Was ist koscher - Jüdischer Glaube
zwei Männern, die ihn links und rechts an den Armen nehmen. Böse Zungen behaupten, dass dieser Brauch üblich geworden ist, damit der Mann nicht im letzten Moment abhaut, etwas weniger zynische Stimmen meinen, dies sei üblich, damit dem Mann, der natürlich aufgeregt und nervös ist, die beiden Begleiter
»unter die Arme greifen« können, falls ihm die Knie weich werden. Jedenfalls müssen die beiden Männer verheiratete Männer sein, keine Singles, auch keine Witwer, beides würde als schlechtes Omen gelten.
44
PюѢљ Sѝіђєђљ
WюѠ іѠѡ јќѠѐѕђџӓ
Der Mann kommt zu dem »Thron« und sieht nun seine besonders schön geschmückte Braut zum ersten Mal seit ihrer bewussten Trennung wieder. Ein wirklich sehr bewegender, aufregender Moment. Er blickt ihr ins Gesicht und legt ihr dann den Schleier über. Dieser Brauch hat sich eingebürgert als Erinnerung an Labans Betrug an Jakob, der Rachel heiraten wollte, aber zuerst ihre Schwester Leah »untergescho-ben« bekam. Der Mann soll sich sicher sein, dass die Frau, die gleich neben ihm unter der Chuppa, dem Traubaldachin, stehen wird, tatsächlich die ist, die er will. Anschließend geht der Bräutigam in Begleitung der beiden Männer unter die Chuppa und wartet dort auf seine zukünĞ ige Frau.
Die Chuppa ist aus einem schön verzierten, wertvollen Stoff , der meistens an seinen vier Enden mit Stäben verse-hen ist, die von Freunden und Bekannten gehalten werden.
Sie symbolisiert das zukünĞ ige Heim der Familie. Unter der Chuppa wird die eigentliche Trauung vollzogen. In ganz frommen Kreisen ist es nicht unüblich, dass ein Tallith, ein Gebetsumhang, die Chuppa bildet. Vier Männer halten die Ecken des Tallith während der gesamten Zeremonie hoch über das Brautpaar und den Rabbiner.
Wo wird eigentlich geheiratet? Seit Urzeiten war üblich, es unter freien Himmel zu tun. Es ist wirklich ein besonderes Gefühl, draußen zu heiraten, zwischen Himmel und sich selbst nur die Chuppa zu wissen. In Israel wird die Zeremonie längst wieder im Freien abgehalten, doch in der Diaspora war es viele Jahrhunderte nicht möglich. Es war zu gefährlich, weil man jederzeit den Überfall von Nichtjuden befürchten musste, oder es gab in den dicht gedrängten, engen GeĴ os schlicht keinen freien Platz. StaĴ dessen heiratete man in der Synagoge. Die Chuppa wird dabei auf die Empo-45
PюѢљ Sѝіђєђљ
WюѠ іѠѡ јќѠѐѕђџӓ
re gestellt, direkt vor dem Aron haKodesch, dem Schrein, in dem die Thorarollen auĠ ewahrt werden. Natürlich ist auch die Hochzeit in einer Synagoge sehr feierlich und bis heute ist es in manchen Diasporagemeinden üblich, im jüdischen GoĴ eshaus zu heiraten oder in einem Hotel zusammen in einer geschlossenen GesellschaĞ , weil man sich da sicher sein kann, dass die Atmosphäre wirklich vollkommen jüdisch ist und von außen durch nichts gestört wird.
Der Bräutigam steht also unter der Chuppa. Und nun wird die Braut von ihrem Thron, begleitet von zwei Frauen, wenn möglich der eigenen MuĴ er und der MuĴ er des Bräutigams, zur Chuppa gebracht. In orthodoxen Kreisen wird die Frau unter der Chuppa siebenmal um den Mann herumgeführt.
Dies ist eine kabbalistische Zeremonie – die Zahl 7 ist ja eine mystische Zahl –, der zufolge die Seele der Frau die Seele des Mannes »einwickelt«, sich mit der Seele des Mannes verbindet und sie mit weiblicher Fürsorglichkeit auch für alle Zeiten hegt und schützt. In moderneren Gemeinden wird dieser Brauch abgelehnt. Liberale Juden halten diesen Akt für nicht zeitgemäß, da er die Gleichberechtigung von Mann und Frau unterminiert.
Jetzt endlich beginnt die eigentliche Trauung. Es werden Segenssprüche gesagt, und schließlich streiĞ der Bräutigam seiner Frau über ihren Zeigefi nger einen goldenen Ring als Geschenk mit den hebräischen Worten: »Mit diesem Ring bist du mir angetraut« – manchmal auch ›angeheiligt‹ – »nach dem Gesetz Moses und Israels.« Die Ketuba wird vorgelesen, nach dem Segen über einen Becher Wein trinken Ehemann und Ehefrau das erste Mal aus ein und demselben Glas. Es folgen, bereits unter der Chuppa, die Schewa Brachot, »die sieben Segenssprüche« für das Brautpaar, in frommen Kreisen fi nden diese auch an den darauf folgenden sieben Abenden 46
PюѢљ Sѝіђєђљ
WюѠ іѠѡ јќѠѐѕђџӓ
jeweils im Haus von Freunden staĴ . Schließlich und endlich kommt ein besonderer Moment: Dem Mann wird ein leeres Glas auf den Boden gelegt, das
Weitere Kostenlose Bücher