Was sich liebt das raecht sich - Roman
Und nach Colleens darauffolgendem plötzlichen Tod hatte Niall Shamrock und das Anwesen Lochlin überlassen und war mit dessen drei Schwestern nach Irland zurückgekehrt. Das vom Keller bis zum Dachboden mit Souvenirs an Tavvys Zeit als Sängerin sowie von Urlaubsreisen in die ganze Welt, Platten und CDs gefüllte Haus war einladend und wunderbar gemütlich und für sie der schönste Ort der Welt.
Sie öffnete die laut quietschende Tür und traf eine verschwitzte, unglückliche Iris in der Küche an.
»Wir können uns heute keinen Toast mehr machen«,
schnaufte Iris und hielt ihr mit einem schiefen Grinsen einen Pferdestriegel hin. »Ich habe das Ding kaputt gemacht. « Sie schob den Toaster an die Seite und setzte ein verträumtes Lächeln auf. »Habe ich euch schon erzählt, dass Ollie Ramshaw mich gebeten hat, mit ihm auf den Valentinsball zu gehen?«
»Gott, da bin ich aber neidisch. Er sieht wirklich klasse aus.« Caitie verzog schmollend das Gesicht und fragte sich, wie Iris es bloß machte, mit ihrem mit einem Bleistift zusammengehaltenen blonden Haar und in einer alten Jeans von Shay derart fantastisch auszusehen. »Diese Nelken waren aber offenbar ein Sonderangebot«, fügte sie hinzu, als sie die zerdrückten pinkfarbenen Blumen in dem Glaskrug sah.
»Das ist mir egal. Seit Claudia als Au-pair nach Schweden abgehauen ist, fühle ich mich wie ein Mof. Ollie ist der letzte Freund, der mir geblieben ist«, stellte Iris mit einem bedauernden Schulterzucken fest. »Wahrscheinlich hätte ich mit Emma und Daisy nach London gehen können. Sicher ziehen die beiden jeden Abend mit irgendwelchen tollen, unpassenden Männern durch die Clubs und feiern bis zum Umfallen. Nur hatte ich gehofft, dass mich Dad bis dahin endlich singen lässt.« Sie verzog unglücklich das Gesicht.
»Wie laufen deine Proben?« Tavvy sah die Tochter fragend an. Wie jedes Mal, wenn sie nervös war, nagte sie an ihrer Unterlippe. Das hatte sie als kleines Mädchen schon getan.
Iris zuckte mit den Schultern. »Nicht schlecht. Nur mache ich mir Gedanken, ob ich deinem Lied gerecht werde. Es ist eine derart bekannte Nummer … alle lieben sie. I-ich mache mir Sorgen, ob ich sie so hinkriege, dass sie dem Publikum gefällt. O Gott! Jetzt fängt wieder dieses blöde Stottern an. Was, wenn mir das während des
Auftritts passiert?« Sie raufte sich frustriert das Haar, bis sich der Bleistift löste und es über ihre Schultern fiel.
»Das wird es ganz sicher nicht«, versicherte Caitie ihr und tauschte einen Blick mit Tavvy aus. Sie wusste, Iris hatte alles drangesetzt, um sämtliche Spuren ihres Sprachfehlers zu beseitigen, doch wenn sie aufgeregt war, tauchte er noch immer auf. Sie liebte es zu singen, hatte allerdings eine Heidenangst davor, es vor Publikum zu tun.
Genau wie alle anderen in der Familie hatte auch die kleine Schwester immer das Bedürfnis, Iris zu beschützen. Sie war wirklich talentiert, gleichzeitig aber derart verletzlich, dass sich jeder bemühte, sie vor Schaden zu bewahren. Nachdem sie in der Schule über Jahre wegen ihrer Stotterei gehänselt worden war, hatte sie bei der Abschlussfeier vor der bis zum Rand gefüllten Aula derart flüssig eine Rede gehalten, in der sie dafür plädierte, ihre Probleme zu überwinden, dass ihre Familie in lauten Jubel ausgebrochen war. Es war ein kleiner, aber wichtiger Triumph für sie gewesen, und seither hatte sie nie mehr zurückgeblickt.
»Bleib einfach ruhig«, riet Tavvy ihr. »Deine Stimme ist viel besser, als es meine jemals war.« Das meinte sie tatsächlich ernst. Auch ihr selbst war es nie leichtgefallen aufzutreten – die gespannten Blicke ihres Publikums waren überwältigend gewesen, und vor lauter Aufregung hatte sie nur mit Mühe einen Ton herausgebracht. Viel lieber hatte sie Songs geschrieben, und das täte sie noch immer gern, vor allem jetzt, denn diese wunderbare Melodie, die sie in letzter Zeit verfolgte, ging ihr einfach nicht mehr aus dem Kopf.
Dann aber verdrängte Tavvy den Gedanken. Neben der Familie und der Arbeit mit den Tieren blieb ihr einfach keine Zeit für so etwas. Gerade als sie ihrer Ältesten versichern
wollte, dass ihr Vater sie bestimmt bald singen lassen würde, trat er durch die Tür, blies sich auf die kalten Hände und füllte mit seinen breiten Schultern fast die ganze Küche aus.
»Verdammt, was für eine Kälte!« Er zog seinen Mantel aus, unter dem ein abgewetzter grüner Pullover zutage trat.
»So bist du doch wohl nicht ins Büro
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