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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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hölzernen Planken, die mit einem dicken honigbraunen Lack versehen sind. Sie schaukeln kaum merklich auf dem ruhigen Wasser. Sie passen gar nicht zu dem Teich mit den geraden Rändern und dem ekligen Schaum. Ich frage mich, woher sie kommen; sie müssen an einen schöneren Ort gehören.
    »Sie haben alle Mädchennamen«, bemerke ich.
    »Das haben Schiffe immer, glaube ich.«
    Hier trifft es jedenfalls zu. An jedem Heck sind in weißer Aufschrift Name und Fassungsvermögen verzeichnet: Amy – zwei Personen; Chrissie – drei Personen; Violet – sechs Personen; Isobel – vier Personen.
    »Sie sind hübsch, nicht?«
    »Ja.«
    Das Wasser schimmert wie schmutziger Satin. Es ist undurchsichtig wie Kaffee – man kann nicht erkennen, ob es fünfzig Zentimeter oder fünf Meter tief ist. Neben dem Weg entdecke ich einen Stock und halte ihn ins Wasser. Ich kann den Boden nicht spüren, allerdings ist der Stock auch nicht sehr lang. Als ich ihn herausziehe, hängt Entengrütze dran. Ich schubse leicht damit gegen ein Boot (Chrissie – drei Personen) , so dass es schaukelt und das Wasser darunter plätschert.
    »He, du da! Willst du eins mieten?«
    Die Stimme des Mannes klingt aggressiv. Mr Lovell dreht sich um.
    »Nein.«
    »Dann lassen Sie die Finger von den Booten!«
    »Entschuldigung!«
    Mr Lovell winkt freundlich mit der linken Hand. Ich stelle mir vor, wie ich dem Mann eine verpasse, finde es dann aber ein bisschen übertrieben. Stattdessen funkele ich ihn böse an, lasse aber den Stock fallen. Er schnippt seine Zigarette in meine Richtung.
    »Solange der hier ist, wird keiner so schnell ein Boot mieten!«
    »Nein.«
    »Aber sie sind hübsch, was?«, frage ich noch einmal und komme mir wie ein Vollidiot vor.
    »Ja. Warum gehen wir nicht eine Runde rudern?«
    Ich sehe Mr Lovell besorgt an. Ich habe kein Geld dabei und nur einen brauchbaren Arm.
    »Ähm … ich glaube nicht …« Ich schwenke meinen verbundenen Arm.
    »Ja, da hast du recht. Nächstes Mal.«
    Er lacht ein bisschen verlegen, als würde ihm gerade klar, dass es kein nächstes Mal geben wird. Warum auch? Warum sollte er sich noch länger mit einem Idioten wie mir abgeben?
    Wir gehen um den See herum.
    »Wie geht es Christo? Ist er wieder bei euch?«
    »Nein. Mein Onkel ist nach London gefahren, um bei ihm zu sein. Vielleicht bleibt er ja da.« Ich räuspere mich. Es klingt ziemlich laut. »Er ist am Montag hingefahren.«
    »Ach ja?«
    »Ja. Nachdem Sie bei ihm waren.«
    Er bleibt stehen und schaut mich eindringlich an. Endlich habe ich seine Aufmerksamkeit erregt.
    »Was gibt es denn Neues bei Christo? Wissen die Ärzte jetzt, was er hat?«
    »Ich glaube nicht. Anscheinend machen sie jede Menge Untersuchungen. Es dauert ewig.«
    »Das kann ich mir vorstellen. Weißt du, dein Onkel ist weggelaufen, als wir bei dem Spezialisten waren. Einfach verschwunden – nur weil sie eine Blutprobe von ihm haben wollten.«
    »Oh.« Mir kommt ein Bild von Rot auf Weiß in den Sinn. Ich merke, wie ich rot werde.
    »Hat er vielleicht Angst vor Nadeln?«
    »Nein.«
    »Immerhin ist er jetzt bei ihm. In London.«
    »Ja.«
    »Wo wohnt er denn – bei deiner Großtante?«
    Ich sehe ihn fragend an. »Bei wem?«
    »Deine Tante Lulu – sie muss deine Großtante sein – Lulu … Luella.«
    »Ach so. Kann sein. Ich weiß nicht so genau.«
    Mr Lovell schaut sich um – auf der anderen Seite des Sees gibt es einen Kiosk, an dem man Eis und Tee kaufen kann.
    »Ich hätte Geld mitnehmen sollen. Dann hätten wir uns ein Eis kaufen können.«
    Mir fällt auf, dass Mr Lovell die rechte Hand ganz komisch hält – sie hängt einfach herunter. Ich frage ihn danach.
    »Als sie mich gefunden haben, konnte ich sie gar nicht bewegen. Das hier ist schon ein Fortschritt.«
    »Wie schrecklich.«
    »Lustig ist es nicht. Es heißt, sie würde sich erholen, genau wie der Rest von mir. Aber es braucht seine Zeit.«
    Das wird ja immer schlimmer. Er hätte sterben können, so wie sich das anhört.
    »Mr Lovell … wissen Sie, was ein chovihano ist?«
    »Ich habe davon gehört. Eine Art Heiler, oder? Kräuter und so weiter.«
    »Ja. Jedenfalls habe ich mal gesehen, wie er eine Art … Exorzismus gemacht hat. Bei Christo. Um ihn zu heilen.«
    »Wer?«
    »Onkel Ivo.«
    Eine Pause. Er geht weiter, ohne mich anzusehen.
    »Willst du damit sagen, Ivo ist ein … chovihano? «
    »Ja. Das hat er jedenfalls gesagt. Es geht um Kräuter und so was. Er kennt sich mit Kräutern aus und mit … giftigen

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