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Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Titel: Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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mit der Ankunft der Kinder das Interesse an ihr wachsen wird.
    Ich will Sie auch darauf hinweisen, dass der unsägliche Artikel in der Zeitschrift mir in den Folgemonaten eine außerordentliche Menge an Zuschriften eingetragen hat.
    Die meisten der Verfasser aus ganz Europa beglückwünschen mich, manche im Namen von Narcisse oder der Wissenschaft, andere im Namen von Moral und Religion. Ich gebe zu, dass meine Eitelkeit davon nicht unberührt bleibt. Denn – von Ihrer Kaiserlichen Hoheit einmal abgesehen – wer hatte mein Unternehmen bislang gutgeheißen? Ich fühlte mich bei diesem Unterfangen so oft alleine, dass mir am Ende Zweifel kamen, ob ich richtig gehandelt hatte. Diese Ehrerbietungen, auch wenn sie mitunter naiv sein mögen, haben mich mehr bewegt, als Worte ausdrücken können. Einigen war ein Brieflein für den «armen Matrosen» beigelegt.
    Zwei oder drei Kleingeister, immer noch berauscht von bissigerLektüre, wandten sich heftig gegen den «lausigen Betrüger». Ihre Anwürfe landeten unverzüglich im Feuer.
    Der Kommandant Varot erinnerte sich an seine Jahre auf dem Pazifik und schrieb mir eine kundige Abhandlung über die Tätowierungen der Bewohner Tahitis, der Marquesas-Inseln, der Inselgruppe Wallis und jene der Maori. Er bat mich, die chaotischen Tätowierungen des Matrosen Pelletier vollständig abzuzeichnen, um die verschiedenen Stilrichtungen, die er selbst dokumentiert hat, besser voneinander unterscheiden zu können. Natürlich hatte ich das in meinen Heften bereits getan, und ich schickte ihm eine Kopie.
    Professor Guarneri von der Universität Bologna, ein berühmter Hirnforscher, schickte mir eine Zusammenfassung seiner Arbeiten und der besonders interessanten klinischen Fälle, auf die sich seine Theorien stützen. Nachdem er sich mir auf diese Weise vorgestellt hatte, bat er mich um mein Einverständnis zu einem Experiment, welches Narcisse dazu bringen sollte, frank und frei von seinen Erinnerungen an den Aufenthalt in Australien zu berichten. Der versprochene Nutzen ist offenbar beachtlich, doch die Mittel sind es nicht weniger. Er möchte nämlich eine Trepanation durchführen und mit dem Skalpell eine bestimmte Partie des rechten Gehirnlappens einritzen. Seine Ehrlichkeit gebot es ihm, klarzustellen, dass die Operation nicht ohne Risiken für das Leben des Patienten ist und der Erfolg nicht garantiert. Ich zögerte. Den Betroffenen um seine Meinung zu fragen, wäre mir keine Hilfe gewesen, denn er hätte dennoch weder den Umfang noch das Ziel des Eingriffs ermessen können. Ich bin weder sein Vormund noch ein Verwandter und hätte dennoch die Entscheidung an seiner Stelle treffen müssen. Nach langem Nachdenken und einer Unterredung mit einem befreundeten Arzt lehnte ich das Angebot ab.
    Sie können so noch besser ermessen, welche Gelegenheit hier aus Dummheit verspielt wurde. Hätte die Zeitschrift einen aufrichtigen und fairen Bericht veröffentlicht, wie viele andere Leser hätten dannnoch zur Feder gegriffen! Wie viele Vorschläge, wertvolle Hypothesen wären geäußert worden! Welch ein Fortschritt für die Wissenschaft wäre das gewesen!

13
    An der Biegung des ausgetrockneten Flusses gab es zwischen durcheinanderliegenden Felsen einige Wasserlöcher, auf die hohe, entfernt an Eichen erinnernde Bäume ihre Schatten warfen. Tierspuren markierten den Weg zu diesen Orten, an denen man seinen Durst stillen konnte.
    Als sie in Sichtweite des kleinen Hains kamen, der sich aus der Ebene heraushob, bemerkte Narcisse eine recht große Familie – oder war es ein kleiner Stamm? –, die dort bereits ihr Lager aufgeschlagen hatte. Sie sahen etwas anders aus, weniger gedrungen, und ihre Hautfarbe schien auch etwas heller. Keiner der Wilden zeigte sich überrascht, so als habe man sich hier verabredet. Fünf Kinder bildeten um den Weißen einen Kreis, Waiakh redete lange auf sie ein. Aus dem Fluss von Lauten, die er immer noch nicht verstand, hörte Narcisse mehrmals das Wort «Amglo» heraus.
    Die beiden Gruppen vermischten sich langsam. Die Frauen setzten sich alle zusammen unter den Bäumen in einen Kreis. Sie ließen die Kinder frei herumlaufen und begannen eine lebhafte Unterhaltung.
    Seit dem Besuch des Greises hatte Narcisse begriffen, dass seine siebenundvierzig Gastgeber das riesige Australien nicht alleine bewohnten. Die Begegnung mit einer anderen Gruppe erstaunteihn nicht allzu sehr. Er lief ziellos umher und trank, wo ihm das Wasser weniger schmutzig erschien.
    Als er sich

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