Was kostet die Welt
Schwein« gerufen und das schnell wieder weggewischt, worauf sie sich gegenseitig ausgekitzelt und auf dem flauschigen Flokati im Schlafzimmer gewälzt haben, er wollte mit ihr schlafen, aber sie hatte noch so viel zu tun, Unterricht vorbereiten, »später, mein Ferkelchen«, sagte sie und küsste ihn auf die Nasenspitze, aber später sind sie dann doch einfach eingeschlafen, egal, er hatte sowieso schon vor dem Computer gewichst, als sie unter der Dusche stand, Sasha Grey ist aber auch echt heiÃ, hoffentlich erwischt Andrea ihn niemals dabei, er löscht auch immer akribisch den Verlauf des Browsers, wenn er auf Pornoseiten war, er ist da wirklich vorsichtig, weil die Andrea, die kann eine ganz schöne Furie werden, beim Autofahren zum Beispiel, wenn er sie darauf aufmerksam macht, dass die Scheibenwischer noch laufen, obwohl es gar nicht mehr regnet, er hasst es, wie die Scheibenwischer dann auf der längst trockenen Windschutzscheibe quietschend ihre monotonen Runden drehen, ist ja auch nicht gut für die Wischblätter, aber sie geht dann immer gleich an die Decke, »Willst du vielleicht fahren?«, und dann geht das groÃe Diskutieren los, deswegen sagt er jetzt meistens gar nichts mehr, die Andrea, die kann einen wirklich in Grund und Boden reden, ihre Waffen sind die Wörter, und sie macht gern davon Gebrauch, im Regal stehen ihre zahlreichen Aktenordner aus der Unizeit, darüber Ratgeber mit Titeln wie »Exploratives Lernen: Der persönliche Weg zum Erfolg«, »Energiekompetenz: Produktiver denken, Wirkungsvoller arbeiten, Entspannter leben« oder »Ich rede - Kommunikationsfallen und wie man sie umgeht«, auch einer
über kreatives Schreiben, denn Andrea würde unheimlich gerne ein eigenes Buch schreiben, sie hat nur die dunkle Ahnung, dass ihr Roman »Mein stinködes Leben in Wittlich« nicht unbedingt ein Kassenschlager werden würde, aber sie hat ja Zeit, das ganze Leben liegt noch vor ihr, und mit dem Job ist sie ja nun auch wirklich genügend ausgelastet, sie kniet sich da echt rein, sie will nicht so eine zynische Lehrerin sein, sondern eine mit Engagement und tollen Ideen, und mit Yannik, das ist zwar nicht mehr wie am ersten Tag, aber das kann man ja auch wirklich nicht erwarten, na ja, sein Schmatzen geht ihr manchmal wirklich auf den Zeiger, und dass er, wenn er getrunken hat, nachts mit den Zähnen knirscht, überhaupt trinkt er manchmal ein bisschen zu viel, und dann seine blöde Angewohnheit, den Wagen immer erst zu tanken, wenn die Tankanzeige schon leuchtet, und wie er sie immer anpflaumt, dass sie die Scheibenwischer ruhig abstellen kann, manchmal bereits fünf Sekunden, nachdem es aufgehört hat zu regnen, diese typisch männliche Schlaumeierei regt sie wirklich auf, da hätte sie ja gleich Mario Barth heiraten können, aber ein paar Differenzen gibt es ja immer, und alles in allem, einen Besseren als ihn wird sie wohl in diesem Leben nicht mehr finden, also kein Grund, sich zu beklagen, und jeder hat einen lustigen Zahnbürstenhalter im Bad, sie ein grienendes rotes Teufelchen, das die Zahnbürste wie einen Speer hält, er einen Bart-Simpson-Zahnputzbecher, haben sie sich gegenseitig zum Valentinstag geschenkt, beide dieselbe witzige Idee, absoluter Zufall, vielleicht Telepathie, groÃe Liebe in jedem Fall.
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So wird es sein. Oder so ähnlich. Jedenfalls, die beiden langweilen mich jetzt schon zu Tode.
Das Blöde ist nur, dass sie so freundlich sind. Sie bieten mir Wein an und fragen alles Mögliche. Wo ich herkomme und was ich hier mache. Ich antworte einsilbig.
»Berlin. Urlaub. Nur so. Ja. Nein.«
Aber das scheint sie nicht zu stören. Andrea strahlt mich honigkuchenpferdig an, die Mundwinkel in Stellung und die Glubscher auf Anschlag. Yannik kaut einfach munter weiter. Er mahlt die ganze Zeit auf demselben Stück herum, oder dem gleichen, was weià ich. Es kann sich jedenfalls nur noch ein völlig zermatschter Brei in seinem Mund befinden, den man gar nicht mehr zerkauen kann.
Oder er kaut gar kein Speckbrot, sondern hat einfach nur zu viel Speed gezogen und zermalmt sich gerade den Kiefer. Vielleicht ist er hier ja der örtliche Drogendealer. Das würde auch die Augen seiner Freundin erklären.
»Und wie gefälltâs dir hier so, bei uns in der Provinz?«
Bevor ich mir ein weiteres Mal eine unverlangte Rechtfertigungsrede fürs Landleben anhören muss,
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