Was sich liebt, das küsst sich - Gibson, R: Was sich liebt, das küsst sich - Nothing but Trouble
trösten, hatte Chelsea ihr anvertraut, dass ihr Spitzname Kleiner Boss war.
»Heute nicht, Jules.« Bo stellte ihre Kaffeetasse wieder ab. »Wo ist dein Hemd?«
Grinsend hob Jules die Arme und ließ die Muskeln spielen wie beim Bodybuilding-Wettbewerb. »Ich dachte, euch Mädels gefällt die Muckischau.«
»Bitte«, stöhnte Chelsea. »Uns ist schon schlecht.«
»Mir ist gerade alles hochgekommen«, fügte ihre Schwester hinzu.
Lachend ließ Jules die Arme wieder sinken. »Dann eben später.«
»Gott, ich hasse es, wenn du so fröhlich bist. Warum bist du nicht auch verkatert?«, wollte Bo wissen.
»Weil ich als Fahrer auserkoren war. Weißt du nicht mehr?«
»Nicht so richtig.«
Chelsea fragte sich, ob ihre Schwester sich an die Knutscherei mit Jules erinnerte. Und ob sie es lieber nicht ansprechen sollte. Niemals. Es gab Zeiten, da war Vergessen das Beste. Wie vor Jahren, als sie auf einer Party in den Hollywood Hills als Nackt-Flitzerin rumgelaufen war. Chelsea war noch nie gerannt wie eine Gazelle, und es war kein schöner Anblick gewesen. Nur schade, dass ihr das erst am nächsten Morgen aufgegangen war. Heiliger Strohsack, wenn sie es sich recht überlegte, war sie vielleicht doch impulsiv. Vor allem, wenn sie ein paar intus hatte.
»Weißt du noch, dass ihr Kiss gesungen habt?«
»Den Prince-Song?«, fragte Chelsea ungläubig. Sie erinnerte sich nicht, was von Prince gesungen zu haben. Madonna und Celine Dion waren schon schlimm genug gewesen.
»Ja. Und bei I Will Survive seid ihr richtig abgegangen.«
Ihr Repertoire war ganz schön umfangreich gewesen. Warum hatte sie niemand aufgehalten? Sie hatten mit Sicherheit schrecklich geklungen. Chelsea wandte sich an ihre Schwester. »Erinnerst du dich an I Will Survive ?«
»Nein. Ich hasse den Song. Warum sollte ich ihn singen?«
»Ihr habt euch wirklich reingehängt.« Jules streute noch Salz in ihre Wunden. »Ihr habt das Lied geschmettert wie ’ne persönliche Hymne.«
Bo flüsterte: »Wahrscheinlich ist es gut, dass der Abend gestern zum Teil aus meiner Erinnerung gelöscht ist.«
»Ja«, pflichtete Chelsea ihr eifrig bei.
»Erzählt mir nicht, dass ihr alles vergessen habt.« Jules nahm seinen Löffel wieder in die Hand und futterte weiter. »An den flotten Dreier müsst ihr euch erinnern. Mit zwei heißen Zwillingen ’ne Nummer zu schieben war schon immer ’ne geheime Fantasie von mir.« Er blickte grinsend auf. »Eine, die ich, wie ich wohl behaupten kann, mit fast allen Männern auf der Welt teile. Ich hab euch nach allen Regeln der Kunst beglückt und wäre am Boden zerstört, wenn sich keine von euch daran erinnert.«
Bo hielt sich die Stirn. »Lass mich nicht zur Mörderin werden, Jules«, bat sie mit einem gequälten Seufzer. »Nicht heute. Ich bin einfach nicht in der Lage, deine Leiche zu entsorgen. «
Als Jules weg war, zogen die Mädels aufs Sofa um und machten es sich für ein bisschen R&R gemütlich. Regenerations-und Reality-TV. Auf dem Couchtisch stand eine kleine Kühlbox voller Cola-Dosen, und sie legten die Füße hoch und stellten sich mental auf die Volksverdummung von New York Goes to Work ein.
Chelsea zeigte auf das Sternchen aus dem Reality-Fernsehen, das seinen Ruhm Flavor of Love zu verdanken hatte. »Sie hat mal einen so schönen Körper gehabt und ihn sich mit diesen großen Stripper-Implantaten total verdorben.«
Bo nickte. »Sister Patterson hätte ihr eine Ohrfeige geben sollen. Warum sollte eine Frau sich das antun?«
Es war eine rhetorische Frage. »Brustverkleinerung dagegen kann ich total nachvollziehen.« Chelsea beschloss, das Thema mal anzuschneiden, um zu testen, ob sich die Meinung ihrer Schwester geändert hatte. »Meine Titten sind immer im Weg.«
»Schon, aber hast du mal gesehen, wie diese Verkleinerungen durchgeführt werden?«, fragte Bo, während New York einen Stall ausmistete. »Es ist eine Form der Verstümmelung. «
Was ihre Frage vermutlich beantwortete. »So schlimm ist es gar nicht. Nicht mehr so wie früher. Die Narben sind kaum noch zu sehen.«
»Jetzt erzähl mir nicht, dass du schon wieder mit dem Gedanken spielst! Sie kratzen dir Riesenstücke Fleisch raus. Wie bei einem Kürbis.«
Bo klang genau wie ihre Mutter. Mit ihr war nicht zu reden, also beließ Chelsea es dabei.
»Weißt du noch, wie wir das Probeband für The Real World eingeschickt haben?«
Chelsea lachte. Sie waren damals neunzehn und hatten erfahren, dass die MTV-Reality-Show auf Hawaii gedreht werden
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