Was sich neckt, das küsst sich (German Edition)
nicht so kurz sein, dass die Leute sich betrogen fühlen, aber es darf auch keine endlosen Warteschlangen geben. Der Jahrmarkt muss Geld verdienen, genau wie die Stadt.“
„Hast du als Kind auch bei den Fahrgeschäften mitgeholfen?“
„Ich habe alles gemacht. Fahrgeschäfte, Spiele, Fressbuden.“
„Und dich um die Ziegen gekümmert.“
Sie lächelte. „Meine erste Ziege habe ich tatsächlich bekommen, da war ich noch ein Kind.“
„Vermisst du das Leben?“
„Die Leute fehlen mir, aber ich mag es, ein festes Zuhause zu haben. Wer würde auch nicht in Fool‘s Gold leben wollen?“ Sie zuckte mit den Schultern. „Außer dir natürlich.“
„Es ist gar nicht so schlecht“, gab er zu. „Mir gefällt es jetzt, wo ich nicht mehr auf die Hilfsbereitschaft der Leute angewiesen bin, um zu überleben, wesentlich besser.“ Er zögerte. „Kennst du Raoul Moreno?“
„Klar. Er ist mit Pia verheiratet. Sie haben Zwillinge.“
Rafe lachte. „Klingt gut. Er war ein sehr guter Quarterback - das ist eine Position beim Football.“
Sie stieß ihm mit der freien Hand gegen die Brust. „Ich weiß, was ein Quarterback ist, und ich habe mehr als nur ein wenig Ahnung von dem Spiel.“
„Ich war mir nicht sicher. Immerhin bist du ein Mädchen.“
„Ich dachte, gerade das gefällt dir.“
Er zog sie vom Bürgersteig zwischen zwei Häuser. Es waren immer noch viele Leute um sie herum, aber dennoch war es hier etwas intimer. Und schön, dachte sie, als er sich vorbeugte und sie küsste.
„Ich mag es, dass du ein Mädchen bist“, flüsterte er an ihrem Mund.
„Ich auch.“
Ich könnte mich in ihm verlieren, dachte sie. Aber der Preis wäre zu hoch.
„Also, was ist mit Raoul?“
„Ach ja.“ Er führte sie wieder zurück in die Menge. „Er hat in den Bergen ein Camp gegründet. Für Großstadtkinder, die nicht viel haben. Er hat große Pläne. Ich finde die Idee fantastisch. Es ist ein sehr ambitioniertes Projekt. Aber es gibt auch andere Kinder. Kinder aus Kleinstädten und von Farmen, die Hilfe brauchen. Was ist mit denen?“
„Denkst du daran, etwas für sie auf die Beine zu stellen?“
„Ich weiß nicht. Vielleicht. Ich hatte Glück, und hierher zurückzukehren hat mich nachdenklich gemacht. Nicht jede Stadt kann sich so um ihre Einwohner kümmern, wie Fool‘s Gold sich um meine Mom und den Rest meiner Familie gekümmert hat. Ich habe es gehasst, arm zu sein und Almosen von den Leuten anzunehmen, aber ohne die Körbe voller Essen und die Geschenke hätten wir an den Feiertagen gar nichts gehabt. Bürgermeisterin Marsha hat mir mein erstes Fahrrad geschenkt. Denise Hendrix hat uns Kleidung überlassen. Die Frau hatte selber sechs Kinder und ein Siebtes bei sich aufgenommen und dachte trotzdem noch an uns. Ich frage mich, wie viele Frauen es von dieser Sorte auf der Welt gibt.“
„Du überraschst mich.“
„Mich auch. Ich habe noch nichts in die Wege geleitet, aber in den letzten Wochen habe ich viel über diese Idee nachgedacht.“
Sie wünschte, das hätte er nicht. Natürlich wollte sie, dass er anderen Leuten half, aber wenn sie ihn so darüber sprechen hörte, mochte sie ihn noch lieber. Und in der Hinsicht brauchte sie nun wirklich keine weiteren Ermutigungen.
„Genug davon“, sagte er und gab ihr einen Kuss auf den Scheitel. „Ich habe Lust auf Chili Dogs. Wie sieht‘s bei dir aus?“
„Klingt großartig.“
Spät am Samstagabend hatte Heidi es sich in Ritas altem Wohnwagen gemütlich gemacht. Sie erinnerte sich, wie sie ihrer Freundin geholfen hatte, das Sofa mit dem bunten Blumenstoff neu zu beziehen. Nelson, Ritas grau-weiße Katze, lag auf der Ottomane und putzte sich.
Rita schenkte sich und Heidi einen Brandy ein und reichte ihr das Glas.
„Das habe ich das erste Mal gemacht, als du einundzwanzig wurdest“, erinnerte Rita sich. „Das war ein lustiger Abend.“
„Ja. Melinda war auch dabei. Sie hatte vier Monate vor mir Geburtstag und liebte es, mich damit aufzuziehen, dass sie als Erste von uns Alkohol trinken durfte.“
„Seltsam, keine von euch hat viel gefeiert - oder Probleme mit Jungen gehabt.“
„Wir waren Heilige“, sagte Heidi leichthin und nippte an ihrem Brandy. „Jemand hätte uns eine Medaille verleihen sollen.“
„Sie fehlt dir immer noch.“ Rita stellte das Glas ab. „Um das zu erkennen, brauche ich keine hellseherischen Kräfte. Ich kann es in deinen Augen lesen, wenn du über sie sprichst.“
„Sie war meine beste Freundin.“
Heidi
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