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Was Menschen gutes tun

Was Menschen gutes tun

Titel: Was Menschen gutes tun Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Mangels
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einen jungen Mann, dessen weiße Zeremoniengewänder denen von Jhamel nicht unähnlich waren. Er trat vor, die milchigen, blinden Augen unmittelbar nach vorne gerichtet und mit einem Ausdruck gewichtigen rituellen Ernstes auf den Zügen. Er war vom gleichen Geschlecht wie Shran – ein
thaan
– und schien in etwa in Jhamels Alter zu sein, etwa fünfzehn Jahre jünger als Shran.
    Anitheras th’Lenthar
, sagte Lissan,
willst du ein Ganzes werden und in den gesegneten Stand des
Shelthreths
mit reiner Seele und vollem Herzen eintreten?
    Ich will, ohne Vorbehalte und Zögern
, rezitierte der junge Mann, der Shran besser als Theras bekannt war, die Worte des uralten Rituals, als er einen Schritt auf Lissan zuging.
    Onalishenar ch’Sorichas
, wandte sich Lissan an den anderen jungen Mann des Quartetts, um ihm dieselbe Frage zu stellen. Shenar antwortete auf die gleiche Weise, wie Theras es getan hatte. Auf seinem Gesicht lag ein Ausdruck von beinahe religiöser Ekstase, als er zärtlich Theras’ Hand ergriff.
    Lahvishri sh’Ralaavazh
, rief Lissan die erste der beiden Frauen auf und stellte die uralte
Shelthreth
-Frage erneut. Vishri, eine rundliche junge Frau, die neben der größeren, schlankeren Gestalt von Jhamel stand, trat vor und rezitierte ihrerseits die Ritualworte, bevor sich ihre Hand um Shenars schloss.
    Thirijhamel zh’Dhaven
, sagte Lissan und gebot Jhamel dadurch, sich zu ihren drei Bündnispartnern zu stellen, um die altehrwürdigen Worte ein viertes Mal zu rezitieren. Shran hoffte, dass der Geist ihres Bruders Gareb irgendwo unter ihnen weilte und das Geschehen verfolgen konnte – welche Sinne auch immer toten Aenar zu Gebote standen.
    Selbst in dem schwachen Licht der Höhle fand Shran Jhamels unschuldige Schönheit schlichtweg atemberaubend. Sie lehrte einen Mann Demut. Er bedauerte die gesamte Rasse der Aenar dafür, dass es ihr nicht möglich war, Jhamel so zu sehen, wie er es vermochte.
    Schau sie dir gut an, Shran
, sagte er zu sich selbst, wobei er peinlich darauf bedacht war, seinen Geist so im Zaum zu halten, dass niemand seine Gedanken zufällig mithören konnte, am wenigsten Jhamel selbst.
Du wirst sie nicht mehr oft zu Gesicht bekommen
. Ungeachtet der seltsamen, verzerrenden Schatten, die von der schwachen Beleuchtung der Höhle herrührten, versuchte er sich jede Kontur ihres Gesichts einzuprägen.
    Schon bald würde die Erinnerung an Jhamel alles sein, was ihm noch blieb. Sein kleines ziviles Transportschiff, das einzige Hab und Gut, das er nun, da er nicht länger das Gehalt eines Imperialen Gardisten bezog, besaß, erwartete ihn bereits. Betankt und bereit lag es versteckt in einem Loch im Eis, das sich direkt außerhalb dieser Höhle befand. Sobald er Jhamel und ihren Bündnispartnern Lebewohl gesagt hatte, würde er von hier verschwinden, um sein Glück in der manchmal widerwärtigen Welt des freien interstellaren Handels zu suchen.
    In betrübtem Schweigen sah Shran zu, wie seine Geliebte die Hände von Vishri und Theras ergriff und den kleinen Kreis der vier schloss. Das
Shelthreth
war nun geschlossen, und sie projizierte ihre Gedanken in den Raum, indem sie eine Schrift zitierte, die Shran als frühen liturgischen Kodex des Tempels von Uzaveh erkannte.
So spricht Uzaveh: »Wenn ihr ein Ganzes seid, so wie ich ein Ganzes bin, dann sollt ihr in meinen Schoß zurückkehren und euren Platz an meiner Seite einnehmen.«
    Lissan erhob die Arme über den Kopf, als flehe sie den großen Uzaveh selbst an.
Meine Freunde, ihr seid ein Ganzes. Hiermit erkläre ich euer
Shelthreth
für geschlossen, im Angesicht des Staates, des Volkes und des Throns des Lebens von Uzav…
    Unvermittelt hielt Lissan inne. Eine Woge der Verwirrung ging durch die Menge, wie ein gemeinsamer Gedanke, der auf einem Kanal ausgestrahlt wurde, den Shran nicht empfangen konnte. Doch die Unterbrechung und die eigenartig angespannte Körperhaltung so vieler Anwesender waren mehr als genug, um Shran darauf aufmerksam zu machen, dass irgendetwas überhaupt nicht stimmte.
    Ein helles Summen war zu hören, und Shran brauchte einen Augenblick, um zu erkennen, dass er es mit seinen Ohren und nicht in seinem Geist vernahm. Das Geräusch schien fremdartig und unpassend an diesem Ort, doch sein monatelanger Aufenthalt unter den friedfertigen Aenar hatte seine militärischen Instinkte noch nicht so weit abgestumpft, dass er es nicht erkannt hätte.
    Transporterstrahl
, dachte er, als der Ton der Materialisierungssequenz verklang

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