Was Paare stark macht
diktieren, ob etwas schlimm ist für Sie oder nicht. Wenn Sie etwas nachhaltig wütend oder traurig macht, ist das für Sie sehr real und aufwühlend. Und hat seine guten Gründe.
Thomas …
…hat am frühen Nachmittag eine wichtige Sitzung. Er hat sich darauf gut vorbereitet, hat die Dossiers und Unterlagen studiert und fühlt sich sattelfest. Der Vorgesetzte scheint eine schlechte, gereizte Laune zu haben, führt fahrig durch die Sitzung und kanzelt Thomas ab. Ohne Begründung lehnt er dessen Vorschläge als untauglich ab und beschuldigt ihn schliesslich auch noch, er habe die Unterlagen in der falschen Reihenfolge vorbereitet. Thomas fühlt sich ungerecht behandelt, schluckt seinen Ärger aber herunter und verlässt am Schluss die Sitzung, ohne sich gegen die unfairen Anschuldigungen zur Wehr gesetzt zu haben. Noch tagelang studiert er darüber nach, wieso er sich in Situationen, in denen ihm eine Ungerechtigkeit widerfährt, einfach nicht angemessen wehren kann.
Versuchen Sie immer wieder, auch die Situation Ihres Partners zu sehen: Für einen Aussenstehenden – und wenn es um Ihr Innerstes geht, sind nun mal alle anderen Aussenstehende – ist es rational vielleicht wirklich sehr schwer nachzuvollziehen, warum Ihnen zehn Minuten Verspätung, eine Busse von 40 Franken oder die schlechte Laune des Chefs so zusetzen. Und möglicherweise wissen Sie ja selber nicht so genau, was dahintersteckt.
Die folgenden Abschnitte zeigen, warum alle Menschen wunde Punkte haben und wie man sie selber entdecken kann.
So entstehen unsere wunden Punkte
Jeder Mensch macht in seinem Leben seit frühester Kindheit Erfahrungen im Umgang mit anderen Menschen. Erfahrungen, die schön und stärkend sind, aber auch solche, die einschüchtern und kränken. Zusammen bilden die aufbauenden ebenso wie die schwächenden und schädigenden Erfahrungen die Sozialisationsgeschichte. In dieser Sozialisationsgeschichte bilden sich sogenannte Schemas aus. Schemas sind Produkte unserer Lerngeschichte, welche einen Einfluss auf das Hier und Jetzt haben, auf unsere Wahrnehmung, unser Denken, unser Fühlen und unser Verhalten. Wie eine getönte Brille beeinflussen sie die Art und Weise, wie wir die Welt sehen und wie wir uns darin bewegen.
Tim…
…hörte als Kind von seinem Vater immer wieder, dass er ein Nichtsnutz sei, dass die anderen Geschwister alles viel besser machen würden unddass er dumm und ein Störenfried sei. Wenn Tim eine gute Schulnote nach Hause brachte, war der einzige Kommentar des Vaters: «Ha, war wohl eine einfache Prüfung, was!» Oder: «Hast wieder mal Glück gehabt, auch ein blindes Huhn findet mal ein Körnchen.» Tim lernte so, dass er es nie richtig machen konnte und Erfolge nicht sich selber zuschreiben durfte – das wird zu einem Schema. Später, im Erwachsenenleben, wird dieses Schema im Beruf immer wieder aktiviert. Wenn ihm Aufgaben anvertraut werden, traut sich Tim diese vorerst mal nicht zu. Sobald jemand etwas an seinen Arbeiten kritisiert, wehrt er sich nicht, selbst wenn die Kritik ungerechtfertigt ist. Tim wird traurig und resigniert.
Auch wenn wir alle solche Schemas haben, wissen die wenigsten von uns über sie Bescheid. Deshalb kann es sein, dass wir in bestimmten Situationen heftig oder einfach seltsam reagieren, ohne dass uns klar ist, warum.
Wenn ein Vorfall unser Innerstes trifft
Erlebt der Mensch Stress oder ein belastendes Ereignis, kann ihn das auf mehreren Ebenen berühren. Sachlich und oberflächlich – oder aber auch tiefer, wenn ein wunder Punkt getroffen wird (eben ein Schema aktiviert wird). Unser Erleben lässt sich dabei wie ein Trichter abbilden:
ERLEBNISTRICHTER
Auf der obersten Ebene dieses Erlebnistrichters liegt die sachliche, detailreiche Beschreibung des Geschehenen. Also das, was nüchtern betrachtet passiert ist und uns gestresst hat. Hören wir auf uns, nehmen wir erste oberflächliche Gefühle wahr. Unter Druck sind das oft Nervosität, Anspannung oder Gereiztheit, Ärger. Schauen wir genauer hin, stossen wir auf tiefer liegende Gefühle. Sehr oft sind das Gefühle von Scham, Einsamkeit, Trauer, Hilflosigkeit oder vielleicht auch von Verzweiflung und Resignation. Wenn wir der Sache nun ganz auf den Grund gehen, finden wir zuunterst im Trichter vermutlich ein Schema, das während unserer bisherigen Biografie entstanden ist.
Typische wunde Punkte
Grundsätzlich gibt es viele verschiedene Schemas. Es gibt jedoch Themen, die gehäuft auftreten. Beispiele von besonders
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