Was mit Rose geschah
sei das seine Sache gewesen. Vielleicht hätte er gehofft, sie würde zu ihm zurückkehren. Christo würde alle möglichen Hilfsmittel und Behandlungen brauchen, und die kosteten Geld. Der Wohnwagen und die Sachen darin wüden mindestens 1500 Pfund wert. Viele Leute würden ohnehin einen billigen Wohnwagen für die Aufbahrung kaufen und danach verbrennen, und außerdem sei er ja gar nicht in seinem Wohnwagen gestorben. Dabei schaute sie Mama an, als hoffte sie auf deren Unterstützung, doch Mama hätte sich niemals gegen Großmutter gestellt. Niemand fragte mich nach meiner Meinung, aber ich stimmteGroßmutter zu. Wir haben genug Pech gehabt, und Geld ist eben nur Geld. Christo hat so viel Unglück erlebt. Er verdient, dass es endlich aufhört. Mama sagte, sie sei dafür, den Wohnwagen zu verbrennen, und darüber war ich froh.
Es war furchtbar, jeden Tag aufzuwachen und sich plötzlich daran zu erinnern, dass Großonkel nicht mehr hier war, sondern nur noch sein Wohnwagen, der verlassen und irgendwie gruselig aussah. Zum Glück fand sich schnell jemand, der die verbrannten Überreste von Ivos Wohnwagen abtransportierte. Es war ein schrecklicher Anblick. Selbst jetzt sieht man noch die große schwarz verbrannte Stelle, an der er gestanden hat.
Es dauerte fast zwei Wochen, bis die Polizei die Leiche endlich freigab. Mama und Großmutter hängten Bettlaken an die Wände seines Wohnwagens. Ich fragte mich unwillkürlich, was wohl tatsächlich in dem Sarg lag, der vom Bestatter gebracht wurde. Ein schrecklicher Gedanke, aber ich konnte nicht anders. Man muss doch den Toten in seine beste Kleidung hüllen, mit der Innenseite nach außen – aber wer sollte das tun? Der geschlossene Sarg wurde in seinem Wohnwagen abgestellt, und am nächsten Tag kamen alle möglichen Leute – vom Stellplatz am Stadtrand, aber auch andere –, um ihm die letzte Ehre zu erweisen. Mama und Großmutter mussten den ganzen Tag lang Tee kochen. Großvater und ich entzündeten zwei Feuer auf der Lichtung – eins für die Männer, eins für die Frauen –, und die Leute setzten sich darum und redeten. Ich glaube, Großvater hatte seinen Spaß daran; so viel Besuch haben wir hier noch nie gehabt. Lulu war die meiste Zeit dabei. Nachdem der Streit um Großonkels Wohnwagen beendet war, half sie, holte Essen aus dem Imbiss, machte Tee und so weiter. Ich fragte mich allmählich, warum sie sich vorher so lange nicht hatte blicken lassen.
Mittendrin passierte etwas Nettes: Einige Tage vor der Aufbahrung kam Stella mich besuchen. Sie hatte sich von ihrerMutter fahren lassen. Irgendwie weiß jeder von dem Feuer und dass Großonkel tot ist, sogar die Leute in der Schule. Ich war so überrascht, sie zu sehen, dass mir zuerst die Worte fehlten. Großmutter wollte sie schon wegschicken, weil es nicht richtig sei, sie hier zu haben. Und ich dachte die ganze Zeit an den großen schwarzen Fleck auf dem Boden, wo es passiert war. Stella schaute dauernd hin, obwohl Ivos Wohnwagen nicht mehr da stand. Zum Glück war Lulu auch da, und sie schenkte mir zehn Pfund und sagte, wir sollten machen, dass wir in die Stadt kommen. Also fuhr uns Stellas Mum zum Einkaufszentrum und setzte uns dort ab. Dann schauten wir uns Ferris macht blau an.
Danach saßen wir im Café gegenüber vom Kino, tranken Coke Floats und hielten Händchen. Ich weiß nicht genau, wie es anfing, aber es war irgendwann während des Films, und nachdem wir einmal angefangen hatten, hörten wir nicht mehr damit auf. Das klingt vielleicht gemein, nur eine Woche nach Großonkels Tod, aber es war ja nicht so, als hätte ich ihn völlig vergessen. Selbst an den lustigen Stellen im Film dachte ich manchmal an ihn, und ich merkte, dass Stella auch an ihn dachte, obwohl sie ihm nur einmal begegnet war, und das war auch noch peinlich gewesen. Ich glaube, deswegen hat sie meine Hand gehalten.
Ich erzählte ihr von Christo und dass wir in ein Haus ziehen und dass ich die Schule wechseln würde. Stella zog die Hand zurück und schaute auf ihr schäumendes Getränk.
»Ich schreibe dir – wenn du möchtest«, sagte ich.
Sie guckte irgendwie seltsam. Ich wusste nicht, was ich Falsches gesagt hatte.
»Stella?«
»Weißt du noch, als du bei … Katie warst?«
»Klar.«
Die Frage hatte ich befürchtet, und zwar schon seit dem Augenblick, in dem sie mich im Stall entdeckt und so wütend angesehen hatte.
»Wart ihr … ich meine, seid ihr zusammen gegangen?«
»Hm, nein. Ich war einmal bei ihr zu Hause – es
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