Was sich kusst das liebt sich
zwei Wochen Projektarbeit mit ihm machen musste…«
» Von wegen mit ihm– du hast doch alles allein gemacht.«
» Aber in diesen zwei Wochen hat mich niemand verspottet oder mir diesen grauenhaften Spitznamen nachgeplärrt, und das alles nur, weil sich Danny auf dem Korridor mit mir unterhalten hat«, sagte Neve mit feuchten Augen, dabei hatte Danny damals bloß wissen wollen, ob sie es endlich geschafft hatte, seine Handschrift nachzuahmen.
» Oh, Mann, was war ich eifersüchtig! Und du hast ihn nicht ein einziges Mal nach Hause mitgebracht«, sagte Celia verbittert, als hätte sie das bis heute nicht verwunden. » Und was hat das jetzt mit Max und all den Partys zu tun?«
» Naja, du weißt bestimmt noch, dass mich Mum immer zur Schuldisco geschickt hat, selbst das eine Mal, als ich so getan habe, als hätte ich eine bakterielle Meningitis. Ich habe mich dort stundenlang vor Charlotte und ihren Freundinnen auf dem Klo versteckt, bis mich Dad wieder abgeholt hat.« Neve schluckte, denn es tat selbst nach all den Jahren noch weh. » Und in dieser Zeit habe ich mir immer ausgemalt, wie es wäre, an der Seite von Danny McGee die Disco zu betreten. Die anderen hätten mich für cool gehalten und sich darum gerissen, mit mir zu reden. Ungefähr so ist es, wenn ich mit Max auf diese Partys gehe, und ich wünsche mir jedes Mal, Charlotte könnte mich sehen. Es ist gewissermaßen eine kleine Entschädigung für meine Schulzeit und meine grauenhaften Jugendjahre, also sei so gut und lass mir meinen Spaß, ja?«
Neve versuchte mit aller Macht, die Tränen zurückzuhalten, damit ihre Wimperntusche nicht verlief, Celia dagegen rieb sich hemmungslos mit dem Jackenärmel die feuchten Augen, ehe sie ihre Schwester einmal kurz, aber fest umarmte. » Man kann unmöglich böse auf dich sein, wenn du solche Sachen sagst«, brummelte sie. » Also gut, dann genieß deine alberne Pseudo-Affäre mit Max ruhig weiter, meinen Segen hast du.«
» Danke. Und wie gesagt, allzu lange wird es nicht mehr dauern. Diese ganzen Partys sind ziemlich zeitraubend. Ich hatte seit Wochen kein Buch in der Hand, dabei habe ich mit William ausgemacht, dass wir endlich mal Tristram Shandy lesen und uns alle zwei Kapitel per Mail darüber austauschen. Er ist schon ganz sauer auf mich, weil ich seit Wochen hinterherhinke.«
Celia drückte ihre Hand. » Hm, wenn das alles ist, was du mit William so treiben wirst, dann hat Max als Freund wohl doch mehr Potenzial. Zumindest weiß er, wie man sich amüsiert.«
Neve schaubte. » Du liegst so was von falsch, dass ich gar nicht weiß, wo ich anfangen soll, dich zu korrigieren.«
Sie hatten die U-Bahn-Station erreicht, und Celia kramte in sämtlichen Fächern ihrer Handtasche nach ihrer Netzkarte. » Ah, da ist sie ja. Tja, ich mach mich wohl besser gleich auf den Weg. Für wann bist du mit Max verabredet?«
» Halb sechs.« Neve warf einen Blick auf die Uhr über ihnen. » Aber er kommt immer zehn Minuten zu spät.«
» Und das lässt du dir gefallen?«
» Naja, man muss in einer Beziehung eben Kompromisse eingehen. Ich mache kein Theater wegen seiner Unpüntklichkeit, dann kann er sich auch nicht aufregen, wenn es eine halbe Stunde dauert, bis ich endlich bestellt habe und mein Essen dann trotzdem zurückschicke, weil es in Sahne oder Butter schwimmt… Lach nicht!« Neve kniff ihre Schwester in den Arm, worauf diese quiekend das Weite suchte, obwohl sie durch ihre Lederjacke nicht viel gespürt haben konnte.
» Du bist einfach zum Knutschen.« Celia trat einen Schritt zur Seite, weil Neve zu einer neuerlichen Attacke ansetzte. » Ich gehe jetzt. Pass auf dich auf, und tu nichts, was ich nicht auch tun würde.«
Neve verschränkte die Arme und setzte ihre prüdeste Miene auf, weshalb Celia erneut kicherte, als sie zur Tür ging. Dort drehte sie sich noch einmal und winkte, ehe sie verschwand.
Mittlerweile war es zwanzig vor sechs, und Neve ließ die Arme sinken, um nicht den Eindruck zu erwecken, dass sie schon ungeduldig wartete, als sie Max wie erwartet unter der Brücke auf sich zukommen sah. Er hatte sie erspäht und legte einen Zahn zu.
» Hallo, meine Schöne«, keuchte er, sobald er bei ihr angelangt war, und küsste sie auf beide Wangen. Sein Gesicht war kalt. » Entschuldige, dass ich zu spät komme. Irgendwie vergeht die Zeit einfach schneller, sobald ich meine Wohnung verlasse.«
» Ich habe mich gerade erst von Celia verabschiedet.« Neve hielt den Blick gesenkt, denn sie musste erst
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