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Was man so Liebe nennt

Was man so Liebe nennt

Titel: Was man so Liebe nennt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Baddiel
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renkte mir Mr. Branston die Schulter wieder ein.«
    »Und?« sagte Emma. »Hat es weniger weh getan?«
    »Es hat höllisch weh getan.« Emma und Joe lachten beide. »Aber vielleicht wäre es sonst noch schlimmer gewesen.«
    »Sah Graham zu irgendeinem Zeitpunkt so aus, als hätte er Schmerzen?« fragte Joe.
    »Nicht, daß ich davon was gemerkt hätte.« Vic holte eine flache Silberschachtel aus seiner Tasche, dann seine Papers und eine Schachtel Zigaretten: Unter all das schob er die erstbeste CD aus dem Regal, »The Bends« von Radiohead.
    »Vic...«, sagte Joe und zeigte matt auf den Tabak. »Es sind keine vierzehn Tage mehr, bis es soweit ist.«
    »Oh, Entschuldigung...«
    »Ach, vergiß es, Joe«, sagte Emma. Vic hielt seinen immer noch auf der CD gestapelten Geheimvorrat hoch und sah von einem zum anderen, als warte er auf eine Entscheidung. »Wirklich, Liebling...«, sagte Emma wieder, streckte die Hand aus und streichelte Joe über die Schulter, um seinen verstörten Gesichtsausdruck zu vertreiben. »Ein passiver Joint wird ihm nicht schaden. Außer vielleicht, daß er lächelnd zur Welt kommt und gleich einen Marsriegel will.«
    Vic lachte und legte die CD vor sich auf den Boden. Joe zuckte die Achseln und rieb sein Ohrläppchen zwischen Daumen und Zeigefinger. Das Ganze war ihm nicht recht, teils wegen des möglichen Schadens, der seinem ungeborenen Kind zugefügt wurde, teils weil er in die Rolle des Spielverderbers gedrängt wurde.
    »Und manchmal mache ich es immer noch«, sagte Vic, während er seine Utensilien zurechtlegte.
    »Was?«
    »Was Mr. Branston mir beigebracht hat. Wenn mir was wirklich Schreckliches bevorsteht, dann stelle ich mir einfach vor, es passiert jemand anderem. Jemand, den ich nicht leiden kann.«
    »Ein bißchen grausam, findest du nicht?« sagte Joe.
    Vic zuckte wieder die Achseln. »Es passiert ihnen ja nicht wirklich was, oder?«
    »Du warst wohl der Lieblingsschüler von Mr. Branston?« sagte Emma lächelnd.
    »Ich weiß nicht«, erwiderte Vic grinsend. Seine Finger krümelten geübt den braunen Klumpen, den er aus der Silberschachtel genommen hatte, auf ein Paper. »Ich glaub’ nicht, daß ich noch sonderlich beliebt bei ihm war, nachdem mein Dad auf einem Elternabend war.«
    »Warum nicht?«
    Er fuhr mit der Zunge über den Papierrand. »Mr. Branston hielt eine kleine Ansprache und sagte, er käme gut mit seinen Schülern aus. >Sie nennen mich Pickley. Wegen meines Namens, wissen Sie.< Und mein Dad sagte: >Ach so. Dann muß es ein anderer Mr. Branston sein, den mein Sohn Mr. Embryoschädel nennt.<«
    Emma prustete vor Lachen los, fast, als hätte sie an dem Joint gezogen, den Vic jetzt anzündete und durch die gewölbte Hand einsog. Auch Joe lachte, aber nur kurz, denn er kannte die Geschichte schon, und als er seine Frau anguckte, die noch fünf Minuten weiterlachte, fühlte er sich ausgeschlossen. Später an dem Abend hatten sie ihren ersten richtigen Krach.

    Joe war jedoch ein Mann, der zu allem bereit war, um seine Ehe zu retten. Den Männer-sind-vom-Mars-, Frauen-von-der-Venus-Unsinn kannte er zur Genüge, und er war zu dem Schluß gekommen, daß es jetzt, genau im Gegensatz zu früher, besser zwischen Emma und ihm lief, wenn sie sich nicht mehr auf sich selbst konzentrierten, sondern auf eine dritte Partei. Und ihre gemeinsame Sorge um Jackson war dazu angetan, zumindest für eine Weile die ehelichen Spannungen zu entschärfen und den Blick von der sich vergrößernden Kluft zwischen ihnen abzuwenden. An dem Wochenende nach der Party bei Sonia und Michelle bot Joe Emma deshalb an, mit zu ihrer Mutter zu fahren.
    »Und was ist mit Jackson?« sagte sie, während sie ihren blauen Diesel-Anorak anzog: Wie all ihre Mäntel war ihr auch dieser Anorak zu groß, und ihre Zartheit darin versetzte Joe einen leichten Stich. »Es ist zu spät, einen Babysitter zu bestellen.«
    »Wir nehmen ihn mit!«
    »O Joe, bitte... Ich bin müde«, sagte sie, und er spürte, wie sich sein Inneres verkrampfte in Erwartung der kommenden Kritik. Emma fuhr sich mit der Hand an den Hals. »Meine Drüsen sind wieder geschwollen.«
    Joe schüttelte mitfühlend den Kopf, überlegte, ob er ihr tröstend über den Hals streicheln sollte. Emma gehörte zu den Menschen, bei denen Streß und Erschöpfung immer auf die Kehle zu schlagen schienen. Sie neigte zu Infektionen dort und zu geschwollenen Drüsen.
    »Und du weißt, wie schwer es ist, mit Mum zurechtzukommen, wenn sie...«, sie suchte nach dem

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