Was sich kusst das liebt sich
lieben kann, wenn du dünn bist, dann liebt er dich überhaupt nicht.«
» Ich habe mich heute mit ihm getroffen«, sagte Neve, und als Max sämtliche Muskeln anspannte und ein Stück abrücken wollte, packte sie seine Handgelenke und hielt ihn fest. » Er will, dass ich mit ihm nach Warwickshire ziehe.«
Es war interessant, zu sehen, wie Max’ Gesicht in sich zusammenfiel. Ermutigend und entmutigend zugleich, denn binnen Sekunden hatte er sich wieder im Griff und setzte eine kalte, harte Miene auf.
» Gratuliere«, sagte er steif. » Könntest du mich bitte loslassen?«
» Nein, kann ich nicht.« Neve verstärkte den Griff um seine Handgelenke, und Max protestierte nicht, obwohl er vermutlich blaue Flecken davontragen würde. Aber es war ihm anzusehen, dass er seinen Zorn nur mit Mühe im Zaum halten konnte. » Er hatte sich schon alles ganz genau überlegt. Ich sollte meinen Job an den Nagel hängen und an der Universität Warwick promovieren, damit ich seine wissenschaftliche Hilfskraft werden kann. Ich sollte ihn nämlich bei den Recherchen für irgendein langweiliges Buch unterstützen, das er zu schreiben gedenkt. Und dann fand ich heraus, dass seine Verlobte…«
» Er ist verlobt?«, stieß Max hervor. Neve hätte es nicht für möglich gehalten, aber seine Miene wurde noch verschlossener, noch abweisender. » Das muss deinen Masterplan ja ganz schön durcheinandergebracht haben.«
» Nun hör mir doch einfach mal zu, statt mich ständig zu unterbrechen!«, beschwerte sich Neve. » Der wichtige Teil kommt erst noch, also würdest du jetzt bitte die Klappe halten?«
» Was denn für ein wichtiger Teil? Du hast wochenlang umsonst gehungert, weil du nicht wusstest, dass Mr California verlobt ist…«
» Schnauze!« Das war schon fast gebrüllt gewesen. » Im Ernst, Max. Versprich mir, dass du den Mund halten wirst.«
» Okay, ich versprech’s.« Er seufzte und verdrehte die Augen. Neve wäre es lieber gewesen, wenn er in einer etwas versöhnlicheren Stimmung gewesen wäre, wenn sie ihm quasi ihr Herz auf dem silbernen Tablett servierte. Hoffentlich spürte er nicht, wie sehr ihre Finger zitterten, die noch immer seine Handgelenke umklammert hielten.
» Also, wo war ich? Ach ja. Noch ehe seine Verlobte aufgetaucht war, und noch ehe er mir unterstellt hatte, ich hätte meine Intelligenz gegen einen schlanken Körper ausgetauscht,– als könnte man nicht schlank und intelligent zugleich sein… noch ehe all das passiert war, saß ich da und hörte ihm zu, während er re dete und redete, und da wurde mir etwas sehr Wichtiges klar.«
» Was?«, fragte Max mürrisch. Dann fiel ihm sein Schweigegelübde wieder ein, und er klappte den Mund zu.
Neve beschloss, es ihm noch einmal durchgehen zu lassen. » Mir ist klar geworden, dass ich mich vor ihm nicht nackt ausziehen will– und zwar nicht wegen meiner ganzen Komplexe, sondern weil ich kein bisschen auf ihn stehe. Ich habe mich gefragt, warum das so ist, denn ich meine, William ist attraktiv und superintelligent, und ich habe jahrelang gedacht, ich würde ihn lieben. Aber wie sich herausstellte, habe ich nur die platonische Idee von ihm geliebt, und die Realität war eine ziemliche Enttäuschung.«
Sie ließ Max los, um sich mit den Fingern durch die feuchten Haare zu fahren, und er schien zu spüren, dass sie noch nicht fertig war, denn er schwieg, ohne den Blick von ihrem Gesicht abzuwenden.
» William würde für mich weder die Schokolade von schokogetunkten Erdbeeren abbeißen, noch würde er die Abkürzung WAG in alle möglichen Popsongs reinpfriemeln, um mich zum Lachen zu bringen, und er würde sich garantiert nie einen Film mit Sandra Bullock reinziehen, außer vielleicht eine Shakespeare-Adaption, und selbst dann würde er mich ständig nur auf die historischen Ungenauigkeiten hinweisen. Und er würde mich niemals eine halbe Stunde oral verwöhnen, nachdem er im Scrabble verloren hat. Wahrscheinlich würde er überhaupt nichts tun, bei dem seine Frisur gefährdet wäre. Und außerdem läuft er seit Neuestem mit aufgestelltem Hemdkragen herum, und habe ich erwähnt, dass er nicht du ist? Er ist nicht du, Max, und deshalb freue ich mich sogar, dass er verlobt ist und nach Warwickshire zieht, denn auf diese Weise werde ich nicht ständig daran erinnert, wie dämlich ich war.«
Damit hatte sie ihr Plädoyer beendet und lehnte sich zurück, um ihn, auf die Ellbogen aufgestützt, ängstlich und atemlos zu betrachten. Er starrte gedankenverloren auf
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