Was Katzen wirklich wollen
entstehen rein zufällig, etwa wenn eine Katze ihren Kopf an der Trockenfutterbox reibt und diese vom Regal herunterfällt – und das Futter herauskullert. Ist Mieze sensibel und erschreckt sich vor dem lauten Geräusch, wird sie den Ort mit der Futterbox in Zukunft eher vorsichtig betreten.
Eine weniger schreckhafte Katze freut sich einfach über das Extrafutter. Die Futterbelohnung wird sie wahrscheinlich dazu bringen, sich wiederholt im Regal herumzudrücken, spätestens wenn sie wieder hungrig ist.
Versuch und Irrtum
Mieze hat jetzt vielleicht eine vage Idee davon, dass Regal, Box, Kopfreiben und Futter in einem Zusammenhang stehen, aber noch nicht das volle Erfolgsrezept, das Herunterwerfen, erfasst. Die wesentlichen Verhaltensweisen für ein garantiertes Erfolgserlebnis erlernt sie – wenn man sie lässt – durch Ausprobieren. So kann sie die effektivste Methode herausfinden, die zu einem Erfolg führt, ebenso wie beim Mäusefangen. Man bezeichnet dies als Lernen durch Versuch und Irrtum.
Die operante Konditionierung
Was so kompliziert klingt, ist nichts anderes als das Prinzip des Lernens am Erfolg. Es wird angewendet, wenn Tiere zum Beispiel in wissenschaftlichen Experimenten Lernaufgaben lösen oder wir ihnen Kunststückchen beibringen (→ > ). Der Forscher lässt seine Probanden dabei Hebel oder Knöpfe drücken oder sie am Touchscreen »arbeiten«. Als Familienmitglied lernt Mieze auf diese Weise zum Beispiel »Männchen« zu machen, oft aber leider auch, so lange zu maunzen, bis wir sie füttern (→ > ). Eine Schlüsselfunktion fällt dabei stets den unmittelbaren Konsequenzen ihres Verhaltens zu, nämlich Erfolg oder Misserfolg beziehungsweise Belohnung oder Strafe.
IGNORIEREN – ZUSTIMMUNG ODER STRAFE?
Auch wenn sie nicht im eigentlichen Sinne bestraft wurde, kann eine Katze einen Misserfolg erleben, nämlich wenn sie schlichtweg nicht bekommt, was sie sich durch ihr Verhalten erhofft hat. Dies gilt insbesondere für alle ausbleibenden Belohnungen, sei es, dass sie Ihre Aufmerksamkeit nicht erhält oder dass Sie nicht darauf eingehen, wenn Ihre Katze Sie zum Spiel auffordert. Wählt Mieze eine unerwünschte Verhaltensweise, um ihr Ziel zu erreichen, etwa Kratzen an der Tapete, reicht es in diesen Fällen aus, sie zu ignorieren. Das bedeutet, die Katze nicht anzusprechen, auch nicht zu schimpfen, noch nicht einmal anzuschauen. Krönen kann man das eigene ignorante Verhalten noch, indem man zügig den Raum verlässt. Aber schon nach einer halben Minute können Sie Mieze eine neue Chance geben, sich eine alternative, »bessere« Verhaltensweise auszusuchen – die Sie dann durch Spiel oder Aufmerksamkeit belohnen. Vor allem, wenn Sie ihr Kratzen früher immer »belohnt« haben, wirkt das Ignorieren als Strafe, da die erwartete Zuwendung ausfällt.
Geht es Mieze jedoch nicht um Ihre Aufmerksamkeit, sondern will sie nur ihre Krallen wet- zen, um sie zu pflegen und ihren Duft zu hinterlassen, ist ihr Verhalten selbstbelohnend. Der Katze dabei zuzuschauen und nicht weiter zu reagieren, fasst diese als Ihre Zustimmung auf und wird in Zukunft immer wieder an derselben Stelle fleißig kratzen – schließlich spricht ja nichts dagegen.
Was Ihre Katze mit ihrem Verhalten bezweckt, können Sie gut herausfinden, indem Sie den Raum verlassen, sobald Mieze mit dem unerwünschten Verhalten beginnt: Kratzt sie weiter, ist es selbstbelohnend. Hört sie auf, sucht sie Ihre Zuwendung.
Erfolge und Belohnungen
Gute Erfahrungen führen also dazu, dass das vorher gezeigte Verhalten wiederholt beziehungsweise verstärkt wird, die gezielte Belohnung wird daher auch Verstärkung genannt.
Positive Verstärker: Durch sie wird der Katze etwas Gutes zugefügt. Es kann sich um Futter oder Spiel handeln, aber auch um eine Streicheleinheit, Ansprache, Aufmerksamkeit oder das Öffnen einer Tür, um nur einige Beispiele zu nennen. Entscheidend ist, dass die Katze es – in der jeweiligen Situation – als angenehm empfindet. Auch eine Katze, die sich an und für sich gerne auf den Arm nehmen und streicheln lässt, wird dies nicht toll finden, wenn sie eigentlich gerade spielen möchte. Genauso wenig wird sie Futter als Belohnung empfinden, wenn sie pappsatt ist.
Negative Verstärker: Auch sie wirken belohnend, nämlich indem etwas Unangenehmes entfernt wird. Wann immer Sie die Transportbox öffnen, die Ihrer Katze verhasst ist, oder Ihre Katze loslassen, nachdem Sie sie gegen ihren Willen festgehalten haben, verstärken
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