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Was macht der Fisch in meinem Ohr

Was macht der Fisch in meinem Ohr

Titel: Was macht der Fisch in meinem Ohr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia David u Morawetz Bellos
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von Geräuschen einer sehr kleinen, seit Langem domestizierten Reihe von Haustieren ausgenommen – kein Mensch weiß, wie sich »tierische Zeichen« in menschliche Sprache oder vice versa übersetzen lassen. Sollte es jemals gelingen, nicht menschliche Geräusche in menschliche Sprache zu übersetzen, verschwinden spezies-spezifische Unsagbarkeiten wie der Morgennebel.
    Übersetzen ist der Feind des Unsagbaren. Es bringt es zum Verschwinden.

15. VON BIBELN UND BANANEN: AUFWÄRTS UND ABWÄRTS BEIM ÜBERSETZEN
    Zuerst einmal ein bisschen Mathe. Für beliebige drei Sprachen ergeben sich 3 × 2 = 6 verschiedene Übersetzungsrichtungen. Rechnen Sie’s ruhig nach: Französisch → Russisch, Russisch → Französisch; Französisch → Deutsch, Deutsch → Französisch; Russisch → Deutsch und Deutsch → Russisch. Macht für beliebige vier 4 × 3 = 12; für n Sprachen ergibt das n × ( n -1) mögliche Übersetzungsrichtungen. Bei circa 7000 Sprachen weltweit macht das also 24496500 Sprachpaare, zwischen denen prinzipiell in beide Richtungen übersetzt werden kann, also fast 49 Millionen mögliche übersetzerische Verfahren mit je eigenem Handwerkszeug und eigenen Konventionen. Übersetzen ist eine universelle Fähigkeit menschlicher Gesellschaften und dass auf einem Feld dieser Größe Chancengleichheit besteht, ist zumindest theoretisch denkbar. Praktisch ist die Zahl der Sprachenpaare, zwischen denen Übersetzen stattfindet, allerdings winzig klein im Vergleich zur möglichen Zahl.
    Übersetzen findet nicht kreuz und quer in alle Richtungen statt. Das ist heute so und war nie anders. Aber von wo nach wo findet es statt? Grob und sehr allgemein gesagt: entweder aufwärts oder abwärts . Da ich diese Termini erfunden habe, setze ich sie in Kapitälchen.
    Jede menschliche Sprache stellt der Gemeinschaft ihrer Verwender alle Mittel zur Verfügung, die sie zur Kommunikation benötigt, und in diesem Sinne gibt es keine Hierarchien zwischen ihnen. Übersetzen findet aber nicht im luftleeren Raum statt, sondern nutzt normalerweise eine zwischen Quell- und Zielsprache bestehende Asymmetrie, die sie wiederum verfestigt.
    aufwärts übersetzt wird in eine Sprache mit höherem Prestige als die Quelle. Das Prestige kann aus ihrer langen Geschichte herrühren – so war es zum Beispiel, als man in Assyrien das Akkadische ins Sumerische übersetzte oder als die Übersetzung ins Lateinische dazu diente, die Kunde von den Abenteuern Marco Polos weithin zu verbreiten (siehe 18. Kapitel). In anderer Zeit kann aufwärts bedeuten, in eine Sprache mit größerer Leserschaft zu übersetzen – etwa wenn die Zielsprache für die interkulturelle Kommunikation genutzt wird, wie es beim Französischen im 19. Jahrhundert in Russland und vom 18. Jahrhundert an in den deutschen Ländern der Fall war. Sie kann auch einfach die Sprache der Eroberer sein oder die eines Volks mit größerer Wirtschaftsmacht wie etwa das Russische in den Ländern Zentralasiens zu Zeiten der UdSSR. Prestige kann eine Sprache auch deshalb haben, weil sie das bevorzugte Medium zur Vermittlung religiöser Wahrheiten ist. Diese Rolle haben unter anderem Arabisch, Latein und Sanskrit zu unterschiedlichen Zeiten gespielt.
    abwärts übersetzt wird in eine Sprache mit zahlenmäßig kleinerem Publikum als die Quelle oder in eine mit geringerem kulturellen, ökonomischen oder religiösen Prestige oder in eine, die nicht als Verkehrssprache fungiert. Übersetzungen vom Deutschen ins Ungarische zur Zeit der Doppelmonarchie waren solche nach unten, genauso wie es heute das Übersetzen aus dem Englischen in alle anderen Sprachen ist.
    Das zwischen einem solchen Sprachenpaar bestehende Gefälle wird sich durch eine einzelne Übersetzung zwar kaum verändern, das heißt aber nicht, dass es über lange Zeiträume immer stabil sein muss. Sumerisch, Griechisch, Syrisch, Latein, Englisch und Französisch, um naheliegende Beispiele zu geben, haben im Lauf der Jahrhunderte dramatische Verschiebungen ihrer Plätze in der Rangordnung der Sprachen hinnehmen müssen. Außerdem gilt die Hierarchie häufig nicht für die gesamte Sprache. Auf bestimmten Gebieten kann das Verhältnis zu anderen Sprachen umgekehrt sein oder ganz anders ausfallen. Das Renommee, das Deutsch als Sprache einer angesehenen philosophischen Tradition genießt, hat zur Folge, dass Übersetzer, die Kant, Hegel oder Heidegger ins Englische (oder Französische) bringen, in der Regel Verfahren des abwärts -Übersetzens

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