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Was macht der Fisch in meinem Ohr

Was macht der Fisch in meinem Ohr

Titel: Was macht der Fisch in meinem Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia David u Morawetz Bellos
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verwenden; im 19. Jahrhundert wiesen die Übersetzungen französischer Romane ins Englische deutliche Anzeichen derselben Bewegungsrichtung auf.
    Der Unterschied zwischen aufwärts - und abwärts -Übersetzen ist folgender: Übersetzungen in weiter verbreitete und angesehenere Sprachen sind normalerweise besonders adaptiv und tilgen die meisten Spuren der Textherkunft aus einer Fremdsprache, wogegen abwärts -Übersetzungen zum Erhalt sichtbarer Reste der Quelle tendieren, da das Fremde hier Träger des Prestiges ist. Als Marcel Duhamel nach dem Zweiten Weltkrieg in Paris die Série noire aus der Taufe hob, eine Krimireihe, war ihm daran gelegen, dass die Übersetzungen der amerikanischen Romane, die er in Frankreich bekannt machen wollte, auch im Französischen massenhaft Amerikanismen enthielten. Er verlangte sogar von seinen französischen Autoren (die mehr als die Hälfte aller Texte lieferten), dass sie sich amerikanisch klingende Pseudonyme zulegten: Die Leser sollten glauben, dass sie das »einzig Wahre« bekamen.
    Nirgends aber zeigt sich die Vielschichtigkeit und Widersprüchlichkeit der Sprachenhierarchien besser als in der Geschichte der Bibelübersetzungen – zunächst im Westen und später weltweit.
    Das Bibelübersetzen kam nur langsam in Gang. Die erste fremdsprachige Version der jüdischen Thora war die Septuaginta, geschrieben circa 240 v. u. Z. in der Koine (siehe S. 135). Andere griechische Versionen folgten, ins Lateinische wurde sie aber erst kurz vor Beginn der christlichen Zeitrechnung übersetzt, etwa zur gleichen Zeit, als die Juden selbst ihre zuvor nur mündlich überlieferten heiligen Texte schriftlich niederlegten, um sie auf Aramäisch zugänglich zu machen. Fünf Jahrhunderte später waren es immer noch bloß zehn Sprachen, die über schriftliche Fassungen des Alten und des Neuen Testaments verfügten (Griechisch, Latein, Aramäisch, Syrisch, Koptisch, Armenisch, Georgisch, Gotisch, Altäthiopisch und Persisch); fünf weitere Jahrhunderte mussten vergehen, bis gegen Ende des ersten Jahrtausends die Gesamtzahl auf 19 angestiegen war. Im ausgehenden 15. Jahrhundert, das die Erfindung des Buchdrucks erlebte, waren es rund 50; um 1600 war die Zahl auf 61, um 1700 auf 74 und um 1800 auf 81 gestiegen. Eine beachtliche Zahl, zugegeben, aber ein Klacks verglichen damit, was folgte. Im 19. Jahrhundert kamen mehr als fünf neue Sprachen pro Jahr hinzu, wodurch die Zahl zu Beginn des 20. Jahrhunderts auf 620 angestiegen war. Dann nahm die Sache richtig Fahrt auf. Zwischen 1900 und 1999 wurde durchschnittlich eine neue Bibelübersetzung pro Monat fertiggestellt, wodurch die Zahl der Sprachen, in denen das Alte und das Neue Testament in vollständiger oder wenigstens teilweiser Übersetzung vorlag, bis zum Jahr 2000 auf 2403 emporgeschnellt war. 1
    Trotz seiner Anfänge in der Antike und im Mittelalter ist das Bibelübersetzen, quantitativ betrachtet, überwiegend ein Ereignis des 20. Jahrhunderts. Und ein Mann, Eugene Nida, die angesehenste Autorität auf diesem Gebiet, beaufsichtigte über viele Jahrzehnte den größten Teil des Geschehens.
    Selbst übersetzt hat Nida die Bibel nie. Als Sprachberater für den Weltbund der Bibelgesellschaften wirkte er daran mit, die Qualität der Bibelübersetzungsprojekte zu gewährleisten, die nach dem Zweiten Weltkrieg in großer Zahl entstanden. In dieser Eigenschaft hielt er auf der ganzen Welt Vorträge und nahm mit laienhaften Begriffen auch Stellung zu strittigen Fragen der Sprache und der Kultur, die aus anderer Perspektive in Kapiteln dieses Buchs behandelt werden.
    Nida unterschied bei Übersetzungen zwischen zwei Arten von Äquivalenz: der formalen Äquivalenz, bei der sich Wortfolge und normale oder einfache Bedeutung der Wörter eng an die Syntax und den Wortschatz der Quelle anlehnen; und der dynamischen Äquivalenz (später in funktionale Äquivalenz umgetauft), bei der der Übersetzer Wendungen des Quelltexts durch Ausdrücke ersetzt, die in der Kultur der Empfängergesellschaft dasselbe mit gleichem Sinngehalt sagen. Nida verfocht ungeniert die Ansicht, dass – soweit es die Bibel betraf – nur die dynamische Äquivalenz den angestrebten Zweck erfülle. In diesem Sinne erneuerte er den Anspruch des Übersetzers auf das Recht, frei und nicht »wörtlich« zu übersetzen. Sein vorrangiges Anliegen – es ist auch das des Weltbunds der Bibelgesellschaften – war, die Heilige Schrift allen Menschen zu bringen, aber eben auch wirklich die Heilige

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