Was sich kusst das liebt sich
Essen eingeladen, und sie hatten den Geburtstagskuchen vergessen, also habe ich die Kellner gebeten zu improvisieren…«
Max schenkte ihnen Wein ein, und Neve wollte ganz automatisch abwehren, weil Alkohol viel zu viele Kalorien enthielt, doch dann nahm sie das Glas, das er ihr hinhielt, entgegen und trank ein, zwei kräftigende Schlucke. » Marco hatte an dem Abend frei, musst du wissen«, fuhr sie fort. » Nach dem Hauptgang haben die Kellner auf mein Zeichen das Licht runtergedreht und ›Happy Birthday‹ angestimmt, und dann haben sie Celia eine hinter einer Speisekarte versteckte ›Überraschung‹ gebracht…«
» Lass mich raten: Sie hatten eine Kerze in ein Stück Tiramisu gesteckt. Das ist doch immer so beim Italiener.«
» Von wegen. Sie hatten ihr ein Spezialdessert zusammengestellt: zwei Profiteroles und eine halbe Banane, auf der eine Erdbeere steckte. Es sah aus wie ein…«, sie senkte die Stimme, » …wie ein Schwanz!«
Max hatte gerade einen Schluck Wein genommen, von dem er prompt die Hälfte wieder ausspuckte. » Hast du gerade…?«
» Ja, ich habe ›Schwanz‹ gesagt.« Neve kicherte erneut. » Und die Kellner haben ›Abbeißen, abbeißen‹ gerufen, bis Celia die Erdbeere von der Bananenspitze abgebissen hat.«
» War es ihr peinlich?«
» Nicht die Bohne, sie war begeistert! Mir war es peinlich, weil ihre Freundinnen natürlich dachten, es wäre meine Idee gewesen.« Neve rief sich grinsend den ungläubig-entzückten Blick ihrer Schwester in Erinnerung, dann sah sie zu Max, der versuchte, den Weinfleck auf seinem Hemd mit einer Serviette trocken zu tupfen, und musste lachen. » Ich hoffe, der Themenwechsel war zu deiner Zufriedenheit?«
» Oh, ja. Am besten gefiel mir, dass du ›Schwanz‹ gesagt hast. Hätte nicht gedacht, dass ich dieses Wort je aus deinem Mund vernehmen würde.«
» Ich habe kein Problem mit dem Gebrauch obszöner Ausdrücke«, sagte Neve, denn sooo verklemmt war sie nun auch wieder nicht. » Jedenfalls nicht in der Gegenwart von guten Bekannten. Ich fluche nur nicht so viel, weil das in meinen Augen ein Zeichen von Fantasielosigkeit ist. Wart’s ab, bis ich das F-Wort sage. Du wirst total hin und weg sein.«
» Hmmm… Ich werde mich heute die ganze Nacht schlaflos im Bett herumwälzen und mir alle möglichen Gründe dafür ausmalen, dass du es sagst«, säuselte Max und streckte unter dem Tisch ein Bein aus, um es an Neves Unterschenkel zu reiben. » Das geht bestimmt nicht ohne kalte Dusche ab.«
Neve wurde heiß. Ihre erste Reaktion war, verlegen stotternd zurückzurudern, doch sie nahm noch einen Schluck Wein, dann schoss sie zurück: » Jetzt wo du es erwähnst, fallen mir gleich ein paar Gründe ein, warum ich es in deiner Gegenwart sagen sollte.« Damit trat sie Max gegen das Schienbein, sodass er sich an seiner Brotstange verschluckte.
» Eins zu null für dich«, murmelte er und schenkte ihr ein Lächeln, das so aufrichtig und sogar ein wenig verlegen wirkte, weil sie ihn mit seinen eigenen Waffen geschlagen hatte, dass Neve einfach zurücklächeln musste. Und auf einmal war er nicht mehr der dreiste Casanova, der sie ständig provozierte, und Neve konnte sich entspannen.
Die Stimmung blieb harmonisch, als Neve drei einsame Ravioli mit Ricotta-Spinat-Füllung als Vorspeise sowie den gegrillten Schwertfisch ohne Kartoffeln bestellte und ihren grünen Salat zurückgehen ließ, weil man ihn ihr mit einem Spritzer Olivenöl serviert hatte statt mit dem gewünschten Spritzer Balsamico.
Als sie sich schließlich erhoben, schwankte sie, wohl wegen der mangelnden Kohlehydratzufuhr und der eineinhalb Gläser Weißwein. Max schlang ihr sogleich einen Arm um die Taille.
» Ich bin hohe Schuhe nicht gewöhnt«, klagte sie. » Sie tun mir weh, und außerdem sind sie ein patriarchalisches Instrument, um Frauen zu Krüppeln zu machen, damit sie nicht mit Siebenmeilenschritten durchs Leben eilen können.«
» Warum trägst du sie dann?«, fragte Max, dessen Arm immer noch auf ihrer Hüfte ruhte, obwohl sie längst ihr Gleichgewicht wiedergefunden hatte und durchaus in der Lage war, ohne fremde Hilfe zu gehen, wenn auch etwas unsicher.
» Naja, sie sind hübsch, und sie lassen meine Knöchelpartie schlanker aussehen.« Neve schmiegte sich an ihn, weil ihnen draußen ein eisiger Wind entgegenblies.
» Du verträgst keinen Alkohol«, bemerkte Max. » Ausgehen ist billig mit dir.«
Sie hatten sich die Rechnung geteilt. Eigentlich hatte Neve ihn einladen
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