Was Katzen wirklich wollen
nennen, aber nicht im Sinne, dass in solchen Momenten das Wildtier in einer Hauskatze hervorbricht. Solche Momente, die viele Katzen durchleben, sind vielmehr ein Ausdruck des Übermuts. Ich habe sie nur bei gut gehaltenen, sorgenfreien Hauskatzen erlebt. Sogar zugelaufene Streuner, von der Last ihrer Sexualität (→ > ) und des täglichen Fleischerwerbs befreit, entwickeln solche Verhaltensweisen. Große, brave Jägerinnen attackieren ein Heupferdchen wie eine gefährliche Ratte und kämpfen es nieder, würdige Kater rennen wie kleine Kätzchen einen Baumstamm hinauf, um zwischen den Ästen herumzuturnen.
Kein Zweifel – in unserer niedlichen Miezekatze steckt noch sehr viel von einem Wildtier.
Das wilde Erbe
Ein Wildtier ist unsere Hauskatze dann, wenn sie ein echtes Beutetier sieht, wenn sie ungestört ihrer Wege geht, wenn sie auf Erkundung aus ist und wenn sie schläft. Dann träumt sie vielleicht von heroischen Kämpfen, charmanten Katzen und gefährlichen Feinden.
Die Katze vom Bauernhof, der scheue, obdachlose Herumtreiber, die verwilderte Katze im Feld, sie alle sind, abgesehen von ihrem Aussehen, kaum von ihrer wilden Stammform zu unterscheiden.
Auch die Familienkatze mit Auslauf, selbst die verhätschelte Wohnungskatze hat noch ein beträchtliches Maß an Wildtier in sich. Die Effekte der Domestikation treten in der Katze vor allem immer dann zutage, wenn sie Zuwendung vom Menschen verlangt und wenn sie ihren Menschen in den Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit stellt – und sei es bloß beim Futterbetteln.
Nur eine Rassekatze ist ein echtes, wenn auch sehr, sehr junges Haustier – durchschnittlich weniger als 100 Jahre alt! Eine »gewöhnliche« Hauskatze ist dies nicht. Die Hauskatze, Felis silvestris forma catus, wie die korrekte zoologische Bezeichnung lautet, hat sich nicht nur vom Aschenputtel zur farbenfrohen »Prinzessin Seidenhaar« entwickelt. Sie hat auch ein besonderes Anschlussbedürfnis an den Menschen »einprogrammiert« bekommen, obwohl sie in vieler Hinsicht (fast) ein Wildling geblieben ist.
In Afrika und Vorderasien, der Heimat der Falbkatzen, können Hauskatzen ebenso frei wie sie, unabhängig von Mensch und Kultur überleben.
Sie sind für ein Leben in Steppen, Savannen, Halbwüsten und lichten Wäldern nach wie vor perfekt angepasst und stehen darin ihrer wilden Stammmutter nicht nach. Durch ihre größere Fruchtbarkeit können sie diese sogar verdrängen.
Auch in der Kulturlandschaft findet man leider viele verwilderte Hauskatzen. Selbst ausgesetzte Wohnungskatzen sind noch in der Lage, einige Zeit draußen zu überleben – irgendwie. Dass sie dabei nicht glücklich sind, zeigen nicht wenige, wenn sie ein neues Zuhause bekommen und sich weigern, je wieder Freigang zu genießen.
Jagen und Fressen
AJA, EINE ALLGÄUER BAUERNKATZE, ist eine erfahrene, fleißige Mäusejägerin. Schon frühmorgens, beim ersten Tageslicht, verlässt sie die warme Küche, um eines »ihrer« Felder aufzusuchen. Sie setzt sich vor ein Mauseloch und wartet – lange, mitunter sehr lange. Ajas hochempfindliche Ohren sind nach vorn gerichtet. Sie vernehmen das Piepsen der Feldmäuse in ihren unterirdischen Bauten.
Plötzlich hört sie winzige Füßchen scharren. Aja duckt sich, setzt noch einmal kurz die Füße zum perfekten Absprung zurecht. Grashalme rascheln.
Ein kurzer Sprung, und schon ist Maus im Griff der krallenbewehrten Pfoten. Ein gezielter Biss in den Mäusenacken tötet die Maus auf der Stelle.
Kurz darauf ist Aja unterwegs nach Hause, in dessen Schutz sie ihre Beute verzehren wird. Nach einem ausgiebigen Putzen zieht sie erneut los auf die Jagd, bei jedem Wetter, zu jeder Jahreszeit.
So eine kleine Maus gibt für eine gestandene Katze nicht viel her.
Geschickt und lautlos – Katzen sind perfekte Jägerinnen
Vergleicht man die Pirsch unserer Allgäuerin mit der Jagd ihrer wilden Urahnin, der Falbkatze, so findet man nicht viele Unterschiede. Auch Falbkatzen gehen in früher Morgendämmerung auf die Pirsch, jagen, fressen und pirschen weiter.
Zwischendurch gibt es zur Entspannung kleinere Ruhepausen. Selbst ihre Lieblingsbeute ist fast gleich; es sind nahezu immer kleine Nagetiere.
Die geborene Jägerin
Eigentlich sind – grob gesehen – die Jagdmethoden sämtlicher Katzen ziemlich ähnlich. Sie pirschen und jagen allein, sie lauern, schleichen und springen, sie benützen ihre Pfoten, um ihre Beute aus einem Loch hervorzuangeln, zu packen oder festzuhalten, sie töten ihre Beute
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