Was sich liebt das raecht sich - Roman
nicht aufgetaucht, doch sie konnte jetzt nicht länger warten, und so verdrängte sie jeden Gedanken an Skye Valentine, schob sich durch das Gedränge Richtung Bühne und fing, ehe sie es sich noch einmal anders überlegen konnte, mit glockenheller Stimme an.
Freund! Gatte! Trauter! Bist du mir entrissen?
Gib Nachricht jeden Tag zu jeder Stunde; Sie erklomm die Treppe, bis sie etwas oberhalb von Elliot stand, und hatte in diesem Moment tatsächlich das Gefühl, Julia zu sein. Elliot wandte sich ihr zu, sah sie aus seinen grauen Augen an und reichte ihr die Hand, während sie weitersprach.
Schon die Minut’ enthält der Tage viel.
Ach, so zu rechnen, bin ich hoch in Jahren,
Eh meinen Romeo ich wiederseh. Elliot stand auf und verbeugte sich vor ihr. Sie hatten nur noch Blicke füreinander, nahmen niemand anderen im Raum mehr wahr und stellten die Szene wahrhaft realistisch dar. Die Luft zwischen ihnen schien zu flirren, und Hugo, der anfangs etwas verschnupft gewesen war, weil er keine Gelegenheit mehr hatte, Elliot süße Nichtigkeiten zuzuraunen, war
völlig verzaubert von der innigen Verbindung, die es offenkundig zwischen ihnen beiden gab.
Selbst Elliot war zufrieden mit seinem englischen Akzent. Er hatte hart daran gearbeitet, und es klang besser als erwartet, merkte er.
»Leb wohl! leb wohl!«, schloss er mit ruhiger Stimme, beugte sich, obwohl es nicht im Drehbuch stand, zu Caitie vor, legte eine Hand in ihren Nacken, presste seine Lippen sanft auf ihren Mund und verspürte, obwohl sein Herz fast schmerzhaft gegen seine Rippen schlug, nicht die geringste Angst. Und auch Caitie hatte nie zuvor in ihrem Leben etwas so Romantisches erlebt. Sämtliche Schuldgefühle gegenüber ihrem Vater wegen der Familienfehde lösten sich in Wohlgefallen auf. Wie bei Romeo und Julia stand auch ihre Liebe einfach unter einem schlechten Stern, es war ihnen verboten, sich zu sehen, doch sie schafften es ganz einfach nicht, einander zu widerstehen.
Als Caitie wohlig seufzte, hatte Elliot das Gefühl, als ob er vom Blitz getroffen worden wäre. Er war jahrelang fast krank vor lauter Angst gewesen, vielleicht schwul zu sein, jetzt wusste er allerdings eindeutig, dass dem nicht so war. Denn nie zuvor in seinem Leben hatte er sich derart gut gefühlt. Er hatte keine Ahnung, ob es daran lag, dass er den Romeo spielte, oder ob Caitie der Auslöser gewesen war, aber der Kuss hatte ein wunderbares Kribbeln in seinem gesamten Körper ausgelöst.
»Wow!«, stieß Caitie keuchend aus. »Wir sind eindeutig vom Schicksal füreinander bestimmt.«
Elliot sah sie grinsend an. Sie beide waren in das Glück des Augenblicks vertieft und merkten daher gar nicht, dass Skye sie mit hasserfüllten Blicken musterte.
»Oh, bravo!« Hugo sprang begeistert auf. »Das war die reinste Magie! Dein englischer Akzent war ausgezeichnet – oh, mit euch beiden in den Hauptrollen wird das die
beste Produktion von Romeo und Julia , die die Welt jemals gesehen hat!« Er sah, dass Skye zornig die Hände rang, woraufhin er eilig einschränkte: »Ich meine … natürlich habe ich noch nicht entschieden, wer die Hauptrollen bekommt. Aber ich bin hocherfreut, wirklich hocherfreut.«
Caitie und Elliot kehrten blinzelnd in die Wirklichkeit zurück. Sie kletterten wieder von der Bühne, sahen sich jedoch weiter an und rissen ihre Blicke erst voneinander los, als Jas angelaufen kam.
»Ich habe nur das Ende mitgekriegt – aber es war einfach phänomenal!« Sie zwinkerte Caitie zu, um ihr zu zeigen, dass sie rechtzeitig zum Kuss im Raum gewesen war.
Caitie grinste, fragte dann allerdings gespielt beleidigt: »Wo zum Teufel hast du nur gesteckt? Ohne die Unterstützung meiner besten Freundin hätte ich es beinahe nicht geschafft.«
Mit vor Aufregung gerötetem Gesicht zog Jas die beiden in eine Ecke und vertraute ihnen an: »Tut mir leid, ich habe mich noch mit Mrs Meaden unterhalten.«
»Und worüber?« Caitie runzelte die Stirn und fragte sich, was an einem Gespräch mit Mrs Meaden derart wichtig war.
»Über die Vergangenheit«, erklärte Jas ihr wichtigtuerisch. »Und ihr werdet nie erraten, was sie dabei ausgeplaudert hat.«
»Was?«, wollten die beiden anderen wie aus einem Mund wissen.
»Sie hat mir erzählt, dass hier vor Jahren jemand gestorben ist.« Jas nickte eifrig mit dem Kopf. »Mehr wollte sie mir nicht verraten, aber ich hatte den Eindruck, dass dabei etwas nicht mit rechten Dingen zugegangen ist. Vielleicht war es ja sogar ein … Mord.
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