung Europas zwei mächtige Ordnungen mit ganz entgegengesetzten Wirtschafts-, Gesellschafts- und Wertsystemen in schärfsten Konflikt gerieten, ist kaum anders vorstellbar. Viel interessanter sind Fragen nach den Wirkungen der militärisch-politischen Auseinandersetzung auf die westlichen und östlichen Gesellschaften, zum Beispiel nach der Transformation der Demokratie in der formativen Nachkriegsphase der späten 40er bis mittleren 60er Jahre.
Seit der deutschen Kapitulation Anfang Mai 1945 war nicht nur das Misstrauen zwischen Amerikanern und Engländern einerseits, den Sowjets andererseits offen zutage getreten; unterschiedliche Interessen trafen immer öfter aufeinander, in der Deutschland- und Berlinpolitik ebenso wie beim Neuaufbau in Polen und auf dem Balkan bis hinunter nach Griechenland und in die Türkei. Am 5.März 1946 hielt der britische Premierminister Winston Churchill seine berühmte Rede vom«Eisernen Vorhang», der sich in Europa gesenkt habe. Ein Jahr später, am 12. März 1947, nannte Truman â Demokrat wie sein Vorgänger Roosevelt, doch aus anderem Holz geschnitzt â es eine Grundlinie amerikanischer Politik, «freie Völker zu unterstützen, die sich gegen den Versuch der Unterwerfung durch bewaffnete Minderheiten oder äuÃeren Druck zur Wehr setzen». Das war auf Griechenland und die Türkei gemünzt, wo sich â wie in Mittel- und Osteuropa â kommunistische Minderheiten mit sowjetischer Unterstützung die Macht zu sichern versuchten, wurde aber bald als allgemeines Prinzip verstanden. Diese «Truman-Doktrin» gilt oft als Beginn des Kalten Krieges. Etwa gleichzeitig hatte George F. Kennan das «Containment», also die Eindämmung eines expansiven Machtanspruches der Sowjetunion gefordert, und im Juli 1947
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