Was sich kusst das liebt sich
gemütliche Platze für Sie und Ihre Schatze«. Neve musste sich sehr zusammennehmen, um nicht laut loszuprusten. Das hier hatte so gar nichts mit den vornehmen Eröffnungspartys in irgendwelchen Museen gemein, auf denen er sonst mit Mannequins Küsschen austauschte und mit Crème fraîche bestrichene Kanapees knabberte. » Du findest es furchtbar, oder?«, kicherte sie.
» Ich muss nicht unbedingt immer in minimalistischen Restaurants in Soho Mahi Mahi essen. Bier und Pizza geht genauso.« Max schlug die Speisekarte auf. » Dir liegt wohl ganz Finsbury Park zu Füßen, wie?«
» Finsbury Park for ever«, sagte Neve mit todernster Miene, obwohl sie schon wieder losgackern hätte können.
» Deine Wimperntusche ist verschmiert«, bemerkte Max und beugte sich über den Tisch, um ihr mit dem Daumen über die Wange zu reiben. An seinen Arm auf ihren Schultern hatte sich Neve inzwischen gewöhnt, aber das hier fiel in eine ganz neue Kategorie, zumal er die Hand einfach auf ihrer Wange ließ, nachdem er fertig war. » Ich mag die Seite, die ich heute von dir kennenlerne.«
» Was ist das denn für eine Seite?« Neve verspürte plötzlich das Bedürfnis, das Gesicht in seine Handfläche zu schmiegen und wünschte, seine Liebkosung würde etwas bedeuten. Es war schön, so berührt zu werden. Als wäre sie etwas Besonderes. Doch sie zwang sich, stillzuhalten.
» Kichernd und rotbackig… Da kommen deine blauen Augen noch viel besser zur Geltung«, sagte er schlicht, und es klang zur Abwechslung nicht wie einer seiner Anmachsprüche, sondern als wäre es die reine Wahrheit. Dann ließ er die Hand sinken. » Also, was soll ich nehmen, Pizza oder Pasta?«
» Äh, die Pizza ist gut.« Neve war, als könnte sie noch immer seine Finger auf ihrer Haut spüren.
» Teilen wir uns ein Knoblauchbrot als Vorspeise?«
» Max, ich muss dir etwas sagen«, platzte Neve heraus.
Er hob erstaunt den Kopf. » Was denn?«
Sie rückte ihr Besteck zurecht, und dann auch noch die Salz- und Pfefferstreuer. » Das hier ist… ein Riesenschritt für mich, weil ich… Naja, ich habe ein echt gestörtes Verhältnis zum Essen.« Sie lehnte sich zurück und wartete ab. Sie wusste nicht genau, worauf. Wahrscheinlich darauf, dass Max seine Serviette auf den Tisch pfefferte und hinausmarschierte.
» Und inwiefern unterscheidet dich das von 99Prozent aller anderen Frauen?«, fragte er, das Kinn kämpferisch nach vorn geschoben.
» Ich warne dich nur, weil ich nämlich eine Ewigkeit brauche, um zu bestellen, und manchmal muss ich mein Essen zurückschicken, wenn die Küche meine Anweisungen nicht genau befolgt hat.« Neve biss sich auf die Lippen. » Celia ist immer total genervt, wenn wir essen gehen.«
Max zuckte die Achseln. » Ich gehe jeden Tag mit Leuten essen, die in der Unterhaltungsbranche arbeiten, und die wollen alle ihre Omelettes nur mit Eischnee und bloß keine Kohlehydrate. Manche bringen sogar ihr eigenes Essen mit und bitten den Koch darum, es aufzuwärmen. Ganz ehrlich, ich weiß, was es heißt, ein gestörtes Verhältnis zum Essen zu haben, und ich wette, du bist weit davon entfernt.«
Doch seine Worte wirkten alles andere als beruhigend auf Neve, denn die Leute, von denen er sprach, trugen alle Kleidergröße32 und erhielten Millionengagen dafür, dass sie auf ihre Figur achteten. Neve dagegen hätte nicht einmal die große Zehe in ein Kleidungsstück Größe32 quetschen können.
» Naja, ich komm mir eben blöd vor, weil ich so ein Theater mache, und das bei meiner Figur«, murmelte sie. » Bestimmt glauben die meisten Leute, dass ich mir zu Hause kiloweise Kuchen reinstopfe.«
Max musterte sie mit undurchdringlicher Miene. » Das glaubt garantiert niemand«, sagte er schließlich etwas entnervt. » Das bildest du dir bloß ein.«
» Jetzt habe ich alles verdorben, stimmt’s? Ich führe mich auf wie eine Irre. Wahrscheinlich denkst du gerade: ›Meine Güte, wann hält sie bloß endlich den Schnabel? Sobald ich gegessen habe, nehm ich die Beine in die Hand‹.«
» Meine innere Stimme klingt ganz anders.« Max griff nach einer Packung Grissini. » Und jetzt wechsle das Thema, sonst ramme ich mir eins von den Dingern hier ins Auge.«
Neve öffnete ein paar Mal den Mund und klappte ihn wieder zu, wie ein Goldfisch. » Okay, okay«, sagte sie und musterte Max mit schmalen Augen, denn er sah sie an, als würde er ihr nicht zutrauen, dass sie es schaffen würde. » Letztes Jahr habe ich Celia an ihrem Geburtstag hierher zum
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