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Was mit Hass begann

Titel: Was mit Hass begann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jude Deveraux
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habe. Wieder sah Kane mich merkwürdig an. Aber dann nahm er achselzuckend erst den einen und dann den anderen Jungen auf den Arm.
    »Wer bist du?« fragte mich Todd. Ich ahnte, daß Todd später einmal Geschäftsmann und Jamie ein Herzensbrecher werden würde.
    Ich überlegte, bevor ich antwortete. »Ich bin eine Geschichtenerzählerin.«
    Beide Jungen nickten zustimmend.
    Wie immer hielt Kane mich für zu dumm und unfähig, die einfachsten Dinge zu begreifen. »Er wollte wissen, wie du heißt«, sagte er.
    »Jamie, wie heiße ich?«
    »Cale«, gab das aufgeweckte Kind prompt zur Antwort. Ich schenkte Kane mein rätselhaftestes Lächeln und schwebte dann vor ihm aus dem Haus.
    Das Kind kannte zwar meinen Namen, wußte aber nicht, wie ich in seine Welt paßte. Ich verstehe mich mit Kindern gut, und auch das liegt im Grunde an meinem Vater. Er hatte mir nie das geringste bißchen Selbständigkeit gegönnt und doch gleichzeitig viel Verantwortung auf meine jungen Schultern geladen. So kommt es, daß ich in einem Teil meines Wesens immer noch nicht älter als acht Jahre bin.

9
    Am nächsten Tag erlaubte mir Kane nicht mehr, mich seinen kleinen Jungen zu nähern. Offenbar wollte er, daß sie sich mit Ruth anfreundeten. Aber man brauchte kein Geistesriese zu sein, um zu erkennen, daß Ruth Kinder nicht leiden konnte.
    Die Dünne des Duos wollte wissen, was Jamie zu essen bekomme. Im selben Augenblick steckte er sich einen Grashüpfer in den Mund, spuckte ihn wieder aus, und zu meiner großen Freude segelte das Tierchen vorn über Ruths Seidenbluse hinweg. Kane griff nach den Knöpfen ihrer Bluse. Ruth klopfte ihm unwirsch auf die Hände und sagte: »Schaff mir diese dreckigen Biester vom Hals!« Ich mußte mich schnell vom Lager entfernen, sonst wäre ich an meinem mühsam unterdrückten Gelächter erstickt. Mit Befriedigung vermerkte ich noch Kanes betroffene Miene. Ich hob die Augenbrauen und warf ihm einen Blick zu, der sagte: Das ist die Frau, die du heiraten willst? Dann schnappte ich mir einen Apfel, wandte mich um und ging in der Richtung des Templeton-Hauses davon.
    Sobald ich in dem alten Haus war, hob sich meine Stimmung. Wann würde ich nach Chandler fahren und mit der ersten Spielzeugmaschine abfliegen können? Ich wollte weg von dem ganzen Taggert-Clan. Sie waren ja alle verrückt. Mit ihren Zwillingen, die sich in Wirklichkeit gar nicht so furchtbar ähnlich sahen, wie sie meinten, mit ihren raschen Haßausbrüchen und ihrem überstürzten Verliebtsein. Wie herrlich würde es wieder in New York sein, wo die Menschen sich vernünftig geben!
    Ich stieg zum Dachboden empor, setzte mich ins Fenster, schaute auf die Straße hinab und aß meinen Apfel. Die Kinder würden mir natürlich fehlen. Eigentlich absurd, denn ich hatte sie ja erst vor nicht mal 24 Stunden kennengelernt. Doch Jamie war gestern abend zu mir in den Schlafsack gekrabbelt, und Todd hatte heute morgen geweint, weil Jamie mehr von mir gehabt hatte als er. Deshalb hatte Kane die beiden Jungen von mir weggeholt und Ruth zugeführt.
    Ich saß noch da und aß den Apfel, als ich Kane allein ohne die Kinder auf das Haus zukommen sah. Er schaute hoch, erblickte mich, und einen Augenblick schien es, als hätte er den Geist seines Schauspieler-Ahnen gesehen. Selbst aus dem Obergeschoß war zu erkennen, daß er blaß wurde. Dann rannte er auf das Haus zu. Es sah aus, als hätte er etwas Schreckliches erblickt, so furchterregend kam er angerannt.
    Ich blieb wie gelähmt sitzen. Ohne mich zu rühren, hörte ich, wie er ins Haus donnerte und dann die Leiter zum Dachboden hinaufraste.
    Er riß mich vom Fensterbrett, und wir stürzten beide auf den Fußboden. Mit seinen 90 Kilo landete er auf mir, und ich rutschte auf dem Rücken über das rauhe Holz. Zuerst sträubte ich mich und wollte unter ihm wegkriechen, ließ es dann aber sein, weil er sich nicht bewegte. Er lag auf mir und betrachtete mich aus der Oberlage wie ein Museumsstück. Ich sah ihn böse an. Merkte er denn gar nicht, daß ich von ihm befreit sein wollte?
    Mein Gott, war er ein schöner Mann! Er hatte kurze, dichte Wimpern, die sich tatsächlich nach oben bogen, wie meine es nur taten, nachdem ich sie zehn Minuten lang mit der Bürste bearbeitet hatte. Seine Lippen waren voll und weich und leicht geöffnet, und ich fühlte seinen Atem auf meinem Gesicht.
    Wir halten uns doch alle für vernünftige Wesen und bilden uns ein, wir würden in einer unerwarteten Situation, wie zum Beispiel in einem

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