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Was macht der Fisch in meinem Ohr

Was macht der Fisch in meinem Ohr

Titel: Was macht der Fisch in meinem Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia David u Morawetz Bellos
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weniger Monate hatten gewitzte Studenten ausgetüftelt, wie sich Chomsky widerlegen ließ, und schon bald fanden an der Stanforder Universität Wettbewerbe um Texte statt, in denen »Colorless green ideas sleep furiously« nicht nur als grammatischer, sondern auch als sinnvoller Ausdruck auftrat. Hier ist einer der preisgekrönten Beiträge:
    Es kann nur der Gedanke an das dereinst sprießende Grün sein, der uns im Herbst dazu veranlasst, diese schlafenden weißen, mit papierdünner brauner Haut überzogenen Klümpchen pflanzlicher Materie zu kaufen, sie mit viel Liebe einzupflanzen und zu versorgen. Es dünkt mich ein Wunder, wie sie sich unter ihrer Hülle unsichtbar und mit so viel Eifer regen und uns plötzlich die überwältigende Schönheit von Frühlingsblühern schenken. Wenn der Winter regiert, ruht die Erde, doch diese grünen Formen schlafen rastlos. 1
    Heute stünden Chomskys »colorless green ideas« vielleicht für die Tagesordnungspunkte bei den Beratungen des Kopenhagener Weltklimagipfels vom Dezember 2009, und mit rastloser Schlaf wäre das dürftige Ergebnis der Konferenz passend bezeichnet. Nicht die Feststellung, dass Menschen mit Sprache spielen und autoritative Verallgemeinerungen eben häufig widerlegen, ist hier der springende Punkt, sondern vielmehr dieser: Man kann, in welcher Sprache auch immer, keinen grammatisch korrekten Satz konstruieren, bei dem ein für alle Mal ausgeschlossen ist, dass er nicht doch im Kontext einer ihm Sinn verleihenden Äußerung verwendet werden kann. Das heißt auch, dass alles, was man sagen oder schreiben kann – sogar Unsinn –, sich (irgendwann) auch übersetzen lässt. Verdi idee senza colore dormono furiosamente.
    Damit die Übersetzung von Äußerungen gelingt, die eine übliche Handlung dadurch vollziehen, dass sie geäußert werden – grüßen, bestellen, befehlen und so weiter –, muss die Zielsprache entsprechende Gepflogenheiten bei Dingen kennen, die man mit Wörtern tun kann. Nun unterscheiden sich Kulturen und Sprachen aber erheblich darin, wie Menschen Dinge mit Wörtern tun. Ein Versprechen mag überall auf der Welt ein Versprechen sein, aber die Gelingensbedingungen und die sprachlichen Formen, die als angemessen für die Abgabe eines Versprechens angesehen werden, können zwischen Japan und den USA etwa stark abweichen. Eine Wendung wie »Versprochen, Hand aufs Herz« muss man nicht wortwörtlich übersetzen, um eine ähnlich verbindliche Zusage in der Zielsprache zu formulieren. Noch einmal, die (mündlich oder schriftlich) jeweils geäußerten Worte sind nicht der einzige, ja nicht einmal der vorrangige Gegenstand der Übersetzung, wenn es, wie ja immer, auf die Bedeutung einer Äußerung ankommt.
    Das betrifft nicht nur die Gruppe von Verben, die Austin die performativen nannte. Was man mit Wörtern tun kann, geht weit über den Bereich von Verben wie versprechen, mahnen, adeln, taufen und so weiter hinaus, der die Aufmerksamkeit des Philosophen gefunden hat, und es bietet sich an, diese gar nicht so besonderen Verben nur als Beispiel zu betrachten, mit dem sich ein allgemeinerer Aspekt der Sprachverwendung erfassen lässt. Wenn ich zu einem Bekannten, dem ich zufällig begegne, »How are you?« sage, vollziehe ich die soziale Konvention des Grüßens mit einer dabei üblichen Äußerung. Unabhängig davon, ob ich ein performatives Verb verwende (wie in »Salaam, Eure Hoheit, ich grüße Euch ergebenst«) oder nicht (wie in »Hi!«), ist der Ausdruck, der den Akt des Grüßens konstituiert, bedeutungsvoll nur kraft der Handlung, die ich mit ihm vollziehe. Man könnte das »Grüßen« als eine Form oder Ebene oder ein Genre der Sprachverwendung begreifen. Es ist nicht schwer zu verstehen, dass »How are you?« in eine andere Sprache zu übersetzen heißt, die Konvention des Grüßens zu übersetzen und nicht die Bestandteile »how«,»are« und »you« des Grußes. Aber was nach wie vor in Reiseführern als angemessener Sprachgebrauch gilt, ist in vielen anderen übersetzerischen Kontexten nicht weniger angemessen. Die Übersetzung eines Strickmusters beispielsweise, die nicht den zielsprachigen Konventionen für Strickmuster folgt, ist vollkommen unbrauchbar, und eine übersetzte Androhung von Rache, die nicht den in der Zielkultur üblichen Drohformeln entspricht, ist weder eine Drohung noch eine Übersetzung.
    Im Sommer 2008 brachte das Wall Street Journal eine brandaktuelle Meldung unter folgender Schlagzeile:
    GOP VEEP PICK ROILS

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