Was mit Rose geschah
Katie ein paar Tipps geben.«
Ich lächle, als wäre die Idee völlig bizarr.
»Komm doch mit zu uns. Wir können es uns zusammenansehen. Und du kannst trocken werden … danach bringen wir dich nach Hause – bitte, Mum.«
Sie beugt sich vor und lächelt ihre Mutter einschmeichelnd an. Ich bin so verblüfft, dass mir die Worte fehlen. Katie Williams, der nach Erdbeeren duftende Supersnob, will mich zu sich nach Hause einladen? Kann das sein?
Mrs Williams wirft einen Blick über die Schulter. »Hm, vielleicht ist das keine schlechte Idee. Du siehst ganz durchgefroren aus.«
»Aber meine Mutter wartet auf mich.«
»Du kannst deine Eltern anrufen und ihnen sagen, wo du bist. Wir sind in einer Minute da.«
»Ich …«
Ich will nicht sagen, dass ich Mama nicht anrufen kann, weil wir kein Telefon haben. Das muss Katie doch wissen. Oder sie kann sich nicht vorstellen, dass jemand kein Telefon hat. Ich weiß nicht, was ich sagen soll, also sage ich gar nichts, was die anderen als Zustimmung auffassen, denn eine Minute später rollt der Range Rover eine lange Auffahrt entlang zu einem Haus, verglichen mit dem Stellas Heim wie ein Gartenschuppen aussieht (und unser Wohnwagen wie eine Hundehütte). Es ist ein Herrenhaus. Ich kann mir gar nicht vorstellen, wie viele Zimmer es darin gibt. Eine Menge. Es ist praktisch so groß wie die Schule.
Vielleicht ist Katie Williams doch ganz in Ordnung. Wir trinken Tee und essen Kuchen – einen richtig leckeren Obstkuchen, der köstlich und vermutlich auch noch gesund ist. Wahrscheinlich wurde er in dieser gigantischen Küche hier gebacken, in der es sogar eine Frühstückstheke gibt. Einen riesigen Esstisch gibt es auch, für Mittag- und Abendessen, nehme ich an, aber dazu auch noch ein separates Esszimmer, in dem etwa zwanzig Leute Platz finden. In einem kleinen Raum gleich neben der Diele, der nur dem Telefon vorbehalten ist, tue ich, als würde ichMama anrufen. Ich murmele in das Rufzeichen hinein, obwohl mir keiner zuhört. Ich kann nicht fassen, dass das Telefon sein eigenes Zimmer hat. Katie hat keine Geschwister, also wohnen nur drei Leute in diesem gewaltigen Haus. Zehn Zimmer für jeden, schätze ich. Ich glaube, ich könnte das nicht aushalten. Viel zu unheimlich.
Jetzt sitzen wir mit unseren Büchern und frischem Tee in Katies Arbeitszimmer (!). Mir ist, als würde gleich etwas passieren, aber ich bin mir nicht sicher, was das sein soll oder ob es mir gefallen würde. Sie hat einen richtigen Schreibtisch und einen Stuhl mit Rollen wie im Büro, und es gibt ein Sofa und Poster an den Wänden – manche sind Kopien von echten Gemälden: Ich sehe eine Ballerina und ein Pferd, das auf den Hinterbeinen steht. Es gibt ein Poster von Tears for Fears und eins von Madonna. Dabei ist das hier nicht mal ihr eigentliches Zimmer.
»Wie geht es Stella?« Irgendwie muss ich das Schweigen brechen. Stella fehlt seit fast einer Woche wegen Grippe.
»Keine Ahnung.«
Das überrascht mich. Telefonieren beste Freundinnen nicht ständig und tauschen Klatsch aus?
Katie betrachtet ihre Fingernägel, deren rosa Glitzerlack abblättert. Dann sagt sie: »Du magst sie, oder?«
»Wen … Stella?«
»Ja. Ihr habt letztes Jahr immer zusammen rumgehangen.«
»Ja, schon. Aber das war letztes Jahr.«
Bevor du sie mir weggenommen hast, denke ich. Doch um fair zu sein, war es nicht Katie, sondern der Besuch im Wohnwagen, der alles kaputt gemacht hat.
»Du stehst also noch auf sie?«
»Mein Gott! Ich steh doch nicht auf sie! Wir sind nur Freunde, du weißt schon …« Es platzt aus mir heraus, bevor ich mich bremsen kann. Dann komme ich mir mies vor, weil ich tatsächlich auf Stella gestanden habe, sehr sogar. Obwohl ich sie in den letzten Monaten praktisch aufgegeben habe.
»Sie mag jetzt Andrew Hoyte.«
»Ja, ich weiß.«
Das ist nichts Neues. Die meisten Mädchen mögen ihn – er ist groß und blond und sieht aus wie zwanzig. Ich glaube, er hat diese Krankheit, bei der man vorzeitig altert, sage ich und Katie kichert.
Es ist erstaunlich. Als wären wir Freunde. Ermutigt fange ich an, über ein paar andere Arschlöcher aus der Schule zu reden. Katie findet alles lustig, was ich sage. Sie scheint meiner Meinung zu sein. Erstaunlich.
»Magst du The Smiths?«
Sie kriecht zu einem Kassettenrekorder, der auf dem Boden steht, und legt das neue Album ein – das ich noch nicht habe.
»Was ist dein Lieblingssong?«
Woher kann sie wissen, dass ich The Smiths mag, außer von Stella?
»Hm,
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