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Was Katzen wirklich wollen

Was Katzen wirklich wollen

Titel: Was Katzen wirklich wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Mircea Pfleiderer , Birgit Rödder
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Gärten. Sie hat als Stadtkatze großes Glück, weil sie jeden Tag ins Freie darf. Dort streift sie umher, macht ein Nickerchen im Sonnenschein, zankt sich mit der Nachbarskatze, und gelegentlich läuft ihr eine unvorsichtige Hausmaus über den Weg. So wie eben gerade.
    Na, das ist doch mal eine Abwechslung! Sonst gibt es nur langweilige Käfer, kleine Heuschrecken oder die Nachtfalter am abendlich erleuchteten Fenster.
    Minerva kann den Absprung kaum erwarten. Sie ist so aufgeregt, dass sie die Maus fast verfehlt und obendrein beinahe im Gartenteich gelandet wäre. Noch einmal Glück gehabt. Die Maus ist schreckgelähmt. Minerva tatzt sie ein paarmal an, denn das apathische Opfer sitzt bloß still, anstatt die Katze durch Fluchtversuche zu erfreuen. Schließlich nimmt Minerva den kostbaren Fund locker in den Fang und trägt ihn in die Stube, wo sie sonst auch immer spielt.
    Sie lässt die Maus auf den Teppich fallen und tippt sie mit der Pfote an. Endlich besinnt sich die Maus auf die Flucht. Minerva läuft hinter ihr her, tatzt wieder, erst ganz vorsichtig, dann beherzter. Die Maus quietscht und läuft weg, und das Spiel geht weiter, bis der Maus wieder eine vorläufige Flucht gelingt, diesmal zum Leidwesen von Minerva unter die Kommode mit den niederen Füßen. Das Spiel ist vorbei.
    Immerhin kann Minerva noch lauern, auch das ist einige Minuten lang ganz unterhaltsam.
    Jedenfalls ist es viel besser als das letzte Mal, als die Hausfrau ihr schimpfend die Maus weggenommen und hinausgeworfen hatte.
    Irrtum und Wahrheit: Auffallend viele Hauskatzen sind wie Minerva nicht imstande, einen zielführenden Tötungsbiss anzubringen. Stattdessen spielen sie ihre Beute zu Tode. Dies ließ die Verhaltensforscher früher irrtümlich annehmen, dass junge Katzen den Tötungsbiss erst lernen müssten. Mittlerweile konnte durch Experimente mit lokalen elektrischen Hirnreizungen bewiesen werden, dass selbst völlig erfahrungslose Katzen den Tötungsbiss durchzuführen vermögen, wenn auch in primitiver Form, das heißt ohne präzise Zielrichtung zum Nacken.
    Woran liegt es dann, dass viele unserer Sofatiger nur jagen, ohne zu töten?
    Zucht: Bei manchen Rassekatzen, seltener auch bei gewöhnlichen Hauskatzen, kommt es vor, dass der Antrieb nur sehr schwach oder gar nicht angelegt ist, weil er gewissermaßen »weggezüchtet« wurde. Solche Katzen belauern, springen und packen eine Beute zwar, aber an diesem Punkt bricht die Handlungskette regelmäßig ab, die Katze lässt das Tier laufen und hascht erneut danach.
    Nichtbetätigung: Je länger eine Katze keine Gelegenheit zum Töten hat oder diese bisher nie hatte, desto stärker muss die Anregung sein, um Mieze »über die Schwelle« zu helfen. So eine Anregung kann zum Beispiel die unmittelbare Konkurrenz anderer Katzen sein oder die Schnelligkeit eines Beutetiers beim Wegrennen.
    Bleibt der Anreiz zum Töten aus, verschwindet die Fähigkeit dazu. Solche Katzen werden letztlich zum richtigen Zubeißen unfähig –, obwohl die Anlage dazu vollständig vorhanden ist – weil es keinen natürlichen Reiz mehr gibt, der stark genug sein könnte.
    Furcht: Selbst kleinste Beutetiere kämpfen mit allen Mitteln um ihr Leben. Sie wehren sich mit Bissen, Tritten oder durch Verspritzen übel riechender oder scharfer Flüssigkeiten. Deshalb sind unerfahrene Katzen besonders vorsichtig und ziehen die weiter unten geschilderte Ermüdungstaktik mit Tatzenschlägen vor. Jede Katze, die mit den Reaktionen eines Beutetiers nicht vertraut ist, wird es vermeiden, diesem mit dem Gesicht zu nahe zu kommen, doch genau das wäre für einen Zubiss nötig. Erfahrene Katzen können abschätzen, wann etwa eine Ratte »fertig« für den Fangbiss ist. Die im Jagen ungeübte Stadtmieze kann dies nicht. Sie wird selbst ein harmloses Mäuslein so lange mit den Pfoten traktieren, bis es sich ganz sicher nicht mehr rührt.
    Motivation: Wird die gesamte Abfolge der Jagd vom Belauern bis zum Töten über längere Zeit versäumt, spielen selbst ausgehungerte Katzen erst eine Weile mit der Beute, ehe sie dieselbe verzehren. Der angestaute und noch nicht vollständig ausgelebte Jagdtrieb muss erst abreagiert werden. Interessant ist hier der deutliche Unterschied zwischen Falb- und Hauskatze: Fast alle Falbkatzen, die ich beim Spielen mit Beutetieren beobachtet habe, töteten erst und spielten hinterher. Hauskatzen hingegen nehmen oft jede Gelegenheit zum Spielen wahr. Sie spielen sowohl mit lebenden als auch mit toten

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