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Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman

Titel: Was mit dem weißen Wilden geschah - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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ihrer Herkunft zu zivilisieren.
    So wie der Wilde, der inmitten von Weißen lebt, ihre Lebensweise annimmt, so bewahrt sich der Weiße, der unter Wilde gerät, jahrelang die Errungenschaften der Zivilisation – mit der einzigen bekannten Ausnahme, die deshalb umso faszinierender ist: Narcisse. Ist dies alles eigentlich nicht der beste Beweis für die Überlegenheit der Weißenüber die Wilden? Die Anziehungskraft, die hierbei zutage tritt und die immer in derselben Richtung funktioniert, bestätigt das, was der gesunde Menschenverstand ohnehin ahnt.
    Narcisse stellt die Ausnahme von dieser Regel dar.
    Nachdem er uns Plätze in der Nähe der Tür angewiesen hatte, ließ der Admiral Kapitän Porteret wieder eintreten. Wir waren die einzigen Zivilisten, und er warf uns im Vorübergehen, doch ohne erkennbares Interesse, einen Blick zu. Narcisse schien ihn ebenfalls nicht wiederzuerkennen.
    «Nun, Kapitän, sind Ihnen die Ereignisse vom 5. November 1843 wieder eingefallen?»
    «Ja, Admiral. Wir hatten vor einer Bucht geankert, die mir geeignet erschien, und ich schickte Männer an Land, um nach Süßwasser zu suchen. Nach einer Stunde kehrte die Schaluppe zurück, und man teilte mir mit, dass Pelletier verschwunden war. Ich verstärkte die Mannschaft und ihre Bewaffnung und sandte sie mit dem Befehl aus, den Küstenstreifen und den angrenzenden Busch abzusuchen und dabei Gewehrschüsse abzufeuern, um sich bemerkbar zu machen. Sie patroullierten zwei oder drei Meilen in alle Richtungen von dem Ort aus, an dem der Matrose zuletzt gesehen worden war. Es wurden keine Hinweise oder Spuren gefunden. Pelletier blieb wie vom Erdboden verschluckt. Ich stand über Signale mit der Schaluppe in Verbindung, doch erhielt ich immer die gleiche Nachricht: Nichts. Das Schiff lag nicht gut, der Ankerplatz war unsicher, es herrschte ein starker Gezeitenstrom, und ein Unwetter zog auf, dazu noch das Geklage der Kranken. Der Steuermann drängte zum Aufbruch, aber ich wollte mich nicht dazu entschließen. Doch in der Dämmerung blieb nichts anderes, als das Offensichtliche anzuerkennen und die Suche aufzugeben. Es gelang der Besatzung der Schaluppe nur unter Schwierigkeiten, wieder an Bord zu kommen, und wir schafften es mit Mühe, uns von der Bucht zu entfernen. Auf meinen Befehl hin warenLebensmittel, Kleidung und ein Gewehr mit Munition an Land hinterlassen worden. Ich wollte, dass Pelletier, falls er noch am Leben wäre, die Nacht an Land so gut wie möglich hinter sich bringen konnte. Mein Plan war, am folgenden Tag zurückzukehren und, koste es, was es wolle, die Suche nach ihm fortzusetzen. Ein Mensch, ob tot oder lebendig, verschwindet nicht einfach, ohne Spuren zu hinterlassen. Doch während der folgenden zwei Tage tobte ein Sturm und trieb uns recht weit von der Küste weg. Ich musste eine Entscheidung treffen: gegen den Wind ansegeln, umkehren oder die Kranken retten? Nach einer langen Unterredung mit dem Steuermann entschied ich mich schweren Herzens für die Weiterfahrt nach Sydney. Was hätten wir sonst tun sollen? Die Bucht und ihre Umgebung immer wieder abzusuchen, hätte uns nicht weitergebracht. Pelletier hatte nicht auf unsere Signale geantwortet. Für mich und den Steuermann war er, ehrlich gestanden, tot, und sein Körper lag irgendwo an einem unzugänglichen Ort, in einer Grotte, im Sumpfland … Was mochte seinen plötzlichen Tod verursacht haben? Ein Schlangenbiss, ein Sonnenstich, ein Sturz … Wir hätten Tage und viel Glück gebraucht, um seinen Leichnam zu finden. Beim Auslaufen glaubte ich noch, dass er am Leben sein könnte, doch dann kam ich in den folgenden Stunden immer mehr zu der Gewissheit, dass er tot war. Andere aus der Mannschaft benötigten Wasser und Aufmerksamkeit. Ich zögerte nicht mehr. Falls ich mich auf eine aussichtslose Suche begeben hätte, wären die Kranken gestorben, und es hätte, wie mich der Steuermann zudem warnte, die Gefahr einer Meuterei bestanden.»
    Die Offiziere musterten ihn misstrauisch.
    «Ihr Bordbuch enthält nur einen geringen Teil dieser Einzelheiten.»
    «Das ist mir alles beim Lesen wieder eingefallen. Das Bordbuch wurde meinen Anweisungen und den allgemeinen Regeln gemäß vom Steuermann geführt. Der Tod von Pelletier am 5. November 1843 ist darin verzeichnet.»
    «Aber Sie wussten doch gar nicht, ob das stimmt. Und nach dem, was Sie erzählt haben, sind Sie erst am folgenden Tag zu diesem Schluss gekommen. Ihr Bordbuch sagt nicht die Wahrheit.»
    «Verzeihen Sie,

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