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Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Titel: Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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sind. Fluss und Bootssteg erreicht man über eine mit Büschen bestandene Wiese. Weiter oben beginnt nach einigen blühenden Büschen lichter Wald, wie er überall in der Umgebung von Sydney anzutreffen ist.
    Wir richteten uns rasch ein. Die Matrosen der Schaluppe stellten das gesamte Gepäck vor dem Haus ab, und Meister Bill bestand darauf, das Auspacken und Aufräumen alleine zu übernehmen. Vor seiner Abreise erklärte mir der Chef, dass die Schaluppe jederzeit in weniger als zwei Stunden hier sein könnte, ich müsste bloß eine weiße Flagge oder nachts eine Laterne am Mast aufziehen.
    Als sie fort waren, hatte ich gemischte Gefühle. Sollte ich mich vielleicht zu voreilig in dieses lächerliche Abenteuer begeben haben? Was machte ich hier eigentlich, in dieser verlorenen Gegend Australiens, in Gesellschaft eines vorbestraften Hausdieners und eines weißen Wilden?
    Was Narcisse anging, so stellte er sich nicht viele Fragen undgenoss offensichtlich die wiedererlangte Freiheit: endlich keine mit Knüppeln bewaffneten Soldaten mehr und keine Gefängnismauern. Er streifte ziellos umher, spazierte zum Fluss hinunter, wo er ausgiebig seinen Durst löschte, und setzte sich dann ins Gras und betrachtete das Meer. Seit unserer Begegnung im Garten des Gouverneurs hatte er kein Wort mehr gesagt. Er saß bewegungslos da, und so konnte ich Skizzen von den Tätowierungen und Schriftzeichen auf seinem Rücken, den Schultern und seinem Rumpf anfertigen.
    Bill unterbrach mich mit der Frage, was er zum Abendessen zubereiten solle. Diese an sich einfache Frage bereitete mir einiges Kopfzerbrechen. Im Gefängnis hatte Narcisse nur wenig und mit sichtbarem Widerwillen zu sich genommen. Ich wies Bill an, jeden Tag die unterschiedlichsten Gerichte zuzubereiten, um den Appetit von Narcisse anzuregen und herauszufinden, was ihm schmeckte. Seitdem sind unsere Mahlzeiten voller Überraschungen und immer wieder erstaunlich, denn Bill versucht, Gerichte aus der ganzen Welt nachzukochen und verschiedenste Geschmacksrichtungen zu kreuzen. Sehr schnell stellte sich heraus, dass Narcisse keine süßen Gerichte mag und keine Milchprodukte. Fleisch schon, aber nur gegrillt. Fisch schlingt er hinunter, und Nüsse sind für ihn ein hochgeschätztes Nahrungsmittel.
    Morgens, nach einer Runde Schwimmen im Fluss, nimmt Narcisse eine Mahlzeit aus den Überresten vom Vorabend zu sich, die er kalt isst. Mittags nichts. Und abends eine warme Mahlzeit vor dem Sonnenuntergang. Ich will mich seinen Gewohnheiten nicht beugen und lasse Bill auftischen, als hielte ich Gesellschaft. Manchmal sieht Narcisse mir dabei zu, wie ich von feinstem Porzellan zu Abend speise, während das Licht der altsilbernen Kerzenleuchter sich in den Kristallgläsern bricht.
    Ab dem zweiten Tag bemühte ich mich darum, ihm ein gefälligeres Äußeres zu geben. Sein strubbeliges Haar hatte seit Langem keinen Kamm mehr gesehen und reichte ihm über den Nacken bis auf die Schultern. Ein zotteliger, schmutziger Bart wucherte ihm über sein Gesicht. Auf meine Anweisung übernahm Bill die Rolle des Figaro.
    Dazu muss man wissen, dass den Sträflingen in Australien jede Woche der Kopf geschoren wird und sie weder Bart noch Schnurrbart tragen dürfen. Aufgrund dieser klugen Regelung kann man sie leicht wiedererkennen und einfangen, wenn sie entflohen sind. Mein Bill hatte dieser Anweisung zu folgen, und ich befürchtete, er würde sie aus Arglist auch für meinen Landsmann geltend machen. Ich blieb also in der Nähe, während er mit Rasierer und Schere hantierte. Er ließ Narcisse sein braunes Haar und kämmte es zurück. Er rasierte ihm den Bart, schnitt ihn an den Wangen nach englischer Mode zu und ließ einen dünnen, sorgfältig gestutzten Schnurrbart stehen. Als er mit dem Waschen fertig war, traute ich meinen Augen nicht. Narcisse schien um mindestens zehn Jahre verjüngt und hatte ein gewinnendes Aussehen. Das halblange Haar verdeckte ein wenig die scheußliche Verletzung am Ohr. Bill hatte gute Arbeit geleistet.
    Die Frage nach der Bekleidung war heikler. Narcisse trug nur das Tuch, das ihm die Matrosen der John Bell umgebunden hatten. Ehe ich ihn nach Frankreich zurückbringen konnte, hatte er zu lernen, wie man sich als Abendländer kleidete. Es musste ein Anfang gemacht werden.
    Auf meine Bitte hin nahm Bill ihm das schmutzige Tuch ab und half ihm, in ein Beinkleid zu schlüpfen. Narcisse fügte sich dieser neuen Laune seines Schicksals ebenso gleichgültig und resigniert wie

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