Was mit Rose geschah
im Verdacht hatte, Ivo Unterschlupf zu bieten. Nach seinem Besuch aber war er davon überzeugt, dass das nicht der Fall war. Er meldete Ivos Verschwinden bei der Polizei, wohl wissend, dass mit so dürftigen Hinweisen kaum etwas unternommen werden konnte. Nach drei Tagen ergebnisloser Nachforschungen sah es aus, als wäre es Ivo Janko gelungen, genau wie seine Frau spurlos zu verschwinden.
Ich frage mich, ob der Stellplatz demnächst verlassen sein wird und ob sich in Ivos Gefolge alle Jankos in Luft auflösen werden. Ich frage mich außerdem, ob ich dann überhaupt beweisen könnte, dass sie jemals dort waren. Doch als Hen mich einen Tag nach meiner Entlassung hinfährt, sieht alles aus wie zuvor. Die Wohnwagen sind noch da, sie stehen immer noch im selben seltsamen Winkel zueinander, auch der von Ivo.
»Soll ich lieber warten?«
Hen war erst bereit gewesen, mich zu chauffieren, nachdem ich gedroht hatte, selbst zu fahren, auch wenn das angesichts der Tatsache, dass ich meine rechte Hand noch immer nicht gebrauchen kann, keine sehr überzeugende Drohung war.
»Nein, du kannst in einer Stunde wiederkommen.«
Vor ein paar Tagen hat Tene Hen erzählt, Ivo sei in London.Offenbar in ganz unschuldigem, charmantem Ton. Doch nun wirkt er alles andere als selbstsicher.
»Mr Janko?«
»Wie geht es Ihnen, Mr Lovell?«
»Sie wissen ja, dass ich im Krankenhaus war.«
»Das bedauere ich sehr, Mr Lovell. Ich hoffe, Sie haben sich vollständig erholt.«
»Fast. Es war eine üble Lebensmittelvergiftung. Die muss ich mir wohl vorletzten Sonntag eingefangen haben, als ich hier war. Ich wollte nachfragen, ob sonst noch jemand krank geworden ist. Vor allem … ob es Ivo gut geht.«
»Ivo ist in London. Wir haben ihn schon eine Weile nicht gesehen. Ich glaube, es geht ihm gut.«
»Und Sie waren nicht krank?«
»Ich habe nicht mit Ihnen gegessen, Mr Lovell.« Er sieht an mir vorbei, weicht meinem Blick aus.
»Wann haben Sie Ivo zuletzt gesehen?«
»Er ist am … Montag oder Dienstag gefahren, glaube ich. Um bei dem Jungen zu sein.«
Er zieht ein letztes Mal an seiner Zigarette und drückt sie in dem überquellenden Aschenbecher aus. Der ganze Wohnwagen wirkt ein wenig ungepflegt; die Fenster blitzen nicht mehr, das gute Porzellan glänzt nicht mehr so sauber.
»Aber dort ist er nicht gewesen. Mein Partner hat das überprüft. Im Krankenhaus hat man ihn seit Tagen nicht gesehen. Ivo ist nicht bei Christo gewesen.«
»Das kann nicht sein. Das muss ein Irrtum sein.« Tene hat den Blick auf den Tisch geheftet. Seine Hände liegen gefaltet auf seinen Knien, doch die Finger zucken ständig. »Er würde den Jungen niemals allein lassen.«
»Das hat Hen auch gedacht. Also ist er noch mal hingegangen. Die Station, auf der Christo liegt, hat nur einen Eingang. Man kann nicht einfach hinein- und hinausschleichen, ohne gesehen zu werden. Es ist immer Personal da. Er war nicht dort.«
»Dann muss ihm etwas passiert sein. Er kommt bestimmt wieder.«
»Aber ein bisschen seltsam ist es schon, oder? Ich dachte, Christo wäre sein Ein und Alles.«
Endlich sieht mich Tene Janko an, sein Gesicht ist angespannt. »Ich kenne meinen Sohn. Er würde ihn nie im Stich lassen.«
»Das hat er aber, Mr Janko. Seit fast einer Woche.«
»Dann muss ihm etwas zugestoßen sein. Vielleicht etwas Schlimmes.«
»Wie Rose?«
Tene holt hörbar Luft und funkelt mich an. »Sie verdrehen mir die Worte. Ich rede von Ivo!«
»Aber es ist schon ein komischer Zufall. Zuerst verschwindet Rose spurlos. Und jetzt Ivo.«
»Nein! Sie irren sich. Er hat Rose nichts getan! Das werden Sie eines Tages begreifen.«
»Das hoffe ich, ganz ehrlich. Die Sache ist nämlich die … man hat auf dem Black Patch bei Watley …«
Ich senke die Stimme und er schließt die Augen, als hätte er Schmerzen – oder ist es nur ein langsames Blinzeln?
»Auf dem Black Patch, wo Sie früher Ihren Stellplatz hatten, hat man die Überreste einer jungen Frau gefunden. Sie lag bei den Bäumen begraben, gleich rechts, wenn man von der Straße abbiegt. In etwas über einem Meter Tiefe. Das Alter stimmt … auch der Zeitraum. Die Polizei versucht gerade herauszufinden, woran sie gestorben ist.«
Dies entspricht nicht ganz der Wahrheit, aber es ist nur eine Frage der Zeit.
»Jedenfalls ist es nicht Rose! Mr Lovell, wir haben Ihnen die Wahrheit gesagt … keiner von uns hat ihr etwas angetan. Sie ist weggelaufen. Und in Watley ist seit über zehn Jahren keiner von uns mehr gewesen. Soweit
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