Was Paare stark macht
Problem als solches zu erkennen und seine Wirkung auf den Partner zu erahnen. Indem sich der vom Stress Betroffene mitteilen kann, eröffnet sich die Gelegenheit, die Situation und die Funktionsweise des Partners besser zu verstehen.
Fragen Sie beide regelmässig und – was unerlässlich ist – wechselseitig nach, dann lernen Sie sich mit der Zeit immer besser kennen, lernen Ihre Stärken und Schwächen gegenseitig zu akzeptieren und zu tolerieren. Nur durch solche Gespräche, in denen Sie einander mit echtem Interesse begegnen, löst sich vieles auf – und damit erledigt sich ganz häufig das Problem. Wenn dieses allerdings zu gravierend ist und die beiden Partner erkennen, dass die Lösung ihre gemeinsamen Kräfte übersteigt, dann sollten sie professionelle Hilfe (Psychotherapie oder Paartherapie) in Anspruch nehmen.
Wissen, was den Partner wirklich bewegt
Nur wenn Sie Ihrem Partner klar mitteilen, was genau Sie an einer Sache wirklich stört, verletzt oder aufwühlt, hat er eine Chance, Sie zu verstehen und Ihnen dabei zu helfen, das Problem zu bewältigen. Tauchen Sie im Trichter des Erlebens nach unten, vorbei an den sachlichen Details, unwichtigen Rahmenbedingungen und den oberflächlichen Emotionen, und stossen Sie über die tiefer liegenden Emotionen zu Ihrem Schema vor. Sie werden viel darüber erfahren, wie Sie die Welt sehen.
Um Ihr persönliches Schema zu entdecken, brauchen Sie Zeit und die Bereitschaft, die einschlägigen Situationen kritisch zu betrachten. Das belastende Erlebnis nochmals sorgfältig durchzugehen und zu ergründen, warum genau es so schlimm war, fällt häufig leichter, wenn man dies mit dem Partner gemeinsam tun kann, wenn er nachfragt und einen zu verstehen versucht. Es ist dabei sehr wichtig, dass dieser Austausch wechselseitig erfolgt: Einmal erzählt der eine Partner von seinem Stresserleben und sucht Unterstützung, dann wieder hat der andere etwas Belastendes erlebt und braucht ein offenes Ohr. Beide Partner sollten füreinander da sein; vermeiden Sie Einseitigkeit (mehr dazu siehe Seite 138).
Stellen Sie sich vor, Sie sitzen Rücken an Rücken mit Ihrem Partner auf einem Hügel und betrachten durch die getönte Brille Ihrer persönlichen Schemas die Landschaft. Sie sagen: «Die Welt ist rot.» Er sagt: «Oh nein. Die Welt ist blau.» Recht haben beide. Einander verstehen werden Sie aber erst, wenn Sie realisieren, dass Sie beide getönte Brillen tragen, und wenn Sie einander davon auch erzählen.
Wie Sie bei einem solchen Gespräch am besten vorgehen, erfahren Sie im anschliessenden Kapitel.
4.3 Emotionale Selbstöffnung
Legen Sie Ihre Maske ab und erzählen Sie Ihrem Partner, was Sie wirklich umtreibt. So bleiben Sie einander emotional nah und bekommen die Unterstützung, die Ihnen weiterhilft.
Jedes Problem, das mehr ist als eine blosse Bagatelle, hat zwei Seiten: eine emotionale und eine sachliche. Weil es einfacher und vor allem drängender scheint, versuchen die meisten Menschen, zuerst den sachlichen Aspekt zu bewältigen, und hoffen verständlicherweise, dass sich der emotionale Druck anschliessend von alleine in Luft auflöst.
Dasselbe geschieht bei Paaren. Dennoch sollte partnerschaftliche Unterstützung stets auf der emotionalen Seite beginnen, weil man nur so zum wahren Kern eines Problems vorstossen kann. Und meistens zeigt sich, dass der alles andere als rein sachbezogen ist, sondern ganz viel mit uns und unseren Erfahrungen – unserer individuellen Lerngeschichte – zu tun hat.
ERSTE HILFE LEISTEN
Das hilft
> Zuhören und Interesse signalisieren
> Offene Fragen stellen: Was ist passiert? Wie ging es dir dabei?
> Verständnis zeigen
> In den Arm nehmen, halten, Zuwendung geben
Das sollten Sie unterlassen
> Das Problem ignorieren
> Das Problem kleinreden, herunterspielen und nicht ernst nehmen
> Sofort sachliche Hilfe und Ratschläge geben wollen
> Den Partner in seinem Stress lächerlich machen und abwerten
Von Killerphrasen und falschem Trost
«Das ist doch gar nicht so schlimm!» Diese Reaktion in einer Stresssituation ist zwar meist gut und tröstend gemeint, aber sie richtet häufig mehr Schaden an, als dass sie hilft. Denn sie signalisiert dem Hilfesuchenden, dass sein Problem eigentlich gar keines ist und dass es unverständlich ist, wegen «so einer Kleinigkeit» überhaupt in Stress zu geraten oder um Unterstützung undVerständnis nachzusuchen. Und so werden gut gemeinte Worte in der Belastung zu einer zweiten
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