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Was Paare stark macht

Was Paare stark macht

Titel: Was Paare stark macht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Braendli
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schliesslich fast eine ganze. Auch auf dem Handy ist Ihr Partner nicht zu erreichen – und das Essen ist längst kalt.
    Wie erklären Sie sich die Situation? Welche der unten stehenden Erklärungen kommt der Ihren am nächsten?
    >  Etwas Unvorhergesehenes ist passiert. Vielleicht ein Stau?
    >  Mein Partner wurde wohl im Büro aufgehalten. Vielleicht hatte der Chef einen Sonderwunsch.
    >  Mein Partner hat den Termin vermutlich schlicht vergessen.
    >  Pünktlichkeit war noch nie die Stärke meines Partners.
    >  Mein Partner treibt sich irgendwo rum. Meine Bedürfnisse waren ihm schon immer egal.
    Der wahre Grund hinter einem Vorgang ist oft nicht restlos erklärbar. Fest steht aber: Je nachdem, welche Erklärungen wir für das Ergebnis wählen, fällt unser Urteil über uns selbst mehr oder weniger schmeichelhaft aus. Und diese Ursachenzuschreibungen sind ein weiterer Faktor, der auf unsere Partnerschaft einwirkt – und den wir beeinflussen können.
    Das Gedankenexperiment im Kasten oben zeigt: Die genau gleiche Situation lässt sich auf verschiedenste Weise erklären; alle aufgelisteten Erklärungen sind durchaus denkbar. Vielleicht ist Ihnen aber schon beim Durchlesen aufgefallen, dass es gefühlsmässig einen Unterschied macht, welche Variante Sie heranziehen: Wer die Verspätung auf einen Zwischenfall zurückführt, ist vielleicht besorgt. Vermuten Sie dahinter eine Forderung des Chefs, sind Sie vielleicht auf den Vorgesetzten ärgerlich, aber nicht auf den Partner. Etwas anders sieht es aus, wenn Sie die Verspätung als ein Versäumnis des Partners, als eine generelle Schwäche von ihm oder sogar als einen «Charakterfehler» sehen. Dann dürften eher Frust und Ärger aufkeimen. Denn auch hier gilt:
    Was wir denken, bestimmt, wie wir fühlen.
    Kleine Systematik der Ursachenzuschreibung
    Die Art und Weise, wie wir unplanmässige Ereignisse erklären, funktioniert nach einem ganz bestimmten System. Entscheidend sind folgende drei Fragen:
    1. Ort: Liegt der Grund bei meinem Partner oder sind äussere Gründe entscheidend? «Hat der Partner die Abmachung vergessen oder gab es einen Stau?»
    2. Zeit: Reagiert mein Partner diesbezüglich ständig so oder nur in diesem konkreten Fall? «Vergisst mein Partner des Öftern Abmachungen mit mir oder ist dies nur heute so?»
    3. Thema/Bereiche: Reagiert mein Partner in allen Bereichen so oder nur bei diesem einen? «Hält mein Partner nur Abmachungen mit mir nicht ein oder kommt er zu allen Verabredungen zu spät?»
    Natürlich ist es nicht so, dass wir in einer solchen Situation blitzschnell alle diese Fragen abchecken. Das passiert unbewusst und in Sekundenbruchteilen. Oft greifen wir auch auf vorgefertigte Erklärungen zurück – und die können mehr oder weniger vorteilhaft für uns oder den Partner ausfallen.
    Kombiniert man alle drei Fragen, kommt man für ein Ereignis auf insgesamt acht mögliche Erklärungen (siehe Tabelle auf der Seite nebenan).
    Die Tabelle zeigt, wie unterschiedlich ein und dasselbe Ereignis erklärt werden kann. Von Bedeutung ist vor allem, ob man die schlechte Laune des Partners auf äussere Umstände (externale Urachenzuschreibung) oder auf den Partner selber (internale Ursachenzuschreibung) zurückführt. Und ob man denkt, dass der Zustand nur gerade jetzt aktuell ist oder dass es sich um einen Dauerzustand handelt.
    So nicht: Diese Einschätzungen schaden der Partnerschaft
    Problematisch wird es dann, wenn man sich bei Erklärungsversuchen in «Nie»- und «Immer»-Begründungen verstrickt und beispielsweise alles auf schlechte, überdauernde Charaktereigenschaften schiebt. Annahmen wie: «Er war schon immer unpünktlich», «Sie ist einfach zu unsensibel, um das zu verstehen» oder «Er beachtet mich sowieso nicht, weil er kein Sensorium für Frauen hat» sind undifferenzierte und unfaire Rundumschläge gegen den Partner. Einerseits färben diese Einschätzungen Ihre Gefühle ein, andererseits beeinflussen sie den Partner (erinnern Sie sich noch an den Rosenthal-Effekt, der bei den Erwartungen auf Seite 159 besprochen wurde?). Wenn Sie denken, dass er immer zu spät kommt, weil er einen schlechten Charakter hat, dann wird es ihm schwerfallen, dagegen anzukämpfen und das Bild, das Sie von ihm haben, zu korrigieren. Wählen Sie aber eine günstigere Zuschreibung, schaffen Sie eine bessere Ausgangslage: «Pünktlichkeit ist zwar nicht deine Stärke. Ich bin aber sicher, dass du das mir zuliebe ändern kannst, wenn es mir wichtig

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