Was macht der Fisch in meinem Ohr
Spezifik der Bibelübersetzung einmal beiseitelassend stellen wir fest, dass das übersetzerische Hin und Her zwischen zwei Sprachen niemals unter Gleichen stattfindet und in den meisten Fällen sehr unausgewogen ist. Die Hauptrichtung des Stroms zeigt an, wo es aufwärts geht und was unten los ist.
16. ÜBERSETZUNGSWIRKUNGEN
Einige Bibelübersetzungen haben die Empfängersprache tiefgreifend und dauerhaft verändert. Die Lutherbibel gilt als Monument des modernen Deutsch, und die King-James-Bibel ist ein Meilenstein in der Geschichte des Englischen. Typisch für das Übersetzen im Allgemeinen ist das aber nicht. Einzelne Übersetzer bewirken häufig nicht das Geringste in der Zielkultur. Ein stetiger Strom übersetzter Literatur aus bestimmten Gebieten jedoch hinterlässt sichtbare Spuren in der Empfängersprache.
Das war Friedrich Schleiermacher klar, als er daranging zu erläutern, wie die griechischen Klassiker am besten ins Deutsche gebracht werden sollten. Mit irgendeinem einzelnen Werk lasse sich nichts ausrichten, betonte er. Nur wenn in großem Umfang griechische Philosophie und griechische Dramen übersetzt würden, könnte die deutsche Sprache »durch die vielseitigste Berührung mit dem Fremden recht frisch gedeihen und ihre Kraft vollkommen entwikkeln«. 1 Abhängig vom Verhältnis zwischen Herkunfts- und Empfängerkultur kann die in der Zielsprache ausgelöste Wirkung freilich so oder so ausfallen.
Die englischen Übersetzungen von Werken der französischen kritischen Theorie aus den sechziger bis neunziger Jahren etwa haben zur Folge gehabt, dass literaturtheoretische Diskurse im Englischen heute einen bisher unbekannten französischen Beiklang haben. Umgekehrt hat die massenhafte Übernahme englischer Ausdrücke die Sprache des Boulevardjournalismus in Frankreich und Deutschland stark verändert: la presse people (ausgesprochen pi-pol ), »die Fashion-Flops des Jahres«, »Xmas-Präsente« oder »Statement-Ketten« sind unübersehbare Anzeichen dessen, was heute als Angleichung der Sprachen angeprangert wird.
Das betrifft nicht nur den Wortschatz. Der kleine, aber tief greifende Wandel, der bei der Einleitung von Dialogen in schwedischer Erzählprosa feststellbar ist, lässt sich auf Übersetzungen englischsprachiger Romane zurückführen. 2 Fügungen des folgenden Typs gibt es in modernen englischen Romanen aller Art wie Sand am Meer:
1. »Versuch’s gar nicht erst«, sagte sie verächtlich.
2. »Das spielt keine Rolle«, sagte er gelassen.
3. »Und jetzt musst du schlafen gehen«, sagte er in freundlichem, aber bestimmendem Ton.
4. »Raus hier«, sagte Frank unvermittelt.
Die Grammatik des Schwedischen schließt Konstruktionen dieser Art nicht aus. Ein Verb des Sagens mit einer näheren Bestimmung (»verächtlich«, »gelassen«, »unvermittelt«) im Anschluss an wörtliche Rede zu setzen ist in schwedischen Romanen aber ziemlich ungewöhnlich. In einem repräsentativen Korpus von 30 schwedischen Romanen kommt diese Konstruktion 64-mal vor, in einem etwa gleich großen Korpus von Romanen, die aus dem Englischen ins Schwedische übersetzt wurden, aber 484-mal. Dieser »Fingerabdruck« des Englischen – genauer, eines Dialogrequisits englischer Romane – ist heute sogar in der schwedischen Originalliteratur sichtbar, allerdings nicht in der gesamten Romanliteratur, sondern speziell im Genre des Krimis. Es ist nur ein kleines, aber bezeichnendes Beispiel für die Vermengungen von Sprache und Stil, die als unbeabsichtigte Folge der Globalisierung häufig kritisiert werden. Doch die Rache der schwedischen Kriminalliteratur ist süß. Auch wenn ein Mittel der englischen Sprache in die Gestaltung schwedischer Dialoge eingesickert ist, so führen die abgebrühten schwedischen Kriminalromane eines Henning Mankell und eines Stieg Larsson doch die Bestsellerlisten weltweit an.
Der amerikanische Anwalt Preston Torbert hat sich mit Nachdruck dafür ausgesprochen, Verschmelzungen anderer Art voranzutreiben. Im Rahmen seiner Tätigkeit für amerikanische Wirtschaftsunternehmen mit Niederlassungen in China hatte er es mit Hunderten von Verträgen zu tun, die in zwei Sprachen – auf Englisch und Chinesisch – abgefasst und in zwei Rechtssystemen als gültig und verbindlich anerkannt sein müssen. Das ist viel verlangt, weil die Rechtssysteme beider Länder sich jahrhundertelang vollkommen unberührt voneinander entwickelt haben und kaum gemeinsame Begriffe kennen. 3
Schwierigkeiten bereitet zum
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