Was sich kusst das liebt sich
Tatsache abgelenkt, dass sie besser spielte als er und achtete weder auf ihren Hintern noch auf ihre Beine, die in den Leihschuhen kürzer und stämmiger aussahen als sonst.
» Können wir nicht auch die seitlichen Rinnen erhöhen lassen, so wie die da?«, jammerte er, als wieder einmal einer seiner Bälle in der Rinne landete, und deutete auf die Nachbarbahn.
» Das macht man nur für die ganz Kleinen«, sagte Neve, worauf er schmollend die Unterlippe nach vorn schob, und wenn sie nicht bloß eine Pfannkuchenbeziehung geführt hätten, dann hätte sie ihn vermutlich zum Trost geküsst.
Stattdessen zielte sie zweimal absichtlich daneben– ihren Ehrgeiz ein wenig zu drosseln war ein weiterer Kompromiss, den sie bereit war einzugehen. Sie gewann die beiden Spiele trotzdem haushoch, und das, obwohl Max bei seinen letzten Würfen doch noch einen hydraulischen Bumper zu Hilfe nahm, was die Teenager von der Nebenbahn mit verzücktem Quietschen goutierten. Er konnte einem aufmerksamen Publikum einfach nicht widerstehen.
» Das war peinlich«, stellte er fest, nachdem sie die Leihschuhe wieder gegen ihr normales Schuhwerk ausgetauscht hatten und auf die Stroud Green Road hinaustraten. » Aber du… du hast es ja echt drauf.«
Neve hob die Hand. » Ich hab mir drei Fingernägel abgebrochen, falls es dich tröstet.«
» Och, soll ich mal pusten?«, säuselte Max, was sie daran erinnerte, dass sie heute nur zu zweit unterwegs waren und nicht wie sonst von einem Tross schleimender » Freunde« begleitet wurden. Sie wusste nicht so recht, wie sie reagieren sollte.
» Später vielleicht. Vorausgesetzt, du warst brav«, sagte sie, um einen spielerischen Tonfall bemüht, aber es klang trotzdem eine Spur zu lehrerinnenhaft. » Sehr, sehr brav.«
» Und was ist, wenn ich sehr ungezogen war?«, fragte Max.
Neckte er sie? Neve musterte ihn von der Seite. Eindeutig.
» Dann gibt es kein Dessert für dich«, konterte sie und zog ihn am Ärmel, weil sie die Straße überqueren wollte. » Und das würdest du bereuen, denn da, wo wir jetzt hingehen, gibt es ein göttliches Tiramisu.«
» Kein Nobel-Fresstempel also?«
» Das gemeine Fußvolk verkehrt nicht in Nobel-Fresstempeln, sondern in Etablissements wie diesem hier.«
Sie hielt vor dem riesigen italienischen Restaurant, in dem ihre Familie traditionellerweise jedes Bowling-Event ausklingen ließ. Max spähte etwas argwöhnisch durchs Fenster, hinter dem soeben ein Kellner vorbeieilte, der eine mit unzähligen Kerzen bestückte Geburstagstorte trug.
» Sieht ganz nett aus. Das Essen muss gut sein, sonst wäre der Laden nicht so voll, oder?«
Neve kam nicht mehr dazu, ihm von der Holzofenpizza vorzuschwärmen, denn in diesem Moment schwang die Tür auf und der Besitzer, ein runzliger kleiner Mann, der von einem Ohr zum anderen grinste, drückte sie an sich.
» Miss Neve«, sagte er und hielt sie auf Armeslänge von sich, um sie zu betrachten. » Du biste ja nur noch eine Schatten deiner selbst! Zeit für eine ordentliche Teller Pasta, hm?«
» Nur ein winziges Portiönchen«, flötete Neve und hörte Max hinter sich kichern, während Marco sie gestenreich hereinbat.
» Den besten Tisch im Hause für Miss Neve«, brüllte er quer durch den Raum und fügte dann, zu Max gewandt, aus dem Mundwinkel hinzu: » Wenn du sie nicht anständig behandelst, danne zerren dich meine Jungs in den Hinterhof und schneiden dich in Stücke.«
» Ich bin sehr nett zu ihr«, versicherte ihm Max. Marco geleitete sie zu einem Tisch am Fenster, wo sich die beiden dann darum zankten, wer von ihnen Neve den Stuhl zurechtrücken durfte. Neve wäre am liebsten im Boden versunken.
Max ging siegreich aus der Schlacht hervor, dafür entfaltete Marco eine blütenweiße Stoffserviette und breitete sie ehrfürchtig über ihrem Schoß aus.
» Iche bringe euch gleich eine Flasche Wein. Aufs Haus«, insistierte er, obwohl Neve heftig protestierte. » Wie geht’s Barry und Margaret? Gute?«
» Tut mir leid«, zischte sie Max zu, als Marco endlich gegangen war, nicht ohne sich vorher nach dem Befinden des gesamten Slater-Clans zu erkundigen und Neve zu fragen, wie es » in ihrer Bücherei« lief. » Ich konnte echt nicht ahnen, dass er sich wie ein besorgter Daddy aufspielen würde.«
» Naja, lächle einfach und tu so, als fändest du meine Scherze witzig– ich will nicht als Zürcher Geschnetzeltes enden«, zischte Max zurück. » Was steht eigentlich hinten auf den Hemden der Kellner?«
» Eine
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