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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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schließlich aufsteht, um Madeleine zu suchen, sieht er mit einem kleinen Lächeln auf mich herab.
    »Raymond, du weißt natürlich, was dein Problem ist.«
    Mir fallen auf Anhieb Hunderte Probleme ein. Ich weiß nicht, welches er gerade meint. Doch seine nächsten Worte rauben mir den Atem.
    »Du bist ein Snob.«
    »Was? Ich?« Ich muss lachen. »Mein Vater war Zigeuner und Briefträger!«
    »Du behandelst Madeleine so, weil sie aus einem anderen Stall kommt als du. Sie musste sich nicht aus der Gosse hocharbeiten, also meinst du, sie hätte es immer leicht gehabt.«
    Ich starre ihn an. »Ich weiß nicht, wovon du redest.«
    Doch das tue ich sehr wohl, und er weiß, dass ich es weiß.
    »Vergiss nicht, sie ist mit mir verheiratet. Und hat in der ganzen Scheiße zu mir gehalten. Sie musste weiß Gott kämpfen.«
    Ich blinzele ein paarmal. »Dann werde ich eure beleidigende Vornehmheit eben ertragen.«
    Hen grinst. »Bis bald.«
    »Denk an den Black Patch.«
    »Das werde ich. Es ist eine Spur, sonst nichts. Genau wie der Anruf. Vielleicht steckt auch gar nichts dahinter.«
    Das stimmt. Und doch hat man solche Ahnungen. Und wenn sie einmal da sind, verschwinden sie nicht mehr.

42
    JJ
    Schwester Emma hat gesagt, ich könne ihn besuchen. Ich klopfe vorsichtig an die Tür und denke, dass er mich vielleicht nicht erkennt, weil er sich nicht an mich erinnern kann – das wäre peinlich. Aber ich bin ja hier, um Dinge herauszufinden, also ist es im Grunde egal.
    Er lächelt, kaum dass er sich zu mir umgedreht hat.
    »Hallo, JJ. Dachte ich mir doch, dass ich dich schon gesehen habe. Aber dann kam mir der Gedanke, es könnte eine Halluzination gewesen sein.«
    »Äh, nein. Ich war hier. Schwester Emma hat gesagt, es geht Ihnen besser.«
    »Danke, ja. Komm rein.« Er deutet auf meinen linken Arm, der noch dick verbunden ist. »Bist du im Krieg gewesen? Was ist passiert?«
    »Oh … ich bin auf eine Glasscherbe gefallen. Es hat sich entzündet. Blutvergiftung. Ist jetzt aber wieder okay.«
    »Oh. Gut.«
    »Wie geht es Ihnen?«
    »Es wird allmählich. Ich glaube, ich werde in ein paar Tagen entlassen. Kann’s gar nicht erwarten. Hier drinnen wird man verrückt, was?«
    »Und wie. Können Sie spazieren gehen?«
    »Hervorragende Idee.«
    Wir spazieren in Richtung des Sees, der am Rande des Parks liegt. Es ist die schönste Stelle hier, was allerdings nicht viel heißen will. Ich muss langsamer gehen, damit er mitkommt.
    »Komisch, dass wir beide hier sind.«
    »Ja. Ziemlicher Zufall.«
    »Was ist denn mit Ihnen passiert?«
    »Lebensmittelvergiftung.«
    »Oh. Normalerweise muss man damit aber nicht ins Krankenhaus, oder?«
    »Nein. Es war eine … ungewöhnliche Form.«
    »Was haben Sie gegessen?«
    »Das ist ja das Komische. Ich kann mich nicht daran erinnern.«
    »Und wie lange sind Sie schon hier?«
    »Ein paar Tage.«
    Es ist schwieriger, als ich gedacht hatte.
    »Ich bin am Samstagabend eingeliefert worden. Waren Sie da schon hier?«
    »Hm … nein. Es heißt, man hätte mich am Montag hergebracht.«
    »Montag?«
    Ich starre ihn an. Er schaut mich an, wirkt ein bisschen verwundert. Montag. Der Tag, nachdem er bei Ivo war. Ich schaue aufs Wasser, das zwischen den Bäumen glitzert. Irgendwie scheint mir etwas in der Kehle zu stecken.
    »Wohnen Sie hier in der Gegend?«
    »Nein. Ich war am Sonntag bei deinen Verwandten. Habe mit ihnen gegessen. Vielleicht haben sie mich ausgeknockt!«
    Er lacht kurz, um zu zeigen, dass es ein Scherz ist. Ich versuche mitzulachen.
    Mir fällt nichts ein, was ich sagen könnte.
    Der See ist nicht besonders groß, eher ein Teich, und wird auch nicht schöner, wenn man näher herangeht. Ehrlich gesagt stinkt er auch ein bisschen. Die Ränder sind hart und gerade und von einem Betonweg umgeben. An einem Ende hat sich grüngelber Schaum gesammelt. Er ist nicht wie der See in Frankreich, der sauber und klar war. Mir kommt der Gedanke,dass ich nicht mehr der JJ bin, der ich in Frankreich war. Jener Mensch erscheint mir glücklich und jung und arglos; im Grunde eine Art Idiot. Wir schlendern zu der Stelle, wo die Boote liegen. Es gibt eine kleine Hütte, an der sich ein Mann gegen die untere Hälfte einer Stalltür lehnt, Kippe im Mund, Hass in den Augen. Neben ihm steht eine Klapptafel mit der Aufschrift: »Boote 1 £ pro Stunde.« Er sieht aus, als würde er sie bewachen, damit bloß keiner auf die Idee kommt, eins zu mieten. Heute hat er sowieso keine Kunden. Die Boote sind hübsch und alt, aus

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