Was Paare stark macht
seine Bedürfnisse anpassen kann.
Janine und Claude…
…sind seit vier Jahren ein Paar. Die beiden haben sich stets stark angezogen und eine heftige Leidenschaft füreinander gespürt. Zu Beginn hatten sie viel Sex, an gewissen Tagen mehrmals. Beide hatten eine starke Libido und genossen die gemeinsame Körperlichkeit. Als vor einem halben Jahr ihre Mutter gestorben ist, hat dies Janine sehr zugesetzt. Seither weint sie häufig abends im Bett, ist niedergeschlagen und energielos. Sie will für sich sein, und vor allem hat sie keine Lust auf Sex. Claude zeigt zwar vordergründig Verständnis, sieht jedoch nicht wirklich ein, weshalb sie nicht mehr miteinander schlafen. Er braucht mehr Sex, bedrängt Janine und wird gereizt, wenn sie sich ihm entzieht oder ihn zurückstösst.
Eines Tages realisiert Janine, dass Claude mit einer Freundin schläft. Sie spricht ihn darauf an, es kommt zum Streit. Claude bleibt dabei, dass er mehr Sex brauche, dass es für ihn kein Leben ohne Sex gebe, auch nicht vorübergehend. Janine merkt, dass sie damit Mühe hat und ihr alles sehr weh tut. Dennoch gibt sie sich ihm wieder hin, hofft, dass er bei ihr bleibt. Die Situation zerreisst sie. Nach einem Monat sucht sie erneut das Gepräch mit Claude und erklärt ihm, dass es für sie so nicht stimmt, dass sie etwas tut, was ihr nicht guttut. Claude ist uneinsichtig. Da die beiden keine Lösung sehen, trennen sie sich.
Vorsicht vor Machtkämpfen
Machtkämpfe sind Gift für jede Beziehung – sie kosten viel Kraft, ohne produktiv zu sein. Anzeichen dafür sind eine Kommunikation,die sich verschlechtert (siehe Seite 79) oder gar der Umstand, dass ein für den anderen unerwünschtes Verhalten erst recht beibehalten oder sogar noch verstärkt wird.
Wenn Sie bei einer Auseinandersetzung merken, dass Sie dem Partner schlechte Absichten unterstellen, oder befürchten, von ihm über den Tisch gezogen zu werden, dann ist die Chance gross, dass Sie sich in einem Machtkampf befinden. Bei einem Machtkampf geht es immer darum, zu siegen: den anderen zu dominieren, die eigenen Bedürfnisse, Wünsche und Ziele denjenigen des anderen überzuordnen und deren Erfüllung einzufordern. Eine solche Haltung führt nie zu einer guten Lösung. Doch wenn man in früheren Beziehungen schlechte Erfahrungen gemacht hat oder zu Hause bei den Eltern diesen Umgang miteinander beobachten konnte, kann er auch in der eigenen Partnerschaft Fuss fassen.
Haben Sie ein wachsames Auge auf sich selber. Ertappen Sie sich dabei, dass Sie dem Partner mit einer Handlung oder einer Bemerkung eins auswischen wollen? Ziehen Sie die Notbremse und fragen Sie sich, weshalb das so sein könnte. Denn solche «Jetzt zeig ichs dir»-Spiele schaden enorm und bringen weder Ihnen noch Ihrer Partnerschaft einen Nutzen.
Einschränkungen? Nicht mit mir!
Grösse zeigen und im richtigen Moment und in der richtigen Sache tolerant sein hat auch Vorteile. Denn wenn Sie fünf auch mal gerade sein lassen, kann dies manchmal auf unerwartete Weise zur langfristigen Lösung eines Problems beitragen. Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass Leute, wenn man sie zu etwas drängt, mit Gegendruck und Aggression reagieren. Um auf das Beispiel von Alena und Mirko zurückzukommen (Seite 133): Je mehr Alena Mirko zu zwingen versucht, sein Geschirr wegzuräumen, desto mehr wird er es liegen lassen. Vielleicht aus Trotz und Widerstand, vielleicht um kein Territorium an sie zu verlieren oder keine Niederlage einstecken zu müssen. Damit sind wir erneut beim Thema Machtkampf. Beide kämpfen darum, mit ihrem Anliegen zu gewinnen. Es geht nicht mehr um die Sache selber, sondern nur noch darum, wer gewinnt.
Die Folge sind Frustrationen und Verletzungen auf beiden Seiten – am Schluss gehen beide als Verlierer aus der Auseinandersetzung hervor. Wenn es dagegen beiden gelingt,dem anderen wirklich mitzuteilen, worum es geht, dann können Machtkämpfe vermieden werden. Dann kann man einlenken, weil man nicht dazu gezwungen wird. Man kann aus eigener Grosszügigkeit sein Verhalten ändern – und das fühlt sich ganz anders an.
Viele Änderungen werden gemacht, wenn der Druck wegfällt, sie machen zu müssen. Denn erst dann hat der Handelnde genügend Luft, sich aktiv und freiwillig für diese Änderung zu entscheiden.
Vielleicht braucht es manchmal mehrere Gespräche, um ein Problem zu lösen. Wie ab Seite 40 gezeigt wird, braucht es für tiefere Begegnungen zwischen den Partnern Zeit und Raum. Nur dann ist es
Weitere Kostenlose Bücher