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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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als wären sie einem an Wissen so weit überlegen, dass es nicht die Mühe lohnt, einem etwas beizubringen.
    »Was ist so schlimm daran?«
    Großmutter zuckt mit den Schultern und grinst noch immer.
    »Ich könnte das. Ich weiß, was du denkst. Aber du irrst dich.«
    »Ach, du weißt, was ich denke?«
    Jetzt begebe ich mich auf dünnes Eis, kann aber nicht aufhören. »Ja.«
    Sie wackelt mit dem Finger vor meinem Gesicht herum. »Du hast keine Ahnung, was ich denke, junger Mann.«
    »Du denkst, dass Leute wie wir nicht nach Frankreich ziehen. Du denkst, da ist wieder der blöde JJ mit seinen abgehobenen Ideen. Er wird es schon kapieren. Wenn er erst mal mit seinem Großvater Schrott sammelt, wird der ihm den ganzen gorjio -Unsinn schon austreiben.«
    Meine Wangen sind heiß vor Kühnheit, als ich das sage. Großmutters Gesicht wird hart.
    »Wage es nicht, deinen Großvater zu beleidigen. Was glaubst du wohl, wer deine teure Schulbildung bezahlt? Großvater mit seinem Lkw.«
    »Die Schule ist kostenlos.«
    »Kostenlos? In deinem Alter solltest du lieber arbeiten statt auf dem Arsch zu sitzen. Du solltest deiner Mutter helfen. Ein Mann sein. Aber nein – du bist genau wie dein Vater … ein nutzloser gorjio !«
    Einen Moment lang glaube ich wirklich, dass Großmutter mich schlagen will. Ich habe völlig vergessen, dass ich Christo noch auf dem Arm halte und wir über seinen Kopf hinweg streiten, so lächerlich das auch sein mag.
    Großmutter muss wirklich wütend sein – sie benutzt sonst selten Schimpfworte. Aber wenn sie sauer auf mich ist, kommt sie mit meinem nutzlosen gorjio -Vater an. Das ist wirklich unfair, da ich a) nichts für meinen Vater kann und b) nicht mal seinen Namen kenne – ich weiß überhaupt nichts über ihn, was also soll ich darauf erwidern?
    In dem Moment hebt Christo den Finger und piekt mich ins Kinn. Auf diese Weise will er sagen: Hört auf zu schreien, ihr beiden.
    »Es tut mir leid, Christo. Wir sind albern, was?«
    Großmutter sagt: »Ja, Christo, mir tut es auch leid. Die ganze Fahrerei macht mich so müde. Ich will nach Hause.«
    Dann funkelt sie mich wieder an. »Ich glaube, wir müssen alle nach Hause.«
    Ivo steigt aus dem Wohnwagen und zündet sich eine Zigarette an. Er kommt zu uns herüber.
    »Lass uns um Gottes willen endlich fahren«, sagt Großmutter zu ihm. »Mein Enkel bringt mich auf die Palme.«
    »Tut mir leid, Tante Kath. Dad und ich wollten miteinander reden. Der Grund, warum wir angehalten haben, ist nämlich …« Er schaut die Straße hinunter. »Hier ist Christina gestorben. Auf dieser Straße.«
    »Oh«, sage ich nur.
    »Mein Gott, Ivo«, sagt Großmutter und bekreuzigt sich. »Das hättest du uns sagen müssen.«
    Er zuckt mit den Schultern.
    »Wir können zu ihrem Grab gehen, wenn du möchtest«, sagt Großmutter.
    Ivo schaut an meinem rechten Ohr vorbei. »Nein. Sie wurde … eingeäschert. Das weißt du doch.«
    »Oh«, sage ich noch einmal.
    Ich blicke die Straße hinunter und überlege, ob wir Blumen pflücken und sie dorthin legen sollen. Aber es gibt keine – nur jede Menge Gras. Man kann für jemanden, der gestorben ist, keinen Grashaufen hinterlassen.
    Ivo nimmt Christo, der den Kopf an seine Schulter schmiegt. Großmutter und Ivo gehen die Straße entlang und unterhalten sich leise, ohne mich zu beachten. Natürlich erinnert sich Großmutter an Christina. Ich nicht – ich war erst zwei, als sie gestorben ist, und hatte sie gar nicht kennengelernt, weil Mama damals noch in Ungnade war und in Basingstoke lebte.
    Ich suche im Gras herum und finde ein paar winzige Blümchen. Je länger ich suche, desto mehr finde ich. Über der Suche vergesse ich fast, weshalb ich sie überhaupt pflücke. Dann habeich einen ansehnlichen Strauß zusammen, mit ein paar farnartigen Blättern und so weiter. Er sieht wirklich hübsch aus. Ich denke an diesen Menschen, dem ich nie begegnet bin. Ich weiß nicht, ob sie Blumen mochte, aber wer mag die nicht? Ich gehe zurück zu den anderen. Sie steigen ein, und als ich ankomme, ist niemand mehr da, dem ich den Strauß zeigen kann.
    Großmutter ruft aus dem Landrover: »JJ! Na los. Was machst du denn da?«
    Sie lässt mit einem bedrohlichen Dröhnen den Motor an.
    »Wir sehen uns dann zu Hause!«
    Ich lege die Blumen an den Straßenrand. »Die sind für dich, Christina, von deinem Neffen JJ.« Dann steige ich ein.

12
    St.-Luke’s-Krankenhaus
    Die Visionen kehren immer dann zurück, wenn ich meine, ich wäre sie los. Sie greifen

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