Was Paare stark macht
mehrprofitiert, als er gefühlsmässig verdient, strengt sich vielleicht mehr an, um die Belohnung zu verdienen. Oder aber er fängt an, die Vorteile gedanklich abzuwerten und als etwas Selbstverständliches zu sehen, als etwas, was ihm zusteht.
Die Bilanzierung zwischen Geben und Nehmen muss nicht unmittelbar, jedoch längerfristig zwingend ausgeglichen sein. So kann man durchaus über längere Zeit beim anderen in der Kreide stehen oder mehr investieren als er (siehe weiter unten), doch dann muss ein Ausgleich stattfinden. Häufig zählt dabei nicht das, was man objektiv gibt oder erhält, sondern, wie dieses Geben und Nehmen subjektiv bewertet wird.
Deshalb braucht es ein ausgewogenes Verhältnis
Mit Berechnung oder gar Kleinkrämerei hat dieses Abwägen der Beiträge nichts zu tun. Aber bei einem Ungleichgewicht macht sich möglicherweise früher oder später eine Malaise breit. Vielleicht stellen sich Fragen wie: Warum fühle ich mich in der Beziehung nicht zufrieden? Weil ich mir ausgenutzt vorkomme? Weil ich mehr hineingebe als der andere? Weil ich dem anderen nie etwas geben kann, nur immer nehmen muss?
Interessanterweise löst bei vielen Menschen auch ein Übermass an Nehmen Unzufriedenheit aus. Und das aus gutem Grund: Wer geben kann, erlebt Wertigkeit, Sinnhaftigkeit, Nützlichkeit und möglicherweise auch Überlegenheit. Wer hingegen immer nur nehmen muss und nie etwas zurückgeben kann, für den hat das Nehmen möglichweise mit der Zeit einen Beigeschmack von Abhängigkeit, Mitleid oder Unterlegenheit. Sätze wie «Ich kann ihm nie etwas schenken, er hat keine Wünsche», «Ich kann ihr nie etwas geben, sie kann ohnehin alles besser», «Er will nichts von mir, er hat schon alles oder kauft es sich selbst» sind in einer Partnerschaft ebenso problematisch wie ein Zuviel an Nehmen.
Beide Partner müssen die Gelegenheit haben, zu geben und zu nehmen. Schaffen Sie diese Gelegenheiten! Beschenken Sie sich nicht nur materiell (CDs, Bücher, Süssigkeiten, Schmuck, Kleider), sondern auch mit sozialen Gesten (Lächeln, Interesse zeigen, Nachfragen, Verwöhnen, Zärtlichkeit, Zuwendung).
Und was, wenn es ein Ungleichgewicht gibt?
Es gibt in Beziehungen immer wieder Phasen, in denen das Geben und Nehmen aus dem Gleichgewicht gerät. Vielleicht, weil der eine Partner krank oder gerade im Job verstärkt eingebunden ist. Das braucht nicht problematisch zu sein, wenn das Ungleichgewicht zeitlich beschränkt ist. Der«Ausgleich» muss auch nicht heute oder morgen passieren, jedoch in absehbarer Zeit.
Dabei ist es wichtig zu bedenken, dass jeder immer geben kann. Vielleicht sind lediglich die Beiträge anders oder kleiner als in früheren Phasen der Beziehung.
Gertrud…
…ist seit Längerem krank und bettlägerig. Sie kann viele Aufgaben im Haus und ausserhalb nicht mehr erledigen. Ihr Mann Max übernimmt diese, geht einkaufen, wäscht und bügelt und kümmert sich weitgehend um die Kinder. Getrud hilft ihm dafür bei seinem Job als Makler, so gut sie kann. Mit einem Laptop auf der Bettdecke erledigt sie für ihn administrative Aufgaben, recherchiert im Internet und bedient das Telefon. So kann sie sich weiterhin nützlich machen und ihren Mann in vielen Aspekten entlasten. Max seinerseits geniesst die zusätzliche Zeit, die er nun mit den Kindern verbringt.
Wie viel «wert» ist mein Beitrag?
Seien Sie nicht vorschnell bei der Bewertung von Ressourcen, die jemand einbringt. Denn die Vielfalt ist riesig: Dazu zählen sowohl materielle als auch weniger handfeste Dinge wie Fähigkeiten oder Persönlichkeitszüge. Herrscht auf den ersten Blick ein Ungleichgewicht zwischen den Partnern, so häufig nur deshalb, weil sich Äpfel nicht mit Birnen vergleichen lassen: Der eine Partner steuert vielleicht mehr materielle Güter bei und ist tatkräftig, während der andere für Esprit oder Wärme sorgt. Einer behält in Krisensituationen einen kühlen Kopf, der andere ist ein Meister am Herd.
Niemand wird entscheiden können, welcher Beitrag der wichtigere oder wertvollere ist. Und selbst wenn es ein objektives Mass gäbe, wäre es nicht von Bedeutung. Es spielt keine Rolle, wer welche und wie viele Ressourcen in die Beziehung bringt. Entscheidend ist allein, dass die beiden Partner den Austausch als fair erleben.
Wie geht man mit Zweifeln am Selbstwert um?
Die meisten Menschen kennen das Gefühl, manchmal oder allgemein mit dem Partner nicht mithalten zu können. Vielleicht, weil sie materiell schlechter gestellt
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