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Was mit Rose geschah

Was mit Rose geschah

Titel: Was mit Rose geschah Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stef Penney
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ich richtig beleidigt. Ich bin es aber nicht.
    »Ich erzähle ihr nicht alles. Was ich tue, geht keinen was an.«
    »Genau.«
    Als ich gerade denke, dass sie die Hand von meiner Brust nehmen wird, damit wir weiter rummachen können, erscheint wieder dieses seltsame halbe Lächeln auf ihrem Gesicht.
    »Willst du mein Pferd sehen?«
    Einen Moment lang glaube ich, sie macht Witze – oder dass »Pferd« in Wirklichkeit etwas anderes bedeutet –, aber sie meint es ernst. Sie hat wirklich ein Pferd, ihr eigenes Pferd, Herrgott noch mal, das in einem Stall hinter dem Haus steht. Dort gibt es elektrisches Licht, fließend Wasser und eine Heizung. Die Wände sind aus schmalen gelben Ziegeln und der Boden ist mit grauem Stein ausgelegt. Ein Palast. Ich kenne mich nicht mit Pferden aus, obwohl Katie zu glauben scheint, dass ich das müsste. Allerdings sehe ich, dass es ein schönes Tier ist – ein Vollblut oder so namens Subadar (was auf Hindi »Hauptmann« bedeutet, wie sie erklärt), das das »Champagne-Gen« hat, was immer das auch heißen mag. Seine großen dunklen Augen sehen wirklich intelligent aus. Katie hat mich an der Hand nach draußen geführt, doch im Stall lässt sie mich los. Ich frage mich, ob sie mich wieder küssen will – ich selbst wage es nicht, weil sie reich ist und ich nicht, und wenn sie nun schreit? Aber sie schlingt die Arme um den Hals des Pferdes und küsst und streichelt es so selbstvergessen, dass ich sofort eifersüchtig werde. Sie gurrt irgendwelche Zärtlichkeiten, reibt mit den Lippen über den seidigen goldbraunen Hals – »Fühl mal, wie weich seine Nase ist« –, und ich streichle gehorsam das Pferd, während ich Katie anschaue und wieder hart werde, was ebenso lächerlich wie peinlich ist.
    Ich bin keineswegs so blöd, Katie Williams plötzlich für meine Freundin zu halten, da müsste ich ja ein totaler Spackosein. Ich möchte wetten, dass sie mich morgen in der Schule wieder ignoriert, so wie immer. Aber jetzt sind wir hier, ich streichle das wunderschöne kastanienbraune Fell ihres Pferdes, und etwas Seltsames, aber Tolles passiert dabei, als würde ein magnetischer Strom durch den Körper des Pferdes summen und von meiner Hand in ihre Hand und wieder zurück schießen. Er fährt durch mich hindurch und lässt mich in köstlicher Erregung erschauern. Ich kann meine Hand nicht vom Hals des Pferdes nehmen und sie auch nicht. Es schmiedet uns zusammen. Das Pferd schaut uns an, distanziert, aber verständnisvoll. Vielleicht passiert es nie wieder, aber ich möchte mich daran erinnern. An das hier erinnern.
    Ich denke gerade erstaunt, dass ihr Pferd ein schöneres Zuhause hat als ich – was nur gerecht ist, er ist ja ein Prinz unter den Pferden –, als mir einfällt, wie spät es schon sein muss. Es ist fast dunkel. Mama weiß nicht, wo ich bin. Sie wird sich Sorgen machen. Ich bekomme Angst. Wenn das hier nun gar nicht so toll ist? Wie könnte es auch? Es ist falsch. Es hätte nie passieren dürfen. Das hier ist Katie Williams , Herrgott noch mal … vermutlich ist die Polizei schon unterwegs!
    »Ich muss jetzt los. Meine Mutter … ich habe gesagt, dass ich nicht allzu spät komme.« Ich kann ihr nicht in die Augen sehen. Selbst das Pferd wendet den Kopf und schaut mich an, als hätte ich etwas Falsches und Dummes getan.
    »Na schön.«
    Katie nimmt die Hand von Subadars Hals und durchbricht den Kreis. Der magnetische Strom ist ausgeschaltet, plötzlich bin ich erschöpft. Ihre Stimme deutet an, dass ich eine der größten Möglichkeiten meines Lebens verpasst habe.
    Ihr Vater, der Stadtrat, fährt mich zähneknirschend nach Hause – in einem anderen Auto, einer blauen Limousine. Immerhin bin ich inzwischen wieder trocken. Katie winkt flüchtig und verschwindet nach oben. Ich sehe ihr nach, doch es gibt keinen bedeutungsvollen Schlafzimmerblick, den ich genießenkann, kein Versprechen und keinen Händedruck. Ich frage mich, ob Mr Williams mich womöglich in den Wald fährt und dort umbringt.
    »Du wohnst also an der Eastwick Road?«, fragt er knapp.
    Mrs Williams muss ihm gesagt haben, dass ich ein Zigeuner bin. Mein Herz schlägt bis zum Hals, als ich warte, was jetzt kommt. (Sie hat angefangen! Ich habe mich überhaupt nicht gerührt – jedenfalls nicht freiwillig …) Es kommt nichts. Er fragt mich nach den Unterschieden zwischen privaten und städtischen Stellplätzen – vermutlich aus beruflichem Interesse. Ich bringe ein paar Worte heraus, kann aber nicht erklären, wie es

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